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Politik

Krankenhäuser: Mangelnde Inter­operabilität bremst Digitalisierung

Freitag, 20. Mai 2022

Jörg Debatin, Susanne Ozegowski, Markus Holzbrecher-Morys, Sylvia Thun, Jens Scholz und Erwin Böttinger (v.l.n.r.) diskutierten beim Digitalforum Gesundheit über die Digitlalisierung der Krankenhäuser. /lau

Berlin – Die Digitalisierung der deutschen Krankenhäuser leidet vor allem unter mangelnder Interoperabilität. Es brauche umfassendere Standards zum Datenaustausch, um digitalen Anwendungen einen konkreten Nutzen für die Versorgung zu geben, erklärte Susanne Ozegowski, Leiterin der Abteilung für Digitalisierung und Inno­vation im Bundesgesundheitsministerium (BMG) heute in Berlin.

Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) hat sich aus Ozegowskis Sicht bisher bewährt: „Ich muss sagen, ich bin sehr glücklich, wie das läuft“, sagte sie beim Digitalforum Gesundheit. Mehr als 6.000 Anträge auf Finan­zie­rung von Investitionsmaßnahmen seien bereits eingegangen und hätten überwiegend eine hohe Qualität.

Drei Milliarden Euro hat der Bund für diese Anträge zur Verfügung gestellt, die Länder steuern weitere 1,2 Milliarden bei. Dabei dürfte es auf absehbare Zeit auch bleiben. „Ich wäre nicht allzu optimistisch, dass wir weitere Koffer voll Geld finden“, räumte die BMG-Abteilungsleiterin auf die Frage nach möglichen weiteren Förderprogrammen ein.

Ozegowski ist nicht die Einzige, die das Gesetz bisher als Erfolg sieht: Von allein hätten die Krankenhäuser die notwendigen Investitionen nicht erbracht, erklärte Jens Scholz, Vorstandvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH). „Die Frage ist nun, wie man mit dieser Erkenntnis die Digitalisierung der Kranken­häuser verstetigen kann.“

Entscheidend sei aber ohnehin nicht nur die Höhe der Fördergelder und Investition, sondern wohin das Geld gehe. „Mit Digitalisierung gewinnt man jedes Buzzword-Bingo. Aber wir müssen aufpassen, auch sinnvolle Projekte zu unterstützen, die einen konkreten Nutzen haben“, forderte Markus Holzbrecher-Morys aus der Geschäftsführer IT, Datenaustausch und eHealth bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

Eines der wesentlichsten Hindernisse bei der Einführung digitaler Anwendungen in den Krankenhäusern sei ein Mangel an Interoperabilität, beklagte Sylvia Thun, Direktorin für E-Health am Berlin Institute of Health (BIH). So sei es nach wie vor oft kaum möglich, Daten aus dem ambulanten problemlos in den stationären Bereich zu übertragen.

Auch Ozegowski beklagte das „Potenzial, das wir jeden Tag auf der Straße liegen lassen, dadurch, dass die Daten in Silos lagern und wir sie nicht nutzen“. Scholz wurde deutlicher: Deutschland könnte in Forschung und Entwicklung international noch viel besser aufgestellt sein, wenn sich alle 35 Unikliniken zusammentun und Daten problemlos austauschen könnten.

In den USA beispielsweise würden an den Unikliniken zwar riesige Studien durchgeführt, allerdings beinhal­teten die aufgrund der Struktur des dortigen Gesundheitswesens stets enorme Bias. In Deutschland hingegen würden die Unikliniken einen viel repräsentativeren Querschnitt der Bevölkerung erfassen – aber eben nur je Klinik. Mehr Austausch und Interoperabilität könne so die Qualität der Wissenschaft enorm erhöhen.

Darüber, wie sich das erreichen lässt, gingen die Meinungen allerdings auseinander: Man könne das gesetzlich und regulatorisch forcieren, regte Ralf Kuhlen an, Konzerngeschäftsführer Medizin bei Helios Health. So könnten beispielsweise offene Schnittstellen zur Voraussetzung für die Zulassung von Praxisverwaltungssys­temen (PVS) oder Krankenhausinformationssystemen (KIS) gemacht werden.

Erwin Böttinger, Professor für Digital Health am Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering in Potsdam, hält das ebenfalls für den richtigen Weg. „Wir hätten heute noch keine Airbags, wenn das nicht für die Zulas­sung vorgeschrieben worden wäre“, erklärte er. Ebenso wenig glaube er, dass PVS-Hersteller von sich aus ausreichenden Wert auf die Interoperabilität mit Produkten von Mitbewerbern legen würden.

Das sieht man im BMG anders: Die Erfahrung mit dem E-Rezept zeige, dass auch große Softwarehäuser bei der Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen erheblich hinterherhängen können – die Konsequenzen könnten dann untragbar werden.

„Das würde kein Gesundheitsminister überleben, wenn ein PVS-Anbieter mit großem Marktanteil wegen mangelnder Interoperabilität ausfällt“, warnte Ozegowski. Außerdem, so ergänzte Thun, gebe es dahingehende Vorgaben im Sozialgesetzbuch bereits – sie würden nur nicht ausreichend umgesetzt. © lau/aerzteblatt.de

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