Ärzteschaft
Ärztetag für einheitliche Umsetzung der Weiterbildung
Donnerstag, 26. Mai 2022
Bremen – Die föderale Umsetzung der (Muster)Weiterbildungsordnung (MWBO) solle möglichst einheitlich erfolgen. Der 126. Deutsche Ärztetag 2022 forderte heute den Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK) und die Ständige Konferenz Weiterbildung auf, diesbezügliche unterschiedliche Auslegungen und Inkongruenzen zu erfassen, zu bewerten und den Landesärztekammern entsprechende Hinweise zu ermöglichen.
Nach Implementierung der MWBO 2018 in den Landesärztekammern würden sich in der täglichen Umsetzung unterschiedliche Auslegung von Begriffen und inhaltliche Inkongruenzen zeigen, so die Delegierten. Dies führe zu einer erschwerten beziehungsweise unsicheren Anerkennung von Abschnitten der Weiterbildung. Durch einen strukturierten und intensivierten Erfahrungsaustausch müsse eine größtmögliche Sicherheit in der Anerkennung geleisteter Abschnitte der Weiterbildung gewährleistet werden.
Auch Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, und Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, hatten zuvor im Rahmen ihres Sachstandsberichtes zum aktuellen Stand der MWBO darauf hingewiesen, dass es noch immer einen „Strauß von Herausforderungen“ gebe. Diese werde man nach und nach angehen.
Der Ärztetag forderte in einem weiteren Beschluss den Vorstand der BÄK auf, sich für eine „strukturierte Weiterbildung und flache Hierarchien“ einzusetzen. Dabei solle insbesondere die „geänderte Lebenseinstellung der nachwachsenden Generation“ akzeptiert werden. Eine aktive Nachwuchsförderung in der Weiterbildung werde erreicht durch Kollegialität, guten Führungsstil, Wertschätzung und Weiterbildungsgespräche.
Zur Konkretisierung und Optimierung der MWBO beschlossen die Ärztetagsdelegierten unter anderem eine flexiblere Regelung zur Anrechenbarkeit von Fehlzeiten auf die Weiterbildung. Eine Unterbrechung der Weiterbildung – insbesondere wegen Schwangerschaft, Elternzeit, Wehr- und Ersatzdienst oder Krankheit – solle laut Beschluss zwar grundsätzlich nicht als Weiterbildungszeit angerechnet werden, Ausnahmen nun aber möglich sein.
So solle dem Aspekt Rechnung getragen werden, dass Ärztinnen und Ärzte während ihrer Weiterbildungszeit mit verschiedenen Lebenssituationen konfrontiert sein können, die Auswirkungen auf die zu absolvierende Weiterbildungszeit haben.
Anpassungen bei Intensivmedizin
Der Ärztetag beschloss zudem, die Inhalte der MWBO zur Zusatzweiterbildung Intensivmedizin zu ergänzen. Die Mindestanforderung beinhaltet nun eine Facharztanerkennung in den Gebieten Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin, Kinder- und Jugendmedizin, Neurochirurgie oder Neurologie. Zusätzlich sind 18 Monate Weiterbildung in der Intensivmedizin an dazu befugten Weiterbildungsstätten notwendig.
Davon können sechs Monate aus der Weiterbildung im Gebiet angerechnet werden, wenn bereits zwölf Monate Intensivmedizin in der Weiterbildung bei einem Befugten abgeleistet wurden.
Einen Prüfauftrag an die BÄK richtete der Ärztetag bezüglich einer möglichen Verankerung von grundlegenden Kenntnissen und Fähigkeiten zum Thema „weibliche Genitalverstümmelung“ in der MWBO. Dies solle für die Gebiete der Kinder- und Jugendmedizin, der Allgemeinmedizin, der Chirurgie, der Urologie sowie der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie geprüft werden.
Seit Jahren steige die Zahl der Frauen in Deutschland, die von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen sind, immer weiter an, so die Delegierten. Qualifizierte ärztliche Hilfe sei für die Betroffenen von entscheidender Bedeutung, da sie unter zahlreichen Folgeerscheinungen leiden würden. Gleichzeitig sollten Genitalverstümmelungen präventiv bekämpft werden. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der BÄK, begrüßte diesen Beschlüss ausdrücklich.
Mutterschutz verankern
Die Ärztetagsdelegierten richteten die Bitte an die BÄK und die Landesärztekammern, die Vorlage der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilungen für die Weiterbildungsplätze als eine weitere Zulassungsvoraussetzung einer Weiterbildungsstätte zu prüfen.
Das Unterlassen der präventiven Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sei „nicht akzeptabel“. Das gelte vor allem für das Unterlassen der Gefährdungsbeurteilung mit der Konsequenz, dass schwangere Ärztinnen von der beruflichen Teilhabe ausgeschlossen werden.
Besonders betroffen seien schwangere Ärztinnen in der Facharztweiterbildung. Deshalb solle eine Einrichtung nur dann als Weiterbildungsstätte anerkannt werden, wenn für die Weiterbildungsplätze die Gefährdungsbeurteilungen nach Mutterschutzgesetz vorgelegt werden können.
Für die Weiterbildung ist auch die Zulassung des Krankenhauses, der Institution oder Praxis als Weiterbildungsstätte erforderlich. Hierfür sollen insbesondere die Strukturqualität und das Leistungsspektrum der Weiterbildungsstätte darauf geprüft werden, ob und in welchem Umfang Weiterzubildende die inhaltlichen Anforderungen, die sich aus den jeweiligen Weiterbildungsrichtlinien ergeben, in der vorgesehenen Weiterbildungszeit in der Einrichtung erfüllen können.
Anerkennungsprozesse beschleunigen
Die Anerkennung von Approbationen und Facharzttiteln ausländischer Ärztinnen und Ärzte müsse angesichts des bekannten Fachkräftemangels dringend beschleunigt werden, so der Deutsche Ärztetag in einem weiteren Beschluss zum Themenbereich Weiterbildung. Entsprechende Maßnahmen sollten – bei gleichbleibender Qualität des Anerkennungsprozesses – geprüft und umgesetzt werden.
Zur Begründung wiesen die Delegierten darauf hin, dass qualifizierte ausländische Ärzte teilweise „jahrelang“ auf die Anerkennung ihrer Abschlüsse warten würden. Dabei begründeten fehlende Sprach- oder fachliche Kenntnisse die Dauer des Prozesses häufig nicht ausreichend.
Angesichts des Fachkräftemangels müssen qualifizierte ausländische Ärzte möglichst schnell als Arbeitskräfte integriert werden, vor allem wenn dies paradoxerweise im Rahmen einer erfolgreichen Integration von ihnen erwartet wird. Dafür müssten „bürokratische Hürden sowie lange leere Wartezeiten“ im Bearbeitungsprozess abgebaut werden. © aha/aerzteblatt.de

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