Politik
Krankenhausreform: Monopolkommission schlägt Qualitätssicherung der Länder vor
Montag, 30. Mai 2022
Bonn – Die Monopolkommission der Bundesregierung hat empfohlen, das diagnosebezogene Fallpauschalensystem (DRG) zu reformieren. Das System sei „intransparent und nicht konsequent ausgestaltet“, heißt es in dem Sondergutachten „Krankenhausversorgung nach Corona: Wettbewerb, Planung und Finanzierung neu organisieren“, das die Kommission heute an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) übergeben hat.
„Zugleich können solche Krankenhäuser, die ein bedarfsnotwendiges Versorgungsangebot bereitstellen, nicht gezielt unterstützt werden.“ Deshalb bedürfe es der Einführung von Vorhaltezuschlägen als neues Finanzierungsinstrument.
„Diese Zuschläge sollten gezielt die Bedarfsdeckung finanzieren und müssen dazu von den Bundesländern auf den dortigen Bedarf angepasst werden können“, schreibt die Monopolkommission. „Das Fallpauschalensystem sollte demgegenüber zukünftig durch einen wissenschaftlichen Beirat weiterentwickelt werden. Insgesamt sollen so die Finanzierungsmittel zielgenauer und zugleich wettbewerbskompatibler verteilt werden.“
Krankenkassen sollen Versicherte beraten
Zudem fordert die Kommission eine Reform der Qualitätssicherung im stationären Bereich. Die Planungsbehörden sollten dabei in der Pflicht sein, eine eigene Qualitätssicherung zu betreiben. In vielen Landesbehörden mangle es jedoch an der personellen Ausstattung sowie an Qualitätssicherungskonzepten, die mit dem Wettbewerb vereinbar sind.
„Eine wichtige Rolle spielen heute Versorgungsstufenkonzepte, die jedoch den Nachteil haben, den Qualitätswettbewerb einzuschränken“, meint die Kommission. „Vorzuziehen wäre die nun in Nordrhein-Westfalen erstmals angewendete Planung auf Basis sogenannter Leistungsgruppen.“ Bei zweckmäßiger Anwendung lasse das Konzept den Krankenhäusern mehr Möglichkeiten, ihr Angebot im Wettbewerb auf den Bedarf anzupassen.
Darüber hinaus schlägt die Monopolkommission vor, die Krankenversicherungen zu verpflichten, die Versicherten bei der Auswahl eines Krankenhauses zu beraten. „Zu diesem Zweck könnten sie zukünftig häufiger auch eigene Daten auswerten“, so die Kommission.
„Daneben liegen auch Qualitätsinformationen aus der zentralen Qualitätssicherung vor, an der sich Krankenhäuser gesetzlich beteiligen müssen. Bisher entscheiden jedoch die Krankenhäuser – über den Gemeinsamen Bundesausschuss – über die Ausgestaltung der eigenen Qualitätskontrolle mit.“ Dem Bundesminister für Gesundheit werde deshalb empfohlen, auch eigene Expertisen zur Weiterentwicklung der Qualitätssicherung einzuholen.
Versorgung flächendeckend sicherstellen
Die Monopolkommission schlägt zudem vor, die Krankenhausplanung zu reformieren. „Wo zukünftig welcher Versorgungsbedarf entsteht, können Behörden nur sehr eingeschränkt planen“, erklärt sie. „Die derzeit praktizierte Abstimmung zwischen Planung und Krankenhäusern kann auch zu Nachteilen für die Patientinnen und Patienten führen, wenn dadurch Wettbewerb eingeschränkt wird und Auswahlalternativen wegfallen.“ Eine Bedarfsdeckung lasse sich zielsicherer erreichen, wenn Krankenhäuser darin gestärkt würden, ihre Leistungen eigenständig an den Versorgungsbedarf anzupassen.
„Die Aufgaben der Planung sollten demgegenüber darauf konzentriert werden, die Versorgung flächendeckend sicherzustellen“, schreibt die Monopolkommission. „Statt das Versorgungsangebot vollumfänglich vorzuplanen, sollten die Länder Anforderungen an den Mindestversorgungsbedarf eindeutiger spezifizieren, indem sie eine Sicherstellungsgrenze ausweisen.
Für den Fall, dass diese unterschritten wird, sollten die Planungsbehörden die Möglichkeit erhalten, Zusatzbedarfe bis zur berechneten Sicherstellungsgrenze auszuschreiben.“ „Die Bundesregierung hat mit der geplanten Krankenhausreform den richtigen Weg beschritten“, erklärte der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, heute anlässlich der Übergabe des Sondergutachtens.
„Nun muss es gelingen, Wettbewerb und Krankenhausplanung richtig auszutarieren, um dem Bedarf der Patientinnen und Patienten an einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Krankenhausversorgung gerecht zu werden. Dabei ist es auch wichtig, die Transparenz der Geldflüsse, aber auch der Krankenhausqualität im Sinne der Patientinnen und Patienten zu verbessern.“
DKG: Wettbewerb kann nicht alles richten
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat begrüßt, dass sich die Monopolkommission mit einem Sondergutachten den Reformnotwendigkeiten in der Krankenhausversorgung angenommen hat.
„Die Kommission benennt grundsätzlich die richtigen Reformfelder, das heißt das Finanzierungssystem, aber auch die Krankenhausplanung“, kommentierte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. „Die Vorschläge der Monopolkommission atmen aber einen extrem wettbewerblichen Geist und verkennen, dass Gesundheit und Gesundheitsversorgung kein normales Wirtschaftsgut darstellen.“ Wettbewerb könne in diesem Bereich nicht alles richten. Soziale Daseinsvorsorge, auch für Krisensituationen, könne nicht mit rein marktwirtschaftlichen Instrumenten gesichert werden.
Dies werde besonders deutlich in den Einzelpunkten zur Krankenhausplanung, so die DKG. Die Monopolkommission gehe hier davon aus, dass sich Versorgungsangebote flexibel aus der Nachfrage der Patienten ergäben. „Dies würde aber fast zwangsläufig zum Wegbrechen bestimmter Versorgungsangebote in dünn besiedelten Regionen führen“, erklärt die Krankenhausgesellschaft.
„Und das vorgeschlagene Instrument des Mindestbedarfs als Sicherstellungsgrenze würde hier nicht ausreichend Abhilfe schaffen. Vielmehr läuft man Gefahr, dass die Mindestgrenze zum Standard wird.“ Lücken in der flächendeckenden Krankenhausversorgung könnten jedoch politisch nicht gewollt sein, da ansonsten das Ziel einheitlicher Lebensverhältnisse gefährdet wäre.
DKG: Letztverantwortung muss bei den Ländern liegen
„Der Vorschlag nimmt den Ländern Gestaltungsmöglichkeiten“, so die DKG. „Gerade aber die Länder können die regionale Besonderheit und regionale Notwendigkeiten am besten bewerten.“
Von zentraler Bedeutung für die Krankenhäuser ist laut DKG deshalb, dass die politische Letztverantwortung für eine flächendeckende, wohnortnahe Gesundheitsversorgung auch in Zukunft bei den Ländern liegen muss und bundesweite Vorgaben lediglich als Orientierungsrahmen dienen dürfen.
Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das die Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik, des Wettbewerbsrechts und der Regulierung berät. Alle zwei Jahre erstellt sie ein Hauptgutachten. Anlassbezogen kommen Sondergutachten hinzu. Die Kommission besteht aus fünf Mitgliedern. © fos/aerzteblatt.de

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