Medizin
Adipositas: EMA fordert Verbot des Anorektikums Amfepramon
Montag, 13. Juni 2022
Amsterdam – Der Pharmakovigilanz-Ausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat empfohlen, die Zulassung von Amfepramon-haltigen Arzneimitteln, die zur unterstützenden Behandlung der Adipositas eingesetzt werden, zu widerrufen.
Als Grund wird das fehlende Greifen der Schutzmaßnahmen genannt, die die Anwendung derzeit auf 3 Monate beschränkt, um Komplikationen und Abhängigkeiten zu vermeiden.
Amfepramon gehört zu den Amphetaminen, die als Sympathomimetikum im Gehirn das Hungergefühl verringern. Das Mittel ist in Europa in Dänemark, Deutschland und Rumänien zur unterstützenden Behandlung von Patienten mit Adipositas (Body-Mass-Index von mindestens 30 kg/m2) zugelassen. Wesentlich populärer ist das Mittel in Lateinamerika und dort vor allem in Brasilien. An der Wirksamkeit ist kaum zu zweifeln. Die Gewichtsreduktion wird jedoch häufig überschätzt.
Laut einer Metaanalyse in Clinics (2017; DOI: 10.6061/clinics/2017(05)10) verlieren die Anwender im Durchschnitt 6,5 kg an Gewicht – solange sie das Medikament einnehmen.
Die Anwendung ist allerdings seit längerem auf 3 Monate begrenzt. Der Grund ist die Gefahr einer pulmonalen arteriellen Hypertonie, zu der es unter der langfristigen Therapie kommen kann. Außerdem besteht wie grundsätzlich bei Amphetaminen die Gefahr einer Abhängigkeit, die noch dadurch unterstützt wird, dass die meisten Patienten nach dem Absetzen des Medikaments wieder an Gewicht zulegen.
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Die EMA hatte die Beschränkung der Behandlungszeit nach einer früheren Sicherheitsprüfung empfohlen. Zwei in Deutschland und Dänemark durchgeführte Studien haben jedoch gezeigt, dass die Regeln derzeit oft nicht eingehalten werden. Das Mittel wurde sogar Patienten mit Herzerkrankungen oder psychiatrischen Störungen in der Vorgeschichte verordnet, wodurch sich das Risiko für Herzerkrankungen beziehungsweise psychiatrische Probleme weiter erhöht. Darüber hinaus gab es wohl Hinweise auf eine Anwendung während der Schwangerschaft, die Risiken für das ungeborene Kind mit sich bringen könnte.
Der PRAC zog die Einführung weiterer Maßnahmen zur Minimierung des Risikos von Nebenwirkungen in Betracht, konnte jedoch keine hinreichend wirksamen Maßnahmen identifizieren. Der PRAC kam daher zu dem Schluss, dass der Nutzen Amfepramon-haltiger Arzneimittel ihre Risiken nicht überwiegt und empfahl, dass diese Arzneimittel in der EU nicht mehr verfügbar sein sollten. Die Empfehlung werden jetzt an die Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennung und dezentralisierte Verfahren - Humanmedizin (CMDh) weitergeleitet, bei der die Mitgliedsländer ihre Bedenken äußern können. In der Regel werden die Empfehlungen des PRAC danach von den Zulassungsbehörden der einzelnen Länder umgesetzt. © rme/aerzteblatt.de
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