Medizin
Ausdauersport setzt in Mausstudie körpereigene Appetitzügler frei
Freitag, 17. Juni 2022
Palo Alto/Kalifornien – Ausdauersport führt bei Mäusen, Rennpferden, aber auch beim Menschen zur Bildung eines Moleküls, das offenbar den Appetit hemmt. Bei Mäusen hat die Behandlung mit N-lactoyl-Phenylalanin (Lac-Phe) zu einer Gewichtsabnahme geführt, ohne dass sich die Tiere dafür körperlich anstrengen mussten.
Ob die in Nature (2022; DOI: 10.1038/s41586-022-04828-5) vorgestellten Ergebnisse zur Entwicklung eines neuen Appetitzüglers führen werden, der sich auch in klinischen Studien als sicher erweist, ist noch nicht absehbar.
Die guten Erfahrungen, die mit bariatrischen Operationen und zuletzt mit den Antidiabetika Semaglutid und Tirzepatid gemacht wurden, zeigen, dass eine dauerhafte Gewichtsreduktion am ehesten über die Einschränkung der Kalorienzufuhr erzielt wird. Hilfreich ist dabei ein frühzeitiges Sättigungsgefühl. Genau dies könnte ein einfaches Molekül vermitteln, das Forschende der Stanford Universität in Palo Alto zunächst bei Mäusen entdeckt haben.
Ein Team um Jonathan Long hatte in einer ungezielten Metabolom-Studie nach Molekülen gesucht, die nach einer sportlichen Aktivität vermehrt gebildet werden. Sie stießen in der Massenspektrometrie auf ein Signal, das sie später auch im Blut von Rennpferden nach dem Wettkampf fanden. Ein anderes Stanford-Team um Michael Snyder konnte dasselbe Molekül auch beim Menschen im Anschluss an sportliche Aktivitäten nachweisen.
Laktat + Phenylalanin + CNDP2-Überangebot = N-lactoyl-Phenylalanin
Snyder hatte bereits die chemische Struktur entschlüsselt. Es handelt sich um N-lactoyl-Phenylalanin, eine Verbindung aus Laktat und Phenylalanin. Laktat fällt bekanntlich bei der anaeroben Glykolyse an, wenn bei körperlichen Aktivitäten mehr Glukose abgebaut wird, als Sauerstoff zur Verfügung steht. Die Folge ist ein Muskelkater. Phenylalanin ist eine der 20 Aminosäuren, den Grundbausteinen der Proteine.
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Weitere Untersuchungen zeigten, dass Laktat bei einem Überangebot von dem Enzym CNDP2 (Cytosolic non-specific dipeptidase) mit Phenylalanin zu N-lactoyl-Phenylalanin (Lac-Phe) verbunden wird. Das Enzym ist in Makrophagen, Monozyten und anderen Immunzellen aber auch in Epithelzellen aktiv. Auf welche Weise es den Appetit drosselt, ist nicht bekannt.
Die anorektische Wirkung konnten die Forschenden in verschiedenen Experimenten zeigen. So verloren vorher durch ein Nahrungsüberangebot gemästete Mäuse das Interesse am Fressen, wenn sie mit Lac-Phe behandelt wurden. Bei einer chronischen Verabreichung sank das Körpergewicht und der Glukosestoffwechsel verbesserte sich.
Bei Mäusen, deren CNDP2-Gen zerstört wurde, kam es dagegen nach sportlichen Aktivitäten zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme und zu einer Gewichtszunahme.
Ob die Behandlung auch beim Menschen wirksam wäre, haben die Forscher noch nicht untersucht. © rme/aerzteblatt.de
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