Politik
Unabhängige Patientenberatung kritisiert Coronakommunikation
Donnerstag, 16. Juni 2022
Berlin – Die Unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD) fordert spätestens bis zum Herbst eine umfassende, verständliche und niedrigschwellig zugängliche Kommunikationskampagne zur Coronapandemie, bei der alle relevanten Akteure aus Politik, Wissenschaft und Versorgung involviert sind und sich einheitlich äußern.
Die Auswirkungen der Coronakrise seien nicht geringer geworden, erklärte UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede heute bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021 in Berlin. Mit Beginn der Pandemie sei die Beratungsnachfrage stark gestiegen, da viele Menschen auf eine qualifizierte und verständliche Beratung gehofft hätten.
Im Jahr 2020 hatte es dem damaligen UPD-Report zufolge alleine 52.501 Beratungen zu Corona gegeben. Die Anfragen waren auf 172.945 angewachsen. Im vergangenen Jahr sank das Interesse an Corona wieder. Die Fallzahlen gingen um 45,56 Prozent auf 28.581 zurück, wie der aktuelle Report zeigt. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 143.696 Beratungen. Außerhalb der Coronaanfragen ist die Zahl der Beratungen damit nahezu konstant geblieben.
Das prozentuale Verhältnis zwischen rechtlichen-, medizinischen-, und allgemeinen Nachfragen hat sich ebenfalls nicht weitreichend verändert. Während beispielsweise die medizinischen Fachgespräche 2020 noch bei 25,9 Prozent lag, wurden 2021 etwa 25,1 Prozent der Gesamtberatungen mit medizinischem Hintergrund geführt.
Krumwiede erklärte, die Themen Impfung, Tests und Nachweise hätten auch im vergangenen Jahr weiterhin an vielen Stellen Unsicherheit und damit Beratungsbedarf bei den Menschen ausgelöst. Er kritisierte, dass es dazu komme, weil Patienten von offizieller Seite mit widersprüchlichen Informationen bedacht würden. Deshalb sei auch die Politik gefragt, um zu einer einheitlicheren Kommunikation zu kommen.
Ein besonderes Problem seien außerdem fragwürdige Praktiken im Leistungsgeschehen der Krankenkassen: Nach wie vor würden sich ratsuchende Patienten im Krankengeldbezug an die UPD wenden und berichten, dass ihre Kassen sie telefonisch unter Druck setzen würden.
Insbesondere eine Praxis kritisiert die UPD: In Widerspruchsverfahren gegen verweigerte Leistungen würden Versicherte nach wie vor häufig verwirrende Zwischennachrichten erhalten, die sie verunsichern und zu einer ungerechtfertigten Rücknahme ihres Widerspruchs verleiten sollen.
„Dass Patientinnen und Patienten in prekären Situationen in Angst vor Anrufen oder Schreiben ihrer Krankenkassen leben, ist nicht akzeptabel“, betonte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Patientinnen und Patienten, Stefan Schwartze. „Solche zum Teil sogar rechstwidrigen Praktiken müssen eingestellt werden.“
Schwartze begrüßte die Vereinbarung von Mindestkriterien für die Offenlegung der Service- und Versorgungsqualität der Krankenkassen im Koalitionsvertrag. Die seien zwar für die Krankenkassen gültig, im Bereich der Psychotherapie bestünde jedoch noch Handlungsbedarf.
Krumwiede stellte fest, dass die Suche nach einem Therapieplatz zu einem „frustrierenden Geduldsspiel“ werde, was durch den Mangel an Therapeuten noch verschärft werde. Zwar seien im Jahr 2019 mit dem Terminservice-Versorgungsgesetz (TSVG) Terminservicestellen geschaffen worden. Die seien aber nutzlos, da über sie keine langfristigen Therapieplätze vermittelt würden. Auch Schwartze mahnte das zeitnahe Umsetzen der – im Koalitionsvertrag vorgesehenen – Reformierungen der psychotherapeutischen Bedarfsplanung an.
Darüber hinaus kritisierte Krumwiede den Mangel an Sprachmittlung im Gesundheitswesen. Die Besprechung von Symptomen, Behandlungen oder Diagnosen sei unmöglich, wenn die zuständige Kraft kaum die deutsche Sprache beherrsche.
Allerdings hätten Menschen mit mangelnden Deutschkenntnissen außerhalb von Asylverfahren keinen Anspruch auf professionelle Sprachmittlung. „Daher brauchen wir dringend ein deutschlandweites, professionelles Sprachmittlungsangebot“, betonte er. © aro/lau/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

