Medizin
Affenpocken haben längere Inkubationszeiten
Montag, 20. Juni 2022
Bilthoven/Niederlande – Von der Infektion bis zum Erkrankungsbeginn vergehen bei den Affenpocken im Mittel 8,5 Tage, es können aber auch bis zu 3 Wochen sein. Das kam in einer Studie in Eurosurveillance (2022; DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2022.27.24.2200448) heraus, die die derzeitige Empfehlung einer Quarantänezeit von 21 Tagen stützt.
Kontaktpersonen von SARS-CoV-2-Infizierten dürfen die häusliche Quarantäne bereits nach 5 Tagen verlassen (wenn der Selbsttest negativ bleibt). Bei den Affenpocken, an denen nach aktuellen Zahlen in 18 europäischen Ländern 892 Menschen erkrankt sind, gelten 21 Tage Isolation oder häusliche Quarantäne.
Der Grund ist die längere Inkubationszeit. Während sich SARS-CoV-2 bereits nach 2 bis 3 Tagen in ausreichender Menge im Atemwegstrakt vermehrt hat, um den Infizierten infektiös zu machen, vergehen bei den klassischen Pocken in der Regel 1 bis 2 Wochen. Bei den Affenpocken ist es ähnlich.
Die Virologen unterscheiden bei den beiden Orthopoxviren 2 Übertragungswege. Bei der nicht-invasiven Übertragung gelangen die Viren mit Tröpfchen oder Aerosolen über die oberen Atemwege in den Körper.
Die Replikation erfolgt in den Lymphknoten, von wo aus die Viren mit Leukozyten über die Blutbahn in die Haut transportiert werden (was das gleichzeitige Auftreten der Läsionen auf der gesamten Haut erklärt).
Die Inkubationszeit ist mit 13 Tagen relativ lang. Beim zweiten invasiven Übertragungsweg dringen die Viren über Hautläsionen in den Körper ein und vermehren sich an Ort und Stelle. Die typische Inkubationszeit ist mit 9 Tagen kürzer als bei der nicht-invasiven Übertragung.
Beim derzeitigen weltweiten Ausbruch wird eine invasive Übertragung vermutet, weil die Läsionen auf bestimmte Regionen der Haut begrenzt sind. Alle Patienten in den Niederlanden gehören zur Risikogruppe der Männer, die Sex mit Männern (MSM) haben, und die Übertragung erfolgte beim Sexualverkehr, wie die Begrenzung der Läsionen auf den anogenitalen Bereich zeigt.
Dies könnte zu einer Verkürzung der relativ langen Inkubationszeit geführt haben. Tatsächlich ermitteln Fuminari Miura und Mitarbeiter vom niederländischen „Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu“ (RIVM) in Bilthoven bei Utrecht eine mittlere Inkubationszeit von 8,5 Tagen, wie sie bei einer invasiven Übertragung vermutet wird. Die Zahl beruht auf den ersten 31 Erkrankungen im Land. Bei 18 Fällen konnten die Forscher die Übertragung rekonstruieren.
Die Inkubationszeit unterlag jedoch starken Schwankungen. Das erste 5. Perzentil der Patienten erkrankte bereits 4,2 Tage nach der Ansteckung. Das 95. Perzentil war nach 17,3 Tagen erreicht. Es liegt damit in der Nähe der geltenden Quarantänezeit von 21 Tagen. Diese Frist wird nach den Berechnungen von Miura nur von 2 % der Patienten übertroffen, was aus seuchenmedizinischer Sicht keine Gefährdung darstellt. © rme/aerzteblatt.de
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