Medizin
Studie: Pirfenidon und Metformin könnten Fibrose im Ovar vermindern und Fruchtbarkeit steigern
Montag, 4. Juli 2022
Adelaide – Der Rückgang der Fertilität, der bei Frauen häufig ab einem Alter von Mitte 30 einsetzt, ist offenbar Folge einer zunehmenden Fibrose in den Ovarien, die auch durch eine Adipositas gefördert wird. Bei Mäusen konnte die Fibrose laut einer Studie in Science Advances (2022; DOI: 10.1126/sciadv.abn4564) durch die Behandlung mit Pirfenidon vermindert werden, das zur Behandlung der Lungenfibrose zugelassen ist. Eine durch Adipositas ausgelöste Fibrose besserte sich unter der Behandlung mit dem Diabetes-Standardmedikament Metformin.
Bei vielen Frauen kommt es viele Jahre vor der Menopause zu Störungen der Ovulation, obwohl das Reservoir an Oozyten noch nicht erschöpft ist. Eine mögliche Ursache ist eine altersbedingte Fibrose, die im Ovar deutlich früher einsetzt als in anderen Organen.
Die Fibrose könnte das Gewebe verhärten und so die Bildung eines Follikels verhindern, dessen Größe vor der Ovulation stark zunimmt. Dies würde erklären, warum der Eisprung ausbleibt.
Ein Team um Rebecca Robker von der Monash Universität in Adelaide hat jetzt an Mäusen untersucht, ob 2 zur Behandlung von Fibrosen eingesetzte Medikamente diesen Prozess aufhalten könnten.
Pirfenidon hemmt über die Inhibition des „transforming growth factor (TGF) beta1“ die Bildung von Kollagenen, deren vermehrte Produktion für die Fibrose verantwortlich ist. Der Wirkstoff ist seit 2011 zur Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose zugelassen. Empfohlen wird in dieser Indikation auch der Kinase-Inhibitor Nintedanib, der ursprünglich zur Lungenkrebsbehandlung entwickelt wurde.
Zunächst wurden weibliche Mäuse im Alter von 15 Monaten (entspricht etwa 50 Jahren bei Menschen) behandelt. Die Wirkstoffe wurden über 4 Tage einmal täglich in die Bauchhöhle injiziert.
Bei Pirfenidon wurde auch eine orale Behandlung über 2 Wochen erprobt. Danach wurde bei den Mäusen das Follikelwachstum durch eine Behandlung mit Gonadotropinen stimuliert. Nur bei den mit Pirfenidon behandelten Tieren kam es zur Reifung von Eizellen, die danach erfolgreich in-vitro fertilisiert wurden (bis zum Stadium der Blastozyste).
Im nächsten Experiment wurden Mäuse im Alter von 12 Monaten behandelt (was bei Menschen einem Alter von 35 Jahren entspricht). Auch hier verminderte eine orale Behandlung mit Pirfenidon die Fibrose so weit, dass die Entwicklung von Follikeln und eine Ovulation möglich wurden. Nintedanib erwies sich dagegen auch bei einer längeren Behandlungszeit als unwirksam.
In einem weiteren Experiment haben die Forscher den Einfluss der Adipositas auf die Fibrose des Ovars untersucht. Junge Tiere, die nach dem Mästen adipös waren und eine Insulinresistenz entwickelt hatten, wiesen im Ovar die gleichen fibrotischen Veränderungen auf, wie sie bei den älteren Tieren beobachtet wurden. Die Fähigkeit zur Follikelbildung und zur Ovulation ließ nach.
Eine Behandlung mit BGP-15, einem noch nicht zur Behandlung des Typ-2-Diabetes zugelassenen Insulin-Sensitizer, verminderte die Fibrose bei den adipösen Mäusen und verbesserte die Fähigkeit zur Ovulation.
Eine Behandlung mit Metformin, dem Standardmedikament zur Behandlung des Typ-2-Diabetes, hatte eine ähnliche Wirkung. Bei den adipösen Tieren ging die Fibrose im Ovar zurück und die Zahl der Ovulationen stieg an. Bei Tieren mit einer altersbedingten Fibrose war Metformin dagegen nicht wirksam.
Die Forscher fanden auch eine mögliche Erklärung für das (im Vergleich zu anderen Organen) frühzeitige Auftreten von fibrotischen Veränderungen im Ovar: „Jungfräuliche“ Tiere, die niemals trächtig waren und in deren Ovar ständig neue Follikel heranreiften, wiesen im Alter von 12 Monaten deutlich ausgedehntere fibrotische Veränderungen auf als Tiere, die zu Zuchtzwecken verwendet wurden und die, während sie trächtig waren, keine Follikel gebildet hatten.
Offenbar kommt es bei der Bildung der Follikel, deren Größe vor der Ovulation deutlich zunimmt, zu Schäden im umgebenden Gewebe, die die Bildung von Kollagen im Sinn einer Narbenbildung stimulieren.
Ob die Behandlung auch beim Menschen wirksam wäre, ist derzeit unklar. Vor einem Einsatz von Pirfenidon und Metformin dürften ausführliche klinische Studien zu Sicherheit und Effektivität notwendig werden. Pirfenidon ist plazentagängig, und ein versehentlicher Einsatz in der Schwangerschaft muss vermieden werden (auch wenn keine teratogene Wirkung bekannt ist).
Sollten die Mittel jedoch in der Lage sein, die Fibrosierung des Ovars zu vermindern und Ovulationen erleichtern, könnten sie eine große Hilfe beim Erhalt der weiblichen Fruchtbarkeit im mittleren Alter sein.
Die Menopause verschieben würden sie vermutlich nicht, da der Zeitpunkt von der Reserve der Eizellen und nicht von der Fähigkeit zur Follikelbildung abhängt. Die Forscher konnten dies bei den Tieren nicht untersuchen, da es bei Mäusen keine Menopause gibt. © rme/aerzteblatt.de
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