Politik
Daten von Implantaten in DiGA: Hersteller sehen Frist als unhaltbar
Mittwoch, 22. Juni 2022
Berlin – Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) hält die gesetzlich vorgeschriebene Umsetzungsfrist bei der Integration von Schnittstellen in Hilfsmitteln und Implantaten für eine Datenübertragung an Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bis Juli 2024 für nicht haltbar. Sie müsse mit Rücksicht auf die Unternehmen angepasst werden.
Die neue Regelung in Paragraf 374a Sozialgesetzbuch (SGB) V war Mitte 2021 mit dem „Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz“ (DVPMG) eingeführt worden. Sie soll dafür sorgen, dass Daten aus den Backends von Hilfsmitteln und Implantaten über offene und standardisierte Schnittstellen in einem interoperablen Format an eine DiGA übertragen werden können.
Dafür zu sorgen, ist jedoch keine triviale Aufgabe. „Die Umsetzung der Regelung ist für die Hersteller von Hilfsmitteln und Implantaten mit enormen finanziellen und personellen Aufwänden verbunden“, betont der BVMed in einem Positionspapier.
Mit dem Forschungsprojekt „Digital-gestützte Versorgungsabläufe möglich machen: Interoperabilität zwischen DiGA, Hilfsmitteln und ePA zukunftsoffen umsetzen“ (DiGIOP) der Charité und dem MIO DiGA Device Toolkit seien zwar weitere Inhalte rund um die Umsetzung des Datenaustauschs konkretisiert worden, dennoch gebe es weiterhin zahlreiche offene Fragen und unklare Prozesse.
So sei unter anderem das Prüfungsverfahren zur Berechtigung der Nutzung von Daten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bis heute nicht klar. Auch sei im Rahmen der Gesetzgebung außer Acht gelassen worden, dass Medizinproduktehersteller nicht regelhaft die Identität der Patienten kennen, die ihre Produkte nutzen, sondern meist nur die Seriennummern. Die Verbindung zwischen Patient und Implantat könne deshalb derzeit nur die Gesundheitseinrichtung herstellen, die es eingebaut hat.
„Ohne Kenntnis der Patientenidentität ist demnach eine Zuordnung der Daten beziehungsweise deren Kommunikation zu einer DiGA nicht möglich“, betonte der BVMed. Deshalb bedürfe es einer grundsätzlichen Lösung im Rahmen des Datenaustauschs.
Weiterhin könnten wesentliche Änderungen an Implantaten und Hilfsmitteln Re-Zertifizierungen erforderlich machen und mögliche konkrete Anwendungsfälle seien nicht mit den Vorgaben der Medical Device Regulation (MDR) vereinbar.
Hinzu kämen die allgemeinen Verzögerungen bei der Digitalisierung. Die Verspätungen im Zeitplan des Rollouts verschiedener TI-Komponenten wie der elektronischen Patientenakte (ePA) oder digitaler Identitäten würden die Planungssicherheit für die Hersteller zusätzlich verringern.
Die gesetzliche Pflicht, bis zum 1. Juli 2024 interoperable Schnittstellen seitens der Hersteller von Implantaten und Hilfsmitteln zur Verfügung zu stellen, sei deshalb aus Sicht der Med-Tech-Branche nicht fristgerecht umsetzbar.
„Insgesamt spricht sich der BVMed dafür aus, dass die gesetzlichen Vorgaben einer kritischen Überprüfung auf Lücken und Verzögerungen unterzogen werden und die gesetzlichen Fristen entsprechend angepasst werden“, heißt es daher im Positionspapier. © lau/aerzteblatt.de

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