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Politik

Regresse bei Off-Label-Use: KBV drängt Lauterbach zu Anpassungen

Dienstag, 21. Juni 2022

Foto: thodonal/stock.adobe.com

Berlin – Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht durch die Entscheidung des Bundesschiedsamts zu den Rahmenvorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Paragraf 106b Absatz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V die Versorgung von Patienten mit Arzneimitteln im Off-Label-Use gefährdet.

In einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach drängt sie deshalb auf Anpassungen bei den gesetzlichen Vorgaben, um das Regressrisiko für Ärzte zu verringern. Das Terminservice- und Versorgungs­gesetz (TSVG) enthält eine Regelung, wonach Regresse auf die Kostendifferenz zwischen der wirtschaftlichen und der tatsächlich ärztliche verordneten Leistung begrenzt werden.

Damit habe der Gesetzgeber „in der Ärzteschaft die Hoffnung geweckt, dass Vertragsärztinnen und -ärzte eine deutliche Entlastung hinsichtlich der Bedrohung durch Wirtschaftlichkeitsprüfungen erfahren und damit mehr Versorgungssicherheit insbesondere bei Off-Label-Use-Verordnungen“, schreiben die KBV-Vorstände Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Thomas Kriedel in einem gemeinsamen Brief an Lauterbach.

Zwar seien Off-Label-Use-Verordnungen sowohl in der Onkologie als auch der Neurologie und der Kinder­me­dizin Teil des Therapiestandards gemäß medizinischer Leitlinien. Allerdings seien solche Arzneimittelverord­nungen oftmals nicht von den Ausnahmetatbeständen der Arzneimittelrichtlinie oder den Kriterien des Bun­dessozialgerichts für einen Off-Label-Einsatz umfasst.

Die Hoffnungen auf eine sichere Versorgung in diesen sensiblen Therapiebereichen habe nun aber das Bun­desschiedsgericht mit seinem Schiedsspruch vom 10. Mai 2022 zunichtegemacht: Es sieht sich nämlich laut eigener Begründung rechtlich gehindert, eine entsprechende Regelung zur Anwendung der Differenzscha­dens­methode in den Rahmenvorgaben zu treffen.

Die Folgen sind erheblich. „Es kann nicht im Sinne einer guten Versorgung sein, wenn Vertragsärztinnen und -ärzte aufgrund von berechtigten Sorgen wegen erheblicher Regressrisiken nunmehr gerade diese Patienten­gruppen mit Genehmigungsanträgen zu ihren jeweiligen Krankenkassen schicken müssen, um Verordnungs­sicherheit zu erzeugen“, schreiben die KV-Vorstände. „Wir möchten Sie daher bitten, für eine gesetzgeberische Klarstellung zu sorgen.“

Eine solche Klarstellung könne entweder durch eine begriffliche Nachschärfung in Paragraf 106b Absatz 2a SGB V erfolgen. Demnach sind unter der Voraussetzung eines festgestellten Behandlungsbedarfs zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung auch unzulässige Verordnungen von der Anwendung der Differenzscha­densmethode umfasst.

Mit Blick auf die Gesetzesbegründung des TSVG gehe die KBV davon aus, dass der Gesetzgeber genau das auch beabsichtigt habe. Es gebe allerdings auch noch den Weg der sogenannten Genehmigungsfiktion: Es könne hilfsweise eine Anordnung erfolgen, dass für Off-Label-Verordnungen die Genehmigung der jeweiligen Krankenkasse einzuholen ist und, sollte sie nach drei Tagen nicht vorliegen, von einer Genehmigung der Kasse ausgegangen werden kann.

Ohne eine solche gesetzliche Anpassung müsse die KBV den Vertragsärzten empfehlen, bei geplanten Off-Label-Use-Verordnungen im Vorfeld die zuständige Krankenkasse um Genehmigung zu bitten. Bis eine solche schriftliche Genehmigung vorliegt, müsste den Ärzte demnach die Ausstellung eines Privatrezepts empfohlen werden.

„Wir gehen davon aus, dass Ihnen die Versorgungssicherheit der Kolleginnen und Kollegen gerade bei vul­nerablen Patientengruppen ein ebenso wichtiges Anliegen ist wie uns“, appellieren Gassen, Hofmeister und Kriedel an den Minister. © lau/aerzteblatt.de

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