Politik
Länder streben mehr Rechtssicherheit für Schwangerschaftsabbrüche an
Freitag, 1. Juli 2022
Hamburg – Die Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz der Länder (GFMK) sieht Bedarf, den Rechtsrahmen für Schwangerschaftsabbrüche zu verbessern. Einen entsprechenden Beschluss, der dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) vorliegt, hat das Gremium heute auf einer Konferenz in Hamburg gefasst.
In dem Papier, das die Länder mit 14 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen (Brandenburg und Rheinland-Pfalz) verabschiedet haben, wird der Bund gebeten, eine gemeinsame Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, in der die bestehende Rechts- und Versorgungslage überprüft werden soll.
Unter anderem soll dabei eine sachgerechte und rechtssichere Grundlage für medikamentöse Abbrüche – auch im Rahmen telemedizinischer Angebote – geschaffen werden.
Ermöglicht werden sollte demnach auch, das Medikament für den Abbruch auch per Post an Betroffene zu versenden. Damit könnten schwangere Frauen in ganz Deutschland nach einer ärztlichen Onlineberatung dann zu Hause mit dem Medikament den Abbruch vornehmen.
Medienberichten zufolge gibt es bereits Angebote von Ärzten, etwa in Berlin, bei denen Frauen nach einer Onlinesprechstunde Medikamente zum Schwangerschaftsabbruch zugeschickt bekommen – egal, wo sie in Deutschland wohnen.
Der Antrag für die Initiative ging von Baden-Württemberg aus. Die zuständige Staatssekretärin Ute Leidig (Grüne) aus dem Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration erklärte, man müsse sich der Realität stellen.
„Es finden derzeit schon telemedizinisch begleitete Schwangerschaftsabbrüche statt. Viele rechtliche Regelungen stammen aber aus einer Zeit, als es diese Möglichkeit eines medikamentösen Abbruchs noch nicht gab.“
Das müsse nun angepasst werden. „Wir dürfen die Frauen nicht alleine lassen – und schon gar nicht dürfen wir sie in der Rechtsunsicherheit belassen.“ Leidig sagte aber auch, man müsse abwarten, was das Ergebnis des Diskussionsprozesses sein werde.
Das Sozialministerium in Stuttgart erläuterte, die ausschließliche Beratung oder Behandlung über das Internet sei unter bestimmten Umständen im Einzelfall bereits erlaubt. Für den Bereich von Schwangerschaftsabbrüchen gebe es keine Regelungen, die die Nutzung der Möglichkeit von Videosprechstunden einschränken würden.
Es gebe aber konkrete Probleme. Bisher sei es zum Beispiel gesetzlich geregelt, dass Apotheken Arzneimittel für einen Abbruch nur an eine Einrichtung verschicken dürften, in der die Frauen auch nachbehandelt werden könnten. Zudem sei bisher nicht eindeutig geklärt, was „die notwendige Nachbehandlung“ im Falle eines medikamentösen Abbruchs beinhalte.
Es gebe auch keine Vorgaben, welche Nachweise die Ärztinnen und Ärzte den Apotheken bringen müssten, um deutlich zu machen, dass sie eine Einrichtung mit der Möglichkeit der Nachbehandlung seien, erklärte das Ministerium. Zudem müsse geklärt werden, wie im Fall des Postversands des Medikaments sichergestellt werden könne, dass Unbefugte das Arzneimittel nicht entnehmen könnten.
Die Länder sprechen sich in ihrem Beschluss unter anderem auch dafür aus, den Informationszugang für betroffene Frauen zu verbessern. So sollte das 2019 im Rahmen der letzten Reformierung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch (StGB) eingeführte Konzept einer öffentlichen Liste modifiziert werden.
Sofern die Liste auch nach der Abschaffung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch weitergeführt wird, seien zum Schutz der aufgeführten Ärztinnen und Ärzte sowie der ungewollt Schwangeren klare gesetzliche Grundlagen notwendig, befinden die Länder.
Es müsse eine geschützte technische Infrastruktur geben, in der die notwendigen Informationen vollständig erhoben und betroffenen Frauen zugänglich gemacht werden könnten. Bisher wird eine solche Liste bei der Bundesärztekammer geführt.
In der Begründung für den Vorstoß führt die GFMK aus, dass es Frauen möglich sein muss, den Abbruch durch Ärzte unter medizinisch unbedenklichen Bedingungen vornehmen lassen können muss. Auch brauche es Umstände, die das Persönlichkeitsrecht der Frau wahrten.
Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) obliegt es den Ländern, eine ausreichende medizinische Versorgung im Schwangerschaftskonflikt sicherzustellen. Die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags wird nach Ansicht der Länderminister an vielen Stellen durch fachrechtliche Regelungen erschwert. Diese seien „lückenhaft“ oder entsprächen „nicht mehr der gegenwärtigen Realität medizinischer Versorgung“.
„Um angesichts des bereits begonnenen Generationenwechsels sowie der allgemeinen Veränderungen in der medizinischen Versorgungslandschaft eine angemessene medizinische Versorgung im Schwangerschaftskonflikt auch für die Zukunft sicherzustellen, ist eine Überprüfung und Anpassung dieser Regelungen erforderlich“, erklärten die Ministerinnen und Minister.
© may/dpa/aerzteblatt.de

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