Politik
BMG: Patienten haben keinen Rechtsanspruch auf ein elektronisches Rezept
Mittwoch, 6. Juli 2022
Berlin – Arztpraxen sollen zwar ab September sukzessive zur Ausstellung elektronischer Verordnungen (E-Rezept) verpflichtet werden. Einen Rechtsanspruch auf Ausstellung können Patienten gegenüber Ärzten aber nicht geltend machen. Das hat die Bundesregierung auf Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag klargestellt. Das mögliche Anreizsystem für Leistungserbringer lässt weiter auf sich warten.
Eigentlich ist das E-Rezept schon seit Anfang dieses Jahres verpflichtend – im Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) ist die rechtlich verpflichtende Anwendung ab dem 1. Januar 2022 festgeschrieben.
Kurz vor dem Jahreswechsel hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) allerdings die Einführung trotz gesetzlicher Verankerung des Einführungsdatums abgesagt. Es soll nun eine schrittweise Einführung erfolgen, die im September beginnen soll.
Wie in dieser Übergangsphase mit dem Rechtsanspruch der gesetzlich Krankenversicherten auf das E-Rezept umgegangen wird, wollte die Unionsfraktion deshalb in einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung wissen. Die Antwort: Die Patienten haben gar keinen Rechtsanspruch.
Ärzte und Zahnärzte sind gemäß Paragraf 360 Absatz 1 und 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet, Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln elektronisch auszustellen, erklärte das Bundesgesundheitsministerium in seiner Antwort.
Allerdings seien sie das nur, sobald die dafür erforderlichen Dienste und Komponenten der Telematikinfrastruktur flächendeckend zur Verfügung stünden. „Die Verpflichtung besteht nicht, wenn die elektronische Ausstellung oder Übermittlung der Verordnungen aus technischen Gründen nicht möglich ist“, heißt es in der Antwort. „Ein Rechtsanspruch von Versicherten auf Ausstellung einer elektronischen Verordnung besteht nicht.“
Die Aktivitäten, den Roll-out voranzubringen, halten sich dabei noch in Grenzen: Versicherte können sich auf den Internetseiten des BMG, der Gematik sowie den Webseiten der übrigen Gesellschafterorganisationen, also der Leistungserbringer oder der Krankenkassen, zum E-Rezept informieren.
„Darüber hinaus prüft das Bundesministerium für Gesundheit derzeit weitere geeignete öffentlichkeitswirksame Maßnahmen, um die Versicherten umfassend zum E-Rezept-Start über das neue Verfahren und dessen Funktionalitäten zu informieren“, heißt es in der Antwort.
Auch in Richtung der Ärzteschaft, bei der die Skepsis bisher auch groß war. nicht durch überbordende Euphorie aufgefallen ist. Allein aktiv werden will das BMG dennoch nicht: „Die Bundesregierung plant derzeit nicht, über die intendierten Effizienzgewinne hinaus explizite Anreize für die Beteiligten zu setzen. Es handelt sich um eine gesetzliche Verpflichtung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung.“
Allerdings hatte die Gematik in ihrem Gesellschafterbeschluss am 31. Mai explizit darauf Bezug genommen: „Die Gematik wird beauftragt zu prüfen, ob und welche Anreizsysteme zur Teilnahme an der Phase 1 kurzfristig etabliert werden können, um schnellstmöglich sowohl weitere Regionen zu gewinnen als auch die für den Phasen-/Regionsübergang gesetzten Ziele zu erreichen“, heißt es dort. „Hierüber entscheiden die Gesellschafter anschließend innerhalb von zwei Wochen.“
Herausgekommen ist dabei bisher noch nichts. „Ergebnisse liegen noch nicht vor“, antwortet die Bundesregierung nun auf die Anfrage. „Über die Umsetzung der im Rahmen des Prüfauftrags erarbeiteten Vorschläge entscheiden die Gesellschafter der Gematik zeitnah nach Vorlage.“
Immerhin erwägt das BMG – anders als in der Vergangenheit – keine weiteren Strafmaßnahmen wie Honorarkürzungen gegen Digitalisierungsverweigerer: „Eine Sanktionsregelung ist derzeit nicht geplant.“ Und sie wird nach dem Willen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ohnehin nicht nötig sein.
Denn die Kassenärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein, in deren Einzugsbereichen die Einführung des E-Rezepts am 1. September starten soll, erarbeiten dafür gerade eine Testkonzeption, erklärte KBV-Vorstand Thomas Kriedel. Und die soll besser funktionieren als es bisher bei der E-Rezept-Einführung der Fall war.
Ziel sei, ausgehend von einigen Pilotpraxen peu à peu mehr Praxen teilnehmen und schließlich nach einem erfolgreichen Testlauf in den Pilotregionen die breite Masse teilnimmt. „Die Idee ist, dass diese Pilotpraxen alle ihre Rezepte als E-Rezepte ausstellen“, erklärte Kriedel.
„Das wird dann ausgerollt werden und idealerweise findet man auch sehr viele Anwender, die dann bereit sind, das zu tun, sodass man am Ende dieser ersten Phase sagen kann, es läuft in der Praxis und es läuft auch wirklich in der Praxis selbst.“ © lau/aerzteblatt.de

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