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Ärzteschaft

Medizinischen Laboren droht erheblicher Fachkräftemangel

Dienstag, 5. Juli 2022

/picture alliance, EUROPA PRESS, Eduardo Parra

Berlin – Der Verein der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) will dem voranschreitenden Fachkräfte­mangel in den Laboren stärker entgegenwirken. Die Fachkräfte in den Laboren seien entscheidend für medi­zinische Diagnosen und damit auch für Therapien in der medizinischen Versorgung.

„Ohne Fachkräfte in den Laboren keine angemessene medizinische Versorgung“, lautete das Credo der heuti­gen virtuellen Pressekonferenz der ALM. „Wir rutschen aber aktuell in den Fachkräftemangel hinein“, betonte ALM-Vorstandsvorsitzender Michael Müller. Der ALM habe deshalb eine Arbeitsgruppe (AG MTA) gegründet, die sich mit dieser Herausforderung auseinandersetzt.

Zwar sei in der Pandemie im Jahr 2020 ein Anstieg der Beschäftigten in den medizinischen Gesundheitsberu­fen zu beobachten gewesen, erläuterte Fabian Raddatz, Sprecher der AG. Und auch bei den medizinisch-tech­nischen Laborberufen habe es 2020 einen Anstieg der Vollzeitäquivalente gegeben, da die PCR-Testdiagnostik habe kurz­fristig deutlich erhöht werden müssen.

Dennoch sei mittlerweile ein deutlich sichtbarer Fachkräftemangel in der medizinischen Versorgung mit La­bo­ren zu sehen, betonte Raddatz. Die Besetzung von medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten (MTLA) gestalte sich schon jetzt zunehmend schwierig und es gebe viele freie Stellen für Weiterbildungsas­sistenten und Fachärzten in Laboren.

Insgesamt gebe es in Deutschland nur 2.000 Fachärzte auf den Gebieten Laboratoriumsmedizin, Mikrobiolo­gie, Virologie und Infektionsepidemiologie. Das entspreche einem Anteil von 0,5 Prozent aller berufstätigen Ärztinnen und Ärzte und sei deutlich zu wenig, erklärte Raddatz. Und: Der Altersdurchschnitt der Laborärzte sei vergleichsweise hoch, viele würden in wenigen Jahren in Rente gehen und so weitere freie Stellen hinter­lassen.

Die Fachkräfte in den Laboren würden aber künftig noch stärker gebraucht als heute, denn vor allem der de­m­o­­graphische Wandel und der Anstieg von chronisch kranken oder multimorbiden Patienten bedinge ver­mehrte Diagnosen und einen Fokus auf personalisierte Medizin, sagte Raddatz.

Zudem schreite die Ambulantisierung des Gesundheitswesens voran, auch durch diese Entwicklung würden die Labore künftig verstärkt benötigt. Gleichzeitig sei der Automatisierungsgrad in den Laboren bereits weit fortgeschritten. Hier könne nicht davon ausgegegangen werden, dass aufgrund technologischer Prozesse viel Personal eingespart werden kann, so Raddatz.

Laborjobs nicht sichtbar in der Öffentlichkeit

Ein anderer Grund für den Fachkräftemangel im Labor sei die mangelnde Sichtbarkeit der Berufe in der Öffentlichkeit. Carola Jaster, Mitglied der AG erklärte: „Anders als in der Pflege sind wir nicht an vorderster Front zu sehen, sondern arbeiten im Hintergrund für die medizinische Versorgung der Patienten.“

Deshalb sei es umso wichtiger auf Berufsmessen oder auch in Schulen für die Berufe in den Laboren zu werben, so Jaster. Auch die Möglichkeit Berufspraktika in den Laboren zu absolvieren, würde dem Nachwuchs helfen, sich zu orientieren.

Der ALM unterstützt zudem die im kommenden Jahr in Kraft tretende Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für MTA (MTAPrV) als auch die notwendige Reform des Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin (MTAG). Es sei erfreulich, dass die zum 1. Januar 2023 in Kraft tretende Reform Auszubildende direkt den La­boren zuweist, und der Fokus verstärkt auf dem praktischen Ausbildungsteil liegen wird.

Allerdings werde die Zahl der MTLA-Ausbildungsplätze aus diesem Grund voraussichtlich sinken, denn der Fokus auf die praktische Ausbildung binde mehr Kapazitäten in den Laboren und verursache zusätzlichen Aufwand und Kosten. Der ALM rechnet mit Kosten pro Ausbildungsplatz von mehr als 75.000 Euro ab 2023.

Ambulant tätige Labore gehen bei Ausbildungs-Refinanzierung leer aus

Deutliche Kritik fand Raddatz dafür, dass lediglich die Labore, die an den Krankenhäusern angesiedelt sind, eine Refinanzierung der Ausbildungskosten erhalten sollen. Für niedergelassene schwerpunktmäßig ambulant tätige Labore gebe es hier eine „massive Finanzierungslücke“.

Sollte die Lücke nicht geschlossen werde, bestehe das Risiko, dass die Anzahl der MTLA-Ausbildungsplätze ab kommendem Jahr erheblich sinken werde, so Raddatz. Auch die Finanzierung der Ausbildung an privaten Bil­dungseinrichtungen wie MTA-Schulen sei noch weitgehend ungeklärt.

Hier erhofft sich der ALM eine schnelle Umsetzung des Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz vom 23. Juni. Dieser hatte das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, eine Regelung zur Finanzierung der Ausbildung der medizinischen Technologen außerhalb von Krankenhäusern vor Inkrafttreten des Gesetzes über die Berufe der medizinischen Technologie zu erlassen.

Zudem sollte die Durchlässigkeit der verschiedenen medizinnahen Assistenzberufe gefördert werden, forderte der ALM. „In Bezug auf die Anerkennung der Ausbildung anderer Assistenzberufe (CTA, BTA, MFA u. a.) wäre ein Ausbildungscurriculum hilfreich, damit ein Berufswechsel einfacher wird“, sagte Raddatz. Die bisherige Aus­bil­dung müsse als ein Teil der zu absolvierenden Weiterbildung möglichst unkompliziert anerkannt werden, ohne wieder von vorn anfangen zu müssen.

Um den Forderungen Ausdruck zu verleihen, will der ALM in den kommenden Wochen die Ausbildungs- und Fachkräftesituation in den Laboren mithilfe einer zentralen Datenerhebung ermitteln und darüber berichten. © cmk/aerzteblatt.de

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