Politik
Ampelkoalition will Regeln gegen Bestechlichkeit von Abgeordneten schärfen
Donnerstag, 14. Juli 2022
Berlin – Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Maskenaffäre zugunsten zweier CSU-Politiker strebt die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zügig eine Rechtsverschärfung an. Das machten die Reaktionen aus der Bundespolitik deutlich.
Die Ampel hatte sich die Verschärfung bereits in den Koalitionsvertrag geschrieben. Darin heißt es, der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit solle wirksamer ausgestaltet werden.
Bestehende Strafbarkeitslücken müssten „schnellstmöglich“ geschlossen werden, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede (SPD), dem Tagesspiegel. Man arbeite bereits intensiv an einer wirksamen und praxistauglichen Gesetzesverschärfung. Dazu stehe man innerhalb der Ampelfraktionen im engen Austausch miteinander und sind in Gesprächen mit dem Bundesjustizministerium.
„Angesichts der schamlosen Selbstbereicherung einzelner Abgeordneter aus CDU/CSU mit Maskendeals sind viele Menschen zurecht empört, dass diese Abgeordneten nun straffrei bleiben“, sagte die Fraktionschefin der Grünen, Britta Haßelmann.
Der Bundesgerichtshof hatte vorgestern mitgeteilt, dass er in der Maskenaffäre den Vorwurf der Bestechlichkeit gegen einen bayerischen Landtagsabgeordneten und einen einstigen Bundestagsabgeordneten als nicht erfüllt ansieht.
Die langjährigen CSU-Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein hatten in der ersten Phase der Coronapandemie beim Ankauf von Masken durch die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung vermittelt – und dafür üppige Provisionen erhalten.
Nach Darstellung des BGH hatte eine GmbH, deren Geschäftsführer Nüßlein ist, 660.000 Euro erhalten. Eine Firma, auf die Sauter maßgeblichen Einfluss hat, erhielt sogar mehr als 1,2 Millionen Euro.
Nüßlein, der einst für die CSU im Bundestag saß, trat in Folge der Affäre aus der CSU aus, der Landtagsabgeordnete Sauter aus der Fraktion. Sauter gab überdies alle Parteiämter ab, insbesondere seine Sitze in CSU-Vorstand und -Präsidium sowie den CSU-Kreisvorsitz Günzburg.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz befand, das Gericht treffe keine Schuld. „Es musste auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelungen entscheiden. Diese reichen nicht aus. Das wurde nun noch einmal schmerzhaft deutlich“, sagte von Notz dem Tagesspiegel.
„Das BGH mag entschieden haben, dass die CSU-Abgeordneten Sauter und Nüsslein straffrei bleiben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae. Das bedeute aber nicht, dass deren Verhalten in irgendeiner Form legitim gewesen sei. Die Ampelkoalition arbeite „mit hoher Priorität“ daran, Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit effektiv zu verhindern.
Die Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen wird auch in der CSU gesehen. „Das Gesetz zur Abgeordnetenbestechlichkeit muss verschärft werden“, sagte der Rechtsexperte der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Volker Ullrich, der Augsburger Allgemeinen.
Die BGH-Entscheidung zeige, dass gehandelt werden müsse. „Wenn immer es einen direkten Mandatsbezug gibt und daraus Geschäfte entstehen, sollte es künftig von der Vorschrift umfasst sein“, sagte Ullrich. Er werde sich in der Unionsfraktion dafür einsetzen.
Die Entscheidung des BGH sei zu respektieren, das Handeln der beiden Politiker sei dennoch „grundfalsch“ gewesen, betonte Ullrich. „Mit der Krise Geld zu verdienen, mag nicht strafbar gewesen sein. Es bleibt aber politisch und moralisch verwerflich.“
Paula Piechotta, Mitglied im Haushaltsausschuss und Ärztin, wies darauf hin, dass das Versacken von Steuergeld in den beiden Coronajahren immer noch nicht vollständig aufgearbeitet sei. Es gehe dabei nicht nur um hohe dreistellige Millionenbeträge, die jetzt im Gesundheitswesen dringend gebraucht würden.
„Betrug im Gesundheitsbereich frustriert auch die vielen Beschäftigten und beschädigt das Vertrauen in Politik und Gesundheitswesen enorm. Wir müssen dem Betrug und Bereicherungen auf Kosten der Steuerzahler gerade im Medizinbereich einen Riegel vorschieben“, sagte sie.
Dazu gehört auch schärfere Regeln zur Bestechlichkeit von Abgeordneten. Massives Fehlverhalten wie bei den Maskendeals in CSU und CDU dürfe nicht straffrei bleiben wenn wir wollen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen. © dpa/may/aerzteblatt.de

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