Politik
Baden-Württembergs Kliniken blicken pessimistisch in die Zukunft
Montag, 18. Juli 2022
Stuttgart – Der andauernde Krisenmodus durch die Coronapandemie und den Ukraine-Krieg macht den baden-württembergischen Gesundheitseinrichtungen vermehrt zu schaffen. Das zeigt der aktuelle BWKG-Indikator.
Demnach bereitet den Geschäftsführenden der Mitgliedseinrichtungen der baden-württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) vor allem der Fachkräftemangel, die Explosion der Sachkosten, die unzureichende Finanzierung der Pandemiefolgen sowie die unsichere Zukunft Kopfzerbrechen.
„Das Fatale ist, dass die Einrichtungen nach zwei Pandemiejahren nun mit einer Inflationskrise und einem verschärftem Fachkräftemangel konfrontiert werden“, unterstrich BWKG-Vorstandsvorsitzender Heiner Scheffold.
So haben dem BWKG-Indikator zufolge inzwischen 92 Prozent der Krankenhäuser, 88,6 Prozent der Rehakliniken und 93,4 Prozent der Pflegeeinrichtungen Schwierigkeiten, Pflegefachkräfte zu finden. Rund drei Viertel der Geschäftsführenden von Krankenhäusern und Rehakiniken haben zudem Probleme, freie Stellen im ärztlichen Dienst neu zu besetzen.
„Diese abstrakten Zahlen haben direkte Auswirkungen auf die Versorgung der Menschen“, warnte Scheffold. Schon vor der Coronapandemie seien aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels zehn bis 15 Prozent der Krankenhausbetten nicht belegbar gewesen.
Aktuell liegt der Durchschnitt der nicht belegbaren Betten der Befragung zufolge bei 14,3 Prozent, Tendenz steigend. „In Einzelfällen werden uns Kapazitätsreduzierungen von über 30 Prozent gemeldet“, sagte der BWKG-Vorstandsvorsitzende.
Das habe konkrete Auswirkungen auf die Versorgung. So seien Verschiebungen von Operationen in vielen Kliniken aktuell an der Tagesordnung. Wenn nun noch steigende Infektionszahlen hinzukämen, sei es infolge Corona oder auch durch eine Grippewelle, sei eine weitere Verschärfung der Situation abzusehen.
„Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden“, forderte Scheffold. Seiner Ansicht nach könnte kurzfristig eine Verringerung der Coronaquarantänezeiten Entlastung bringen, mittelfristig sei der Abbau von Bürokratie sicherlich ein ganz zentraler Punkt.
Zudem forderte der BWKG-Chef eine schnellere Anerkennung ausländischer Fachkräfte sowie ein breiteres Ausbildungsangebot. Außerdem müsse Leiharbeit begrenzt werden, da dadurch der bestehende Personalmangel ausgenutzt werde und überzogene Preise die Einrichtungen finanziell stark belasten würden.
Insgesamt verschlechtert sich dem BWKG-Indikator zufolge die finanzielle Lage der Gesundheitseinrichtungen spürbar. Fast jedes zweite Krankenhaus (45,6 %), zwei Drittel der der Rehakliniken sowie 23 Prozent der Pflegeeinrichtungen im Land schrieben demnach im vergangenen Jahr roten Zahlen.
Der Blick nach vorn ist noch schlechter: Mehr als 60 Prozent der Krankenhäuser (61,1%) und Reha-Kliniken (61,4 %) sowie 45,3 Prozent der Pflegeeinrichtungen gehen aktuell davon aus, dass sie das Jahr 2022 mit roten Zahlen abschließen werden.
„Diese Zahlen machen deutlich, dass vor allem die Finanzierungssysteme der Krankenhäuser und Rehakliniken auf externe Schocks nicht ausgerichtet sind“, erläuterte der BWKG-Vorstandsvorsitzende.
„Sinkende Patientenzahlen durch eine Pandemie oder unerwartete Sachkostensteigerungen treffen hier ungebremst auf die bereits bestehende Unterfinanzierung.“ Hier müsse der Bundesgesetzgeber unverzüglich handeln – beispielsweise durch einen Inflations-Zuschlag sowie Nachbesserungen des Krankenhausschutzschirms für das Jahr 2022. © hil/sb/aerzteblatt.de

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