Politik
Gesundheitliche Folgen durch Klimaschutz hat für BMG mittlere Priorität
Mittwoch, 20. Juli 2022
Berlin – Klimaschutz ist immer auch Gesundheitsschutz. Das bekräftigte Ute Winkler, Leiterin des Referats „Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Klima und Gesundheit“ am Bundesgesundheitsministerium (BMG). Die Bewältigung der Klimakrise sei eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern, Kommunen, aber auch der Selbstverwaltung, so Winkler.
Auf die konkrete Nachfrage wie dringend die Bundesregierung und das BMG das Thema gesundheitliche Folgen des Klimawandels aktuell sehen würden, gab Winkler einen Wert von „deutlich über 5“ auf einer Skala von der niedrigsten Stufe 0 bis zur höchsten Stufe 10 an.
Allerdings betonte sie heute im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunft Prävention“, organisiert vom Kneipp-Bund, Ersatzkassen (vdek) und dem Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD), dass alle Menschen vom Klimawandel betroffen seien. Manche Gruppen seien aber besonders gefährdet. Um diese zu schützen, werden diesbezüglich oftmals Forderungen an den Bund gestellt, dieser sei aber in vielen Fragen gar nicht der richtige Ansprechpartner.
Gerade hinsichtlich von Hitzeschutzmaßnahmen komme es oft auf Netzwerke und Strukturen an, die es bereits vor Ort gebe. Auf die Frage, ob es in Deutschland künftig etwa ein Hitzeschutzregister nach dem Vorbild Frankreichs gebe, erklärte sie, dass der Bund dies mit Ländern und Kommunen diskutieren könne, aber die Durchführung müsse lokal organisiert werden.
In Frankreich gibt es seit knapp zwanzig Jahren ein Register, in denen Menschen über 65 Jahre, die allein leben sowie Menschen mit Behinderungen gelistet sind. Diese werden bei Hitzewellen von sozialen Diensten angerufen und nach ihrem Wohlbefinden gefragt.
Dass der Klimawandel alle betreffe, zeige sich in vielerlei Hinsicht, erklärte Winkler. Heiße Sommer würden hierzulande zu einer Übersterblichkeitsrate führen, zudem gebe es vermehrt Neuerkrankungen durch UV-Strahlen (Hautkrebs).
Hitze führe auch zu schlechterer Wundheilung und habe einen negativen Einfluss auf Diabetes und belaste das Herz-Kreislauf-System, sagte Winkler. Auch Erkrankungen wie Hitzschlag, Hitzekrämpfe oder Ausschlag würden durch Hitze zunehmen.
Neben den nicht-übertragbaren Krankheiten seien aber auch Infektionskrankheiten eine zunehmende Gefahr. So breite sich hierzulande das West-Nil-Fieber und FSME-Risikogebiete aus. „Auch die asiatische Tigermücke wandert ein, die hat es in Deutschland vorher nicht gegeben.“
Und: Für Allergiker berge der Klimawandel Gefahren etwa durch neue angebaute, hitzeresistente Pflanzen oder verlängerte Pollenflugphasen. Diese Veränderungen werden zwar nicht allein durch den Klimawandel verursacht, aber begünstigt, betonte Winkler.
Manche Gruppen seien bei Hitze aber besonders gefährdet, insbesondere Kinder, Ältere, aber auch Menschen, die im Freien oder in der Industrie etwa am Hochofen arbeiten. Für Menschen mit niedrigem Einkommen sei die Situation oftmals auch schwierig, da sie oftmals Vorerkrankungen haben, in schlechteren, engeren Wohnungen lebten und teilweise weniger grüne Flächen in ihrer Umgebung haben.
„Aber auch für Obdachlose, die keine kühle Wohnung und keinen einfachen Zugang zu Wasser haben, ist der Klimawandel gefährlich", sagte Winkler. So sei es gut, dass es auch erste Hitzehilfen für wohnungslose Menschen gebe, die etwa mit einem Bus Menschen mit Wasser versorgen. Auch eine Kältekarte könne helfen, in der kühle Orte in Gemeinden, wie etwa Kirchen, verzeichnet sind.
Klimaschutz-Programm noch dieses Jahr
Die Vorbereitungen für das im Ampel-Koalitionsvertrag versprochene Klimaanpassungsgesetz starten zudem jetzt, erklärte Winkler. Hier sei zunächst der Austausch mit den Ländern und der Zivilgesellschaft geplant.
Dementsprechend könne Winkler hier keine konkrete Jahreszahl nennen, wann das Gesetz in Kraft treten werde. Mit diesem Gesetz sollen laut Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP messbare Ziele etwa in den Handlungsfeldern Hitzevorsorge, Gesundheits- und Allergieprävention und Wasserinfrastruktur umgesetzt werden.
Das Klimaschutzsofortprogramm hingegen soll dieses Jahr noch kommen, kündigte sie an. Hier will die Bundesregierung zusätzliche acht Milliarden Euro investieren, um die Treibhausgasemissionen in Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft zu reduzieren.
Das BMG-Referat „Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Klima und Gesundheit“ mit insgesamt sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es laut Winkler seit zwei Jahren. © cmk/aerzteblatt.de

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