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Politik

Politiker und Ärzte bestürzt über Suizid österreichischer Ärztin

Mittwoch, 3. August 2022

/picture alliance, FOTOKERSCHI.AT, picturedesk.com

Berlin – Die Bundesregierung hat sich „tief bestürzt“ gezeigt über den Suizid der von Gegnern der Corona­maß­nahmen bedrohten österreichischen Ärztin Lisa-Maria K.

Ein Regierungssprecher sagte heute in Berlin, es sei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Bundesregie­rung ein besonderes Anliegen, sich gemeinsam mit den österreichischen Freunden gegen den Hass zu stellen. Drohungen, Gewalt und Hetze seien auf das Schärfste zu verurteilen, gerade auch, wenn sie sich gegen medi­zi­nisches Personal und Ärztinnen und Ärzte richteten.

Die deutschen Sicherheitsbehörden kooperierten mit den österreichischen Behörden bei den Ermittlungen. „Digitaler Hass“ im Internet bleibe viel zu häufig straflos, so der Sprecher. „Digitale Gewalt werden wir mit all unseren rechtsstaatlichen Mitteln und der Härte des Gesetzes bekämpfen.“

„Jeden Tag wird in den sozialen Netzwerken zu Gewalt gegen mich aufgerufen“, sagte Bundesgesundheits­minis­ter Karl Lauterbach (SPD) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Leute rufen regelmäßig – teilweise sogar mit Klarnamen – zu meiner Ermordung auf.“

Er werde deswegen besonders gut geschützt. „Die österreichische Kollegin dagegen musste den Schutz selbst bezahlen und konnte sich das nicht mehr leisten.“ Er verachte und verabscheue die Hetzer im Netz, die diese Frau in den Tod getrieben hätten.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, meinte in der Welt, der Tod der Ärztin führe „drastisch vor Augen, wohin die Verrohung des gesellschaftlichen Klimas führen kann“. Auch in Deutschland sinke die Hemmschwelle. Ärztinnen und Ärzte erhielten Drohbriefe, würden verbal und körperlich ange­griffen.

„Die Polizei muss angesichts der besorgniserregenden Zunahme digitaler Straftaten zügig handeln“, forderte Jörg Radek, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, in der Zeitung. Es fehle aber an entsprechenden Ressourcen, personell wie bei der Ausstattung.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken rief die Menschen dazu auf, Opfern von psychischer Gewalt beizustehen. Gerade Frauen seien häufig betroffen, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Im Kampf ge­gen diese Form der Gewalt müssen wir noch durchsetzungsfähiger werden.“

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte in der Rheinischen Post eine bessere Ausstattung der Ermittlungsbehörden in Deutschland. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz sprach sich in der Zeitung für mehr Befugnisse im digitalen Raum aus. „Mit der Beschränkung der Sicherheitsbehörden auf das Abhören von Festnetztelefonaten wird man der Lebensrealität im Jahr 2022 einfach nicht gerecht“, kritisierte die CSU-Politikerin.

Auch die Entertainer Joko Winterscheidt (43) und Klaas Heufer-Umlauf (38) haben an die gestorbene Ärztin erinnert. Die beiden widmeten ihre ProSieben-Sendung „Wer stiehlt mir die Show?“ ihrer „langjährigen Weg­begleiterin“, wie es zum Beginn der Show gestern Abend hieß.

Die Ärztin sei oft Gast in den Sendungen von Joko und Klaas gewesen, hieß es in dem auch bei Instagram veröffentlichten Beitrag der beiden Entertainer. Während der Coronapandemie sei sie engagiert „für die Not­wendigkeit der Impfung“ eingetreten und somit ins Visier von radikalen Coronaleugnern und sogenannten Querdenkern geraten.

K. habe „regelmäßig explizite und detaillierte Morddrohungen“ erhalten und der Betrieb ihrer Praxis sei immer wieder gestört worden. Ihr Ruf nach Hilfe sei „bei den zuständigen Behörden auf Unverständnis und Untätigkeit“ gestoßen, hieß es weiter in dem Beitrag. Die Polizei in Österreich hatte sich gegen Vorwürfe gewehrt, zu lax reagiert zu haben.

Auch Joko und Klaas hatten in der Coronakrise immer wieder Flagge gezeigt. So gaben sie Olaf Scholz (SPD) kurz vor dessen Amtsantritt als Bundeskanzler eine Bühne, nachdem sie in ihrer Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“ 15 Minuten freie Sendezeit gewonnen hatten. Scholz richtete als Gast der Entertainer einen eindrücklichen Impf-Appell ans Fernsehpublikum.

Die österreichische Medizinerin K. hatte sich für Coronaimpfungen engagiert und war nach eigenen Angaben monatelang massiv von Impfgegnern unter Druck gesetzt worden. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass sie tot in ihrer Praxis in Oberösterreich gefunden worden war.

Unterdessen führt eine Spur der Ermittlungsbehörden nach Bayern. „Es gibt ein Ermittlungsverfahren gegen eine männliche Person aus Oberbayern bei uns“, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München II entsprechende Informationen der Mediengruppe Bayern.

Der im Fokus stehende Mann aus Oberbayern steht der Mediengruppe zufolge im Verdacht, der 36 Jahre alten Medizinerin in Mails mit Folter und Mord gedroht zu haben. Außerdem habe die Staatsanwaltschaft Wels auch bei der Staatsanwaltschaft Berlin einen Tatverdächtigen angezeigt.

Die Leiche von K. wird auf Wunsch von Angehörigen nun doch obduziert. Die Behörden hätten zwar keine neuen Hinweise, aber den Bitten der Angehörigen komme man zur Ergänzung und Abrundung der Erkennt­nisse gerne nach, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Wels mit. © dpa/aerzteblatt.de

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