Medizin
Studie favorisiert Kombinationsbehandlung bei ischämischem Schlaganfall
Freitag, 5. August 2022
Berlin – Die Behandlung eines ischämischen Schlaganfalls muss so schnell wie möglich beginnen – Ziel ist die Rekanalisierung des betroffenen Blutgefäßes. Bislang war aber nicht belegt, ob Betroffene, die direkt in ein sogenanntes Thrombektomie-Zentrum aufgenommen werden, vor dem Eingriff eine medikamentöse Gerinnselauflösung erhalten sollten.
Die sogenannte SWIFT DIRECT-Studie hat nun gezeigt, dass das kombinierte Vorgehen mit vorheriger Thrombolyse der alleinigen Thrombektomie nicht unterlegen ist. Sie ist in der Fachzeitschrift Lancet erschienen (2022; DOI: 10.1016/S0140-6736(22)00537-2).
Für die Reperfusion des betroffenen Hirnareals kommen zwei Verfahren zur Rekanalisierung in Frage: die intravenöse Thrombolyse, also die medikamentöse Gerinnselauflösung in einem Zeitfenster bis zu 4,5 Stunden, und die Thrombektomie, das ist ein Kathetereingriff zur mechanischen Entfernung des Thrombus in einem Zeitfenster bis zu 24 Stunden.
Die multizentrische, randomisierte Studie mit verblindeter Outcome-Auswertung erfolgte in 48 Thrombektomiezentren in Europa und Kanada. Die Betroffenen wurden nach Diagnosebestätigung (CT oder MRT) randomisiert und in gleich große Gruppen eingeteilt. Sie erhielten eine Thrombektomie entweder mit oder ohne vorherige Thrombolyse. In beiden Gruppen wurde der Gefäßeingriff so schnell wie möglich durchgeführt.
In der Gruppe mit der kombinierten Behandlung wurde direkt nach Diagnosesicherung zunächst die intravenöse Thrombolyse mit Alteplase verabreicht, dann erfolgte die Thrombektomie. Der primäre Endpunkt war ein gutes bis sehr gutes funktionelles Outcome nach 90 Tagen, definiert als Score von 0-2 auf der modifizierten Rankin-Skala (mRS).
Insgesamt wurden zwischen 2017 und 2021 in den Zentren 5.215 Betroffene gescreent und 423 randomisiert. Von diesen konnten 408 Teilnehmende in die primäre Effektivitätsanalyse einbezogen werden (201 nur mit Thrombektomie und 207 mit Kombinationsbehandlung).
Einen mRS-Score von 0-2 nach 90 Tagen erreichten mit der alleinigen Thrombektomie 114/201 (57 %), und 135/207 (65 %) mit der kombinierten Behandlung. Symptomatische Hirnblutungen traten bei 5/201 (2 %) und 7/207 (3 %) der Teilnehmenden auf – der Unterschied war statistisch nicht signifikant.
Eine erfolgreiche Rekanalisation war in der Gruppe mit Lyse plus Thrombektomie häufiger, und der Unterschied war mit 199/207 (96 %) versus 182/201 (91 %) signifikant (Risikounterschied 5,1 %, p=0,047). „Die SWIFT-Studie liefert Evidenz für den Vorteil der Kombinationsbehandlung hinsichtlich der Reperfusionsrate und dem klinischen Outcome.
Der Vorteil ging in der Studie nicht zu Lasten der Sicherheit. Insofern hat die Studie ein Paradigma bestätigt, dass in den meisten Schlaganfallzentren in Deutschland durchgeführt wird“, erklärte Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).
„Auch wenn es in einem Schlaganfallzentrum durch die vorgeschaltete Lyse etwas mehr Zeit bis zur Thrombektomie braucht, ist dies keine verlorene Zeit – sie kommt dem Betroffenen zugute“ so Peter Berlit, der Generalsekretär der DGN. © hil/aerzteblatt.de
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