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Politik

Diese Maßnahmen könnten Fachkräftemangel in Krankenhäusern bekämpfen

Freitag, 2. September 2022

/upixa, stock.adobe.com

Düsseldorf – Der Fachkräftemangel in Krankenhäusern existiert in vielen Bereichen und muss bald gelöst wer­den. Das war der Konsens einer heutigen Onlinediskussionsrunde der Apobank. Ziel der Veranstaltung war aber nicht nur die Problemdefinierung, sondern auch die Nennung von konkreten Beispielen, wie der Fachkräfte­man­gel in Zukunft gelöst werden könnte.

Das Problem des Fachkräftemangels liege vor allem im Verantwortungsbereich der Krankenhäuser selbst, mein­te der Geschäftsführer der Waldkliniken Eisenberg, David-Ruben Thies. 80 Prozent der derzeitigen Probleme in­klusive Fachkräftemangel hätten die Kliniken selbst zu verantworten.

„Da müssen wir selbst anfangen, etwas zu verändern“, erklärte Thies. Gerade hinsichtlich auch der derzeitigen patriarchalischen Führungszustände in den Häusern könne dies nur in den Kliniken selbst gelöst werden.

Wichtige politische Fragen seien vor allem die der Krankenhausreform, die Aufstellung der ambulanten Versorgung so­wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen. Diese müssen im Bundestag oder in den Landtagen entschieden werden, betonte die Ärztin und Grünen-Bundestags­abgeord­nete Paula Piechotta.

Sie wies zudem daraufhin, dass sich auch der Berufsstand der Ärztinnen und Ärzte um Veränderung bemühen müssten. Den Ärztetag würde etwa noch die ältere Generation mit berufspolitischen Entscheidungen im Ver­gleich zu der jüngeren Generation der Medizinerinnen und Mediziner dominieren. Dies spiele vor allem bei in­novativeren, flexibleren Arbeitszeitmodellen und möglichen Veränderungen im Klinikalltag eine Rolle.

Ein großer Unterschied sei hier auch zwischen den neuen und den alten Bundesländern zu verzeichnen, sagte Piechotta, die ihren Wahlkreis in Leipzig hat und dort hin und wieder im Uniklinikum als Radiologin arbeitet. Im Osten sei die Zahl der Arztpraxen in den vergangenen Jahren deutlich stärker gesunken als etwa im „überver­sorg­ten Baden-Württemberg“, so Piechotta. Deshalb sei dort der Druck, das Gesundheitssystem strukturell zu reformieren, größer.

Um das Problem des Fachkräftemangels anzugehen, müsste es eine stärkere Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors geben, fordert die Grünen-Politikerin. Vor allem kleinere Krankenhäuser könnten sich so in Richtung ambulante Medizin öffnen und teure Fehlallokationen mit Doppeluntersuchungen könnten aufgrund der Gren­ze zwischen ambulant und stationär künftig vermieden werden.

Diese Auflösung der starren Grenze zwischen ambulant und stationär war Piechotta zufolge aber lange Zeit po­li­tisch nicht durchsetzbar. Der Druck steige nun aber aufgrund der oftmals prekären medizinischen Versorgung insbesondere in ländlichen Regionen. „Das Gesundheitswesen wird zudem künftig mit anderen Branchen ver­stärkt um nicht akademische Fachkräfte konkurrieren“, prognostizierte Piechotta.

Auch Irmgard Wübbeling, Vorstandsmitglied der Sana Kliniken AG, sieht den Strukturwandel an den Kliniken als größte Herausforderung. Laut Wübbeling müsse insgesamt mehr in Prozessen gedacht werden, um die Situation für Fachkräfte zu verbessern. Aktuell denke man ihrer Ansicht nach zu sehr in einzelnen Abteilungen oder Berei­chen, damit drohe Silo-Denken.

Flexible Ausbildung und Weiterbildungsmaßnahmen

Um die Arbeit in Kliniken zudem attraktiver zu machen, sei es etwa wichtig, die ärztliche Ausbildung flexibel zu gestalten, sagte Wübbeling. Bereits jetzt sei es schon möglich, dass angehende Medizinerinnen und Mediziner ein großes Leistungsspektrum an verschiedenen Krankenhäusern erfahren können. „Im ländlichen Raum sehen wir zudem ganz andere Erkrankungen als etwa im städtischen Bereich.“ Diese große Bandbreite würde die Aus­bildung attraktiver machen, so Wübbeling.

Piechotta betonte, dass auch neue Weiterbildungsmöglichkeiten etwa für Pflegekräfte entwickelt werden müss­ten. „Ich kann es nachvollziehen, wenn Pflegekräfte über 50 Jahren keine Nachtschichten mehr übernehmen möchten.“ Wichtig sei für die Mitarbeitenden, dass sie autark arbeiten könnten und es ein breites Kompetenz­spek­trum sowie weitere Verdienstmöglichkeiten gebe, findet die Medizinerin. Dabei nannte sie das Beispiel der Etablierung der Community Health Nurses.

Um das Problem des Fachkräftemangels zu lösen sei darüber hinaus eine verstärkte interdisziplinäre Zusam­menarbeit auch mit nicht akademischen Berufen wichtig, um etwa einen möglichst großen Wirkungskreis der behandelnden Personen auch zu erreichen und die Gesundheitsversorgung zu verbessern, so Piechotta.

Bürotage & Digitalisierung für Bürokratie-Abbau

Ein weiteres großes Thema war die Digitaliserung der Gesundheitsversorgung. „Wir sind in der Digitalisierung weit zurück und müssen stärker in Automatisierung denken, um Kolleginnen und Kollegen hinsichtlich der vie­len Bürokratie- und Dokumentationspflichten zu entlasten“, sagte Wübbeling.

Auch der Vorsitzende der Geschäftsführung der Personalvermittlungs- und Zeitarbeitsfirma Doctari, Cai-Nicolas Ziegler, betonte, dass Digitalisierung ein riesiger Hebel sein könne, um das Bürokratische auf ein Minimum zu reduzieren.

Um das Gesundheitspersonal beim Thema Bürokratie zu entlasten, gebe es etwa in Schweden Bürotage für Ärztinnen und Ärzte, sagte Piechotta. An einzelnen Tagen würden die Mediziner gar keine Patientenbetreuung übernehmen, sondern hätten im Büro Zeit, die notwendige Dokumentation abzuarbeiten.

Insgesamt müssten die Arbeitszeiten in den Krankenhäusern deutlich flexibler werden, forderten zudem Thies und Ziegler. Thies hinterfragte das oft noch geltende Konzept, dass Krankenhäuser ihren Rhythmus um 6 Uhr morgens anfangen würden. Ähnlich könnte man den Ablauf von ambulanten Pflegediensten neu strukturieren, hier müsste man oftmals nicht schon um 5.30 Uhr beginnen, so Thies. Dieses Vorgehen würde nicht mehr dem Rhythmus der Gesellschaft entsprechen.

Ziegler erläuterte weiter, dass 30 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die bei Doctari vermittelt werden, dies haupt­beruflich machen würden. „70 Prozent machen das neben einer Anstellung.“ Alle würden aber die Flexibilität dieser Arbeitsweise sehr schätzen. Das Zeitarbeitskonzept sehe zwar unter anderem vor, dass die Ärzte oftmals bis zu 200 Kilometer zur Arbeitsstätte fahren müssten. „Für diese Flexibilität gibt es aber auch einen Obolus mehr“, so Ziegler.

Aus Zieglers Sicht könne Zeitarbeit in der Gesundheitsversorgung künftig einen großen Beitrag im positiven Sinne leisten, weil knappe Ressourcen zielgerichteter eingesetzt werden können. Allerdings sollte Zeitarbeit aber auch stärker reguliert werden, damit die positiven Effekte auch zum Tragen kommen, erläuterte Ziegler. © cmk/aerzteblatt.de

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