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Politik

Wissenschaftlicher Dienst: Legalisierung von Cannabis könnte gegen EU-Recht verstoßen

Montag, 12. September 2022

/picture alliance, Sebastian Kahnert

Berlin – Die von der Koalition geplante Cannabislegalisierung kann nach Einschätzung von Experten des Bundestags gegen EU-Recht verstoßen.

In einer Analyse für den CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und die Deutsche Presseagentur (dpa) berichteten, nennt der Wissen­schaftliche Dienst europäische Verträge, an die Deutschland gebunden sei, und die einer Legalisierung entge­genstünden.

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen. Derzeit laufen die Vorbereitungen für das Gesetzgebungsverfahren.

Der Bundesdrogenbeauftragte, Burkhard Blienert (SPD), hatte einen Gesetzentwurf für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres angekündigt. Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestages sind momentan in den USA und Kanada unterwegs, um sich über die dort zum Teil bereits erfolgte Legalisierung zu informieren.

Der Wissenschaftliche Dienst verweist auf den EU-Rahmenbeschluss von 2004, der vorschreibe, dass jeder Mit­gliedsstaat unter anderem das Herstellen, Anbieten, Verkaufen, Liefern sowie Ein- und Ausführen von Drogen un­ter Strafe stellen müsse – wenn diese vorsätzlichen Handlungen ohne entsprechende Berechtigung vorge­nom­men wurden.

Zudem müsse das vorsätzliche, unberechtigte Anbauen unter anderem der Cannabispflanze unter Strafe gestellt werden. Gleiches gelte für den Besitz oder den Kauf von Drogen. Unter den Begriff Drogen falle laut einem Über­einkommen von 1971 auch Cannabis. Die Mitgliedsstaaten sollten gegen die genannten Straftaten „mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden straf­rechtlichen Sanktionen“ vorgehen.

Der Wissenschaftliche Dienst verweist zudem auf das Schengenprotokoll. Darin hätten sich die Ver­tragsländer, unter anderem Deutschland, verpflichtet, „die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließ­lich Cannabisprodukten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungs­recht­lichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden“.

In einer weiteren Ausarbeitung weisen die Experten des Wissenschaftlichen Dienstes darauf hin, dass die Nie­derlande nicht als Vorbild für Deutschland dienen könnten. So gelte dort nach wie vor das „Opiumgesetz“, das Anbau, Verkauf und Besitz von Cannabis unter Strafe stelle. Aller­dings sei Besitz und Verkauf kleinerer Mengen „de facto entkriminalisiert“.

„In sämtlichen Fällen, in denen ein Konsument mit Drogen aufgegriffen wird, werden diese – auch wenn die Menge im dargestellten Toleranzbereich liegt – von der Polizei konfisziert.“ Der Verkauf von Cannabis sei „for­malrechtlich illegal“, werde aber im Rahmen der Toleranzgrenze nicht verfolgt. Anbau und Erwerb größerer Cannabismengen seien weiterhin vollständig krimi­nalisiert.

Die Legal Tribune Online (LTO), die ebenfalls berichtet, schreibt, dass sich die Juristen des Bundestags in allen drei Gutachten jeglicher Einschätzung dazu enthalten, ob es der Ampel gelingen könnte, im Gesetzgebungsver­fah­ren die Vereinbarkeit mit internationalem Recht herzustellen. Dokumentiert werde lediglich, welche recht­liche Hürden die Ampel gegebenenfalls zu überwinden hätte, schreibt die LTO.

Pilsinger sagte, die Ausarbeitungen zeigten, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehene Legalisierung von Can­nabis nicht legal wäre. Cannabis einfach zu dulden, wie es in den Nieder­lan­den gehandhabt werde, könne und dürfe für Deutschland keine Option sein. Der Jugendschutz müsse ebenso wie das Zurückdrängen und die Bekämpfung des Schwarzmarkts in Deutschland „oberste Priorität“ haben, sagte Pilsinger.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sagte, man prüfe die Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes und beziehe sie selbstverständlich in die Überlegung mit ein. „Die neuen Cannabisregeln müssen natürlich rechtssicher sein. Für die Legalisierung suchen wir derzeit eine Lösung, die auch mit internationalem Recht vereinbar ist.“ © dpa/aerzteblatt.de

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