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Patienten- und Praxisdaten: Vertragsärzte rufen nach Datenschützern

Freitag, 23. September 2022

KBV-Vorstandsmitglied Thomas Kriedel verwies im Rahmen der KBV-Vertreterversammlung auf mögliche Datenschutzprobleme. /Screenshot DÄ

Berlin – Die zuständigen Datenschutzbehörden sollten dringend einen Blick auf die Zugriffsmög­lich­keiten von Dienstleistern und Portalen auf die Praxisverwaltungssysteme (PVS) der Pra­xen werfen. Darauf drängte die Kassenärztliche Bundes­vereinigung (KBV) heute bei ihrer Vertreterversamm­lung in Berlin.

In Deutschland sind viele Ärzte dazu übergegangen, ihre Termine über diverse Plattformen und Anbieter ver­ge­ben zu lassen. Die Portale haben – nicht zuletzt in der Coronapandemie und die Vergabe für Impftermine – bei den Ärzten an Beliebtheit gewonnen, weil sie die Terminorganisation vereinfachen. Die Dateschutzfrage wird seither immer wieder aufgeworfen.

KBV-Vorstand Thomas Kriedel betonte heute, man nehme Hinweise auf Probleme sehr ernst, die vermehrt von nieder­gelassenen Ärzten geäußert würden. Auch ein Gutachten von Thilo Weichert, ehemaliger Daten­schutz­beauftragter des Landes Schleswig-Holstein, weise auf bestehende Datenschutzlücken hin.

Er sieht die Datenschutzbeauftragten auf Bundes- und Länderebene in der Verantwortung für Klarheit zu sorgen. „Die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten müssen sich darauf verlassen können, dass die Daten in ihrem PVS sicher sind“, erklärte Kriedel.

Der KBV-Vorstand machte deutlich, dass man die derzeitigen Signale zur Digitalisierung aus dem Bundesge­­sundheitsministerium (BMG) grundsätzlich positiv bewertet. Allerdings müssten „den Worten jetzt dringend Taten folgen“.

Die konkrete Zeitvorgabe von BMG und Bund, wonach das elektronische Rezept (E-Rezept) bis zum Jahr 2025 Standard in der Arzneimittelversorgung sein soll, wertete Kriedel heute als ambitioniert. „Wir brauchen von der Politik kein Wunschdenken, sondern eine intelligente Digitalisierungsstrategie, mit wohl durchdachter Umsetzung.“

Der Erfolg der Telematikinfrastruktur (TI) stehe und falle mit der Gematik. „Sie braucht einen klaren Auftrag und zusätzliche Kompetenzen. Dazu gehört die volle Betriebsverantwortung für die TI. Aber nicht das Ent­wickeln von Apps. Das kann die Industrie besser“, so Kriedel. Die konzeptionelle Beschränkung auf die E-Re­zept-App sei wenig zielführend, vielmehr hätte man schon deutlich früher andere Übertragungswege wie elektronische Gesundheitskarte (eGK), E-Mail und SMS prüfen müssen.

„Wer das E-Rezept bei den Menschen etablieren will, muss ihnen den Zugang so leicht wie möglich machen“, betonte Kriedel. Aus diesem Grund habe die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe ihre Teilnahme am testweisen Roll-Out auch an die eGK geknüpft.

„Die für die Gematik-App notwendige PIN haben nach unseren Informationen bisher weniger als ein Prozent der Versicherten von ihrer Krankenkasse erhalten“, so Kriedel. Die Praxen müssten sich also nunmehr auch noch E-Rezept-fähige Patientinnen und Patienten suchen, um das Projekt voranzutreiben. Kriedel: „Das ist ein Unding.“

Ebenso wie die Tatsache, dass das Ausstellen des E-Rezptes und der elektronischen Arbeiutsunfähigkeitsbe­scheinigung (eAU) mit einem erhöhten Zeitaufwand und Papierverbrauch für die Praxen einhergehe. „Uns Deutschen hängt seit jeher der Ruf an, Weltmeister in Sachen Bürokratie zu sein. Diesen Titel können wir mühelos verteidigen, wenn wir mit fortschreitender Digitalisierung den Papierverbrauch sogar noch erhöhen“, betonte Kriedel.

Der gestiegene Zeitaufwand lasse sich mit dem aktuellen Bürokratiekostenindex (BIX) klar belegen. Alleine die eAU verursachte einen Zusatzaufwand in Höhe von mehr als einer Million Arbeitsstunden pro Jahr in den Praxen. „Anstatt also die Praxen zu entlasten, hat die bisherige Digitalisierungspolitik die Praxen nachweislich immer noch weiter belastet.“

Daher habe die KBV Kontakt zum neuen Vorsitzenden des Normenkontrollrates (NKR) gesucht. „Wir wollen einen Digitalcheck bei jedem einzelnen Gesetzesvorhaben durch den NKR. Projekte und Maßnahmen, die Bürokratie erhöhen, anstatt sie zu reduzieren, dürfen nicht länger die Norm sein“, forderte Kriedel.

Taten forderte er auch in Sachen Konnektortausch. Kriedel äußerte wenig Verständnis dafür, dass die Gematik erst in einem Jahr Aussagen über mögliche Alternativen zum Konnektortausch treffen solle. „Wir wollen den Praxen die Sicherheit geben, dass sie sich alternativ an Konnektorfarmen anschließen können. Dazu braucht es jedoch eine Zertifizierung dieser Variante durch die Gematik und rechtliche Klarheit bei Datenschutz und -sicherheit.“

Der Anschluss koste weniger als die Anschaffung eines Konnektors, es fielen dann jedoch Mietkosten und Aufwände für eine besonders sichere VPN-Anbindung inklusive Firewall an, erläuterte Kriedel. „Wir wollen hier eine geeignete Finanzierungsvereinbarung herbeiführen. Denn aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes sollen die Praxen die Kosten dafür tragen – das sehen wir anders“, so Kriedel. © aha/may/aerzteblatt.de

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