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Medizin

Studie: Kaffee hat auch positiven Einfluss auf Herz und Kreislauf

Freitag, 30. September 2022

/sebra, stock.adobe.com

Melbourne – Wer täglich Kaffee trinkt, darf nach einer Analyse der UK Biobank auf ein längeres Leben ohne Herz-Kreislauf-Erkrankungen hoffen. Nach den im European Journal of Preventive Cardiology (2022; DOI: 10.1093/eurjpc/zwac189) vorgestellten Ergebnissen schützt das anregende Getränk auch vor Herzrhythmus­störungen, allerdings nur wenn es auch Koffein enthält.

Ärzte standen dem Kaffeekonsum lange kritisch gegenüber. In einer Umfrage, die 1988 im Journal of Substance Abuse erschien, rieten mehr als 75 % der Fachärzte Patienten mit Angstzuständen, Arrhythmien, Ösophagitis/Hi­atushernie, fibrozystischer Mastopathie, Schlaflosigkeit, Herzklopfen und Tachykardie vom Kaffeekonsum ab.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. In ihrer Leitlinie zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stuft die European Society of Cardiology einen mäßigen Kaffeekonsum (3-4 Tassen pro Tag) als „wahrscheinlich nicht schädlich, vielleicht sogar mäßig förderlich“ ein.

Grund sind eine Reihe von epide­miologischen Studien, in denen ein mäßiger Kaffeekonsum zumindest keine schädlichen Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Gesundheit hatte.

Ein gewisses Restmisstrauen ist erkennbar, weil Koffein den Sympathikus stimuliert und damit zumindest kurz­fristig den Blutdruck steigert. Auch die Wirksamkeit der Hochdruckmedikamente könnte durch Kaffee gestört werden, was für den Kalziumantagonisten Felodipin sogar in einer randomisierten Studie gezeigt werden konnte (American Journal of Hypertension 2016; DOI: 10.1093/ajh/hpw081).

Immer wieder vermutet wird auch ein negativer Einfluss auf Herzrhythmusstö­rungen. Viele Kardiologen raten ihren Patienten eher zu entkoffeiniertem Kaffee.

Ob Koffein schädlich für das Herz ist, müsste idealerweise in einer randomisierten Interventionsstudie gezeigt werden. Da eine solche nicht in Sicht ist, bleibt nur die Analyse von Beobachtungsstudien, zu denen die UK Biobank gehört.

An der Studie nahmen in den Jahren 2006 bis 2010 eine halbe Million Briten teil. Sie füllten damals auch Frage­bögen zu ihren Lebensgewohnheiten aus. Ein Team um Peter Kistler vom Baker Heart and Diabetes Research Institute in Melbourne/Australien hat die damaligen Angaben mit späteren Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Todesfällen in Beziehung gesetzt.

Von 449.563 Teilnehmern, die zu Studienbeginn frei von Arrhythmien oder anderen kardiovaskulären Erkrankun­gen waren, sind in den folgenden 12,5 Jahren 27.809 (6,2 %) gestorben.

Ein schädlicher Einfluss von Kaffee war nicht erkennbar. Im Gegenteil: Kaffee­trinker starben sogar seltener als andere Teilnehmer. Am größten war die protektive Wirkung, wenn der Kaffee aus gemahlenen Kaffeebohnen hergestellt wurde: 2 bis 3 Tassen am Tag waren mit einem um 17 % verminderten Sterberisiko assoziiert.

Die Hazard Ratio (HR) von 0,73 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,69 bis 0,78 statistisch signifikant. Bei entkoffeiniertem Kaffee (HR 0,86; 0,81-0,91) und Instantkaffee (HR 0,89; 0,86-0,93) war die protektive Wirkung geringer, aber ebenfalls signifikant.

Alle 3 Getränke waren auch mit einem niedrigeren Risiko auf kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Koronare Herzkrankheit und einem ischämischen Schlaganfall assoziiert, wobei erneut der gemahlene Kaffee die günstigste Wirkung hatte. Dies gilt auch für die kardiovaskuläre Sterblichkeit.

Interessant sind die Ergebnisse zu den Herzrhythmusstörungen. Der Konsum von gemahlenem und löslichem Kaffee war mit einer signifikanten Verringerung von Arrhythmien assoziiert.

Das niedrigste Risiko war bei gemahlenem Kaffee bei 4 bis 5 Tassen/Tag erreicht mit einer Hazard Ratio von 0,83 (0,76-0,91). Bei löslichem Kaffe betrug die optimale „Dosis“ 2 bis 3 Tassen/Tag mit einer Hazard Ratio von 0,88 (0,85-0,92). Für den von Kardiologen bei ihren Patienten bevorzugten Koffein-freien Kaffee waren keine protektiven Assoziationen erkennbar. Bei einer niedrigen Dosis kam es sogar tendenziell häufiger zu Herzrhythmusstörungen.

Die UK Biobank kann wie andere epidemiologische Studien einen kausalen Zusammenhang nicht belegen. Zu den Schwächen gehört nach Ansicht von Annette Creedon von der British Nutrition Foundation, dass der Kaffeekonsum nur einmal zu Beginn der Studie erfragt wurde.

Charlotte Mills von der University of Reading vermisst eine Berücksichtigung von sozioökonomischem Status, Ernährung und körperlicher Aktivität bei der Analyse, während Duane Mellor von der Aston University anmerkt, dass es bei dem gemahlenen Kaffee vielleicht Unterschiede gibt zwischen einem normalen Kaffee mit etwas Milch und einem Latte mit Sirup und Sahne. © rme/aerzteblatt.de

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