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Ausland

Nachhaltigkeit zum Grundprinzip des Gesundheitswesens machen

Dienstag, 11. Oktober 2022

/Parradee, stock.adobe.com

Basel – Um Klimaneutralität zu erreichen, muss im deutschen Gesundheitswesen der Governanceansatz ge­stärkt werden – also das Nachhaltigkeitsmanagement. Denn im Unterschied zu Großbritannien ist im deutschen Gesundheitswesen Governance im Bereich des Klimaschutzes kaum vorhanden.

Das geht aus der in dem Magazin Environmental Research and Public Health erschienenen Analyse „On the Road to Net Zero Health Care Systems: Governance for Sustainable Health Care in the United Kingdom and Germany“ (DOI: 10.3390/ijerph191912167) hervor, die auf qualitativen und quantitativen Befragungen von Mitarbeitenden des deutschen und des britischen Gesundheitswesens beruht.

Auf dem 125. Deutsche Ärztetag im November 2021 haben die Delegierten an alle Entscheidungsträger im Gesundheitswesen appelliert, die notwendigen Maßnahmen in Angriff zu nehmen, um bis zum Jahr 2030 eine Klimaneutralität für das deutsche Gesundheitswesen zu erreichen.

Auch vor diesem Hintergrund gewinnt der Klimaschutz im deutschen Gesundheitswesen zunehmend an Be­deutung. In Deutschland werde die Nachhaltigkeit allerdings bottom-up vorangetrieben, heißt es in der Ana­lyse. Das Bundesgesundheitsministerium habe hingegen noch keine aktive Haltung beim Erreichen einer Klimaneutralität eingenommen.

NHS will bis 2045 klimaneutral sein

In Großbritannien sei das anders. Das National Health System (NHS) England habe im Oktober 2020 seine Vision von einer Klimaneutralität des Systems bis zum Jahr 2045 veröffentlicht.

Die Belastungen durch die Coronapandemie dürften nicht dazu führen, dass der Klimanotstand nicht eben­falls adressiert wird, heißt es darin. Denn der Klimanotstand werde die Versorgung unvermindert beeinträch­tigen und Patienten in jeder Phase ihres Lebens betreffen.

Der NHS Schottland habe bereits im Juni 2019 empfohlen, bis 2045 eine Klimaneutralität des schottischen Gesundheitswesens zu erreichen, heißt es weiter in der Analyse. Dafür sollen unter anderem alle neuen NHS-Schottland-Gebäude sowie alle Gebäudesanierungen klimaneutral vorgenommen werden.

Die eigene Transportflotte soll bis 2032 so umgestellt sein, dass sie klimaneutral läuft. Und jeder NHS-Vor­stand soll eine Governance-Gruppe für Nachhaltigkeit einrichten, die einen Weg zur Klimaneutralität vorgibt.

In Großbritannien gebe es also im Unterschied zu Deutschland ein nationales Mandat für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen, so die Autorinnen der Analyse.

Anreize zum Klimaschutz für Krankenhäuser setzen

Deutschland brauche einen rechtlichen und regulatorischen Rahmen, um Klimaneutralität im Gesundheitswe­sen zu erreichen, sowie Anreize für die Krankenhäuser, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Derzeit seien die deutschen Krankenhäuser dadurch gehemmt, dass wirtschaftliche Erwägungen stärker im Vorder­grund ständen als Erwägungen der Nachhaltigkeit.

Krankenhäuser bräuchten das gesetzliche Mandat, um Entscheidungen treffen zu können, nachhaltiger zu werden. In der Analyse werden drei Wege diskutiert, wie ein Mandat für Klimaschutz in das deutsche Gesund­heitswesen aufgenommen werden kann.

So könne man die Nachhaltigkeit zu einer der Grundprinzipien der Gesundheitsversorgung machen. Alternativ könne man die Nachhaltigkeit in den einzelnen Bereichen des Systems verankern, zum Beispiel im Rettungs­dienst oder im Bereich der Apotheken.

Oder man bettet sie in ein ganz neues Gesetz ein. Die praktikabelste Lösung ist es den Befragten zufolge, die Nachhaltigkeit zu einem Grundprinzip des Gesundheitswesens zu machen. Neben Vorteilen bringe dies auch Nachteile mit sich.

Doch man müsse jetzt den Wandel herbeiführen, wie einer der Befragten meinte. Denn „wir können nicht so weitermachen wie bisher und einfach dabei zusehen, wie alles schief geht“.

Nachhaltigkeit ist in Deutschland kaum Teil der Stellenbeschreibung

Für die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen hat das Thema Nachhaltigkeit in beiden Ländern persönliche einen hohen Stellenwert. 91 Prozent der britischen Befragten betonten die Bedeutung der Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems für sie persönlich. In Deutschland machten 88 Prozent diese Angabe.

Im Hinblick auf die Bedeutung der Nachhaltigkeit für die Krankenhäuser sanken die Werte auf 56 Prozent bei den britischen Befragten und auf 27 Prozent bei den deutschen. Und im Hinblick auf das Gesundheitswesen lagen sie bei 59 Prozent bei den britischen Befragten und bei 27 Prozent bei den Deutschen. 79 Prozent der britischen Teilnehmenden erklärten darüber hinaus, Nachhaltigkeit sei Teil ihrer Stellenbeschreibung.

In Deutschland machten 16 Prozent diese Angabe. Zudem erklärten 48 Prozent der deutschen Teilnehmenden, dass die Nachhaltigkeit nie auf der Agenda des Systems gestanden habe – im Unterschied zu elf Prozent der britischen Teilnehmenden. © fos/aerzteblatt.de

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