Politik
Gaspreiskommission schlägt Hilfsfonds für Krankenhäuser vor
Montag, 10. Oktober 2022
Berlin – Ein Hilfsfonds für soziale Dienstleister soll künftig Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Rehaeinrichtungen vor Finanzierungsproblemen aufgrund hoher Energiekosten schützen. Das empfiehlt die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gas und Wärme“ in ihrem heute vorgelegten Bericht. Der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) reichen die vorgesehenen Hilfen nicht aus.
Die Bundesregierung will mit Hochdruck Entlastungen für Privathaushalte und Unternehmen auf dem Weg bringen. Bereits heute – deutlich früher als ursprünglich geplant – legte die Kommission zur Ausarbeitung von Vorschlägen zur Senkung der Energie- und insbesondere Gaskosten deshalb ihren Zwischenbericht vor, auf dessen Grundlage das Bundeskabinett zeitnah Maßnahmen ergreifen will.
Diese bestehen im Wesentlichen aus einer Einmalzahlung im Dezember und einem Preisdeckel für einen Teil des Gasverbrauchs, der voraussichtlich ab März greifen soll. Laut Vorschlag soll der Staat einmalig die Gas-Monatsrechnungen für Haushalte und Gewerbe komplett übernehmen und dadurch pauschal Mehrkosten während des Winters abfedern.
Berechnet werden soll die jeweiligen Summe auf Grundlage des Verbrauchs, aus dem sich die Abschlagszahlung vom September 2022 ergibt. Den gewährten Rabatt sollen Verbraucher dann in der Einkommensteuererklärung als geldwerten Vorteil angegeben müssen und somit versteuern. Dabei soll es allerdings Freibeträge geben, auch um zu verhindern, dass nur deswegen eine Pflicht zur Steuerveranlagung entsteht.
Eine zweite Entlastungsstufe soll im Frühjahr greifen, nämlich die eigentliche Gaspreisbremse. Dabei soll für ein Kontingent in Höhe von 80 Prozent des Gasverbrauchs aus dem vergangenen September eine Preisdeckelung auf zwölf Cent pro Kilowattstunde greifen. Derzeit liegt der Gaspreis laut Kommission bei 28,3 Cent pro Kilowattstunde für Neukunden. Vor einem Jahr waren es 6,8 Cent.
Für den Verbrauch oberhalb der definierten Schwelle fällt dann der normale Gaspreis an. Die Regelung soll nach aktueller Planung von März 2023 bis April 2024 gelten. Auch Bezieher von Fernwärme sollen nach diesem System entlastet werden, wobei der Preisdeckel hier bei 9,5 Cent geplant ist.
Auf rund 91 Milliarden Euro schätzt die Kommission die Kosten für die Gaspreisbremse, letztlich auch abhängig von der konkreten Entwicklung der Gaspreise. Finanziert werden soll das aus dem kürzlich beschlossenen, 200 Milliarden Euro großen Abwehrschirm. Allerdings kommen – nach Vorschlag des Gremiums – noch Kosten für zwei Hilfsfonds hinzu.
Neben einem Hilfsfonds zum Schutz von Mietern und Eigentümern soll nämlich auch einer für soziale Dienstleister wie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Reha-Kliniken oder auch Sozialkaufhäuser eingerichtet werden, der über die Kostenträger der Sozialversicherungen administriert wird.
Während deren Kosten im kommenden Jahr weiter spürbar über den Werten liegen würden, die Vergütungs- und Kostenerstattungsregelungen der Refinanzierung zugrunde gelegt wurden, könnten kostensenkende Sparanreize dort kurzfristig nur durch Angebotseinschränkungen erreicht werden. Die seien allerdings gesellschaftlich als nicht vertretbar einzuschätzen.
„Die soziale Infrastruktur ist ein zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge und muss in der Krise abgesichert werden, um die Versorgung der vulnerablen Personengruppen sicherzustellen“, schreiben die Kommissionsmitglieder. „Langwierige Verhandlungen und Schiedsstellenverfahren um Refinanzierungsmöglichkeiten zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern müssen vermieden werden, um Liquiditätsengpässe, Insolvenzen und Leistungseinschränkungen wirksam zu verhindern.“
Ob zu solchen Härtefällen auch Praxen in den sogenannten Hochenergiefächern – beispielsweise Radiologie, Dialyse oder Strahlentherapie – zählen, geht aus dem Kommissionsvorschlag nicht hervor. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte kürzlich beim Bundesgesundheitsministerium angemahnt, dass zusätzlich zu den Erleichterungen, von denen Praxen ohne erhöhten Energiebedarf profitieren, auch „zusätzliche besondere Maßnahmen“ für sie benötigt würden.
Die DKG wiederum zeigt sich unzufrieden mit dem heute vorgelegten Papier. Die gemachten Vorschläge würden absehbar zu keiner ausreichenden Entlastung der Krankenhäuser führen. Zwei Drittel der ungedeckten Kostensteigerungen in Milliardenhöhe seien durch exorbitant gestiegene Preise für Medizinprodukte, Arzneimittel, Lebensmittel und Dienstleistungen jenseits der Energiekosten entstanden, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß.
„Die Vorschläge der Kommission bringen möglicherweise im kommenden Jahr eine gewisse Entlastung für einige Kliniken bei den Energiekosten. Das kann aber weder die aktuelle Insolvenzgefahr bannen noch gelingt es damit den Krankenhäusern flächendeckend aus den roten Zahlen zu kommen“, erklärte er.
Demzufolge müssen die Krankenhäuser in diesem Jahr gut drei Milliarden Euro und im nächsten Jahr mehr als fünf Milliarden Euro an nicht refinanzierten Sachkostensteigerungen jenseits der Energiekosten stemmen. Die ungedeckten Energiekostensteigerungen wiederum belaufen sich nach den Berechnungen der DKG auf 1,6 Milliarden im Jahr 2022 und über vier Milliarden Euro im Jahr 2023.
Die Finanzierungslücke bei Sachkosten und Energie summiert sich Gaß zufolge auf rund 15 Milliarden Euro in diesem und dem kommenden Jahr. Ein allgemeiner Gaspreisdeckel im März 2023 sei deshalb keine adäquate Hilfe. „Die Politik muss erkennen, dass sie das Problem nicht weiter aufschieben kann“, verlangt Gaß. „Sie muss handeln, wenn sie die Schließung von zahlreichen Krankenhäusern aufgrund dieser wirtschaftlichen Notlage verhindern will.“
Nötig sei ein sofort wirksamer Inflationsausgleich, „der dafür sorgt, dass Liquidität in die Häuser kommt, damit die Krankenhäuser ihre Rechnungen sowie Löhne und Gehälter zahlen können“, fordert Gaß. Angesichts der Lage werde die DKG sich noch in dieser Woche im Rahmen einer außerordentlichen Präsidiumssitzung mit der Frage befassen, wie die Krankenhäuser nun reagieren können.
Die Maßnahmen der Kommission für die Gaspreisbremse sind unterdessen längst noch keine beschlossene Sache. Die Bundesregierung will die Vorschläge nun bewerten und vor einer Umsetzung gegebenenfalls noch ändern. Der Endbericht, der noch weitere Aspekte umfasst, soll bis Ende des Monats veröffentlicht werden. © lau/aerzteblatt.de

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