Medizin
Intranasaler COVID-19-Impfstoff kann in erster Studie nicht überzeugen
Mittwoch, 12. Oktober 2022
Oxford − In einer Phase-I-Studie zeigte der intranasale Impfstoffkandidat von AstraZeneca eine nur geringe Wirksamkeit: Sowohl die mukosale als auch die systemische Immunantwort reichten nicht aus, um effektiv vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen zu können. Dabei war die Verträglichkeit gut, wie Forschende in eBioMedicine (2022, Doi: 10.1016/j.ebiom.2022.104298) berichteten.
Bisher verfügbare Impfstoffe gegen COVID-19 können zwar vor schweren Verläufen schützen. Doch fehlen Impfstoffe, die milde Infektionen oder die Ansteckung mit SARS-CoV-2 sicher und langanhaltend unterbinden.
Epithelzellen in den oberen Atemwegen sind sehr empfänglich für SARS-CoV-2 und die wahrscheinlichste Stelle der initialen Infektion. Gelänge es etwa durch eine intranasale Impfung, eine mukosale Immunantwort auszulösen, könnte die Infektion womöglich verhindert werden.
“Mukosale Impfstoffe, die intranasal verabreicht werden, bieten deutliche Vorteile gegenüber zu injizierenden Standardimpfstoffen,“ meint Andrew Freedman, Lektor bei Infectious Diseases und Honorararzt an der Cardiff University. Dazu gehörten Komfort, Patientenpräferenz und möglicherweise eine verbesserte Immunantwort. Solche Impfstoffe würden bereits zum Schutz vor der Grippe, vor allem bei Kindern, eingesetzt.
Britische Wissenschaftler untersuchten nun in einer Phase-1-Studie die Wirksamkeit und Verträglichkeit der intranasalen Applikationsform des Vektor-Impfstoffes Vaxzevria (ChAdOx1 nCoV-19, AZD1222, AstraZeneca). Dieser hatte wie andere intranasal zu applizierende Kandidaten in präklinischen Studien vielversprechende Ergebnisse erzielt.
In die Studie wurden 42 gesunde Erwachsene eingeschlossen. Davon waren 30 bislang noch nicht gegen COVID-19 geimpft worden: 6 erhielten den intranasalen Impfstoff in einer Dosis von 5x 109 Viruspartikeln (VP, Gruppe 1), 12 in einer Dosis von 2x 1010 VP (Gruppe 3) und 12 in einer Dosis von 5x 1010 VP (Gruppe 2). Bei insgesamt 14 Teilnehmenden erfolgte eine 2. intranasale Impfung 28 Tage später. Weitere 12 Personen erhielten zwischen den Tagen 22 und 46 eine intramuskuläre Impfung mit einem mRNA-Vakzin.
In 2 weiteren Gruppen wurden 12 Menschen eingeschlossen, die zuvor 2 Dosen von Vaxzevria (Gruppe 4, n = 6) oder des mRNA-Impfstoffs Comirnaty (BioNTech/Pfizer, Gruppe 5, n = 6) intramuskulär verabreicht bekommen hatten. Die 2. Impfung lag im Median 142 beziehungsweise 109 Tage zurück. Um die Wirksamkeit des intranasalen Vakzins als Booster evaluieren zu können, erhielten sie diesen einmalig.
Lokale und systemische Impfreaktionen waren sowohl nach der 1. als auch der 2. nasalen Impfung meistens mild bis moderat. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählten Halsschmerzen (52 %), nasaler Ausfluss (45 %), Kopfschmerzen (48 %) und Fatigue (48 %).
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Antigenspezifische mukosale Antikörper ließen sich nur bei wenigen Teilnehmenden nachweisen. Die Konzentrationen überschritten nur selten die Werte nach einer Infektion mit SARS-CoV-2. Insgesamt fiel die systemische Immunantwort nach intranasaler Applikation schwächer aus als nach intramuskulärer Gabe des Vektor-Impfstoffs. Spezifische Antikörper in der nasalen Schleimhaut waren dagegen bei denjenigen feststellbar, die nach der intranasalen Impfung eine intramuskuläre Injektion mit dem mRNA-Vakzin erhielten. Auch die Boosterwirkung war nicht überzeugend. Eine SARS-COV-2-Infektion trat bei 7 der 42 Teilnehmenden auf.
Der hier untersuchte intranasale Vektor-basierte Impfstoff zeigt ein akzeptables Verträglichkeitsprofil über alle untersuchten Dosierungen hinweg, wie die Autoren zusammenfassen. Allerdings sei die Immunogenität beziehungsweise die ausgelöste Immunantwort nicht zufriedenstellend. Der überprüfte Impfstoff sollte in der aktuellen Form daher nicht weiter untersucht werden.
Es sei enttäuschend, so auch Freedman, dass die Studie nur suboptimale Ergebnisse zeige. „Dennoch sollte dies nicht davon abhalten, weiter an der Entwicklung effektiverer intranasaler Impfstoffe zum Schutz vor COVID-19 und anderen Atemwegsinfektionen zu forschen.“ © aks/aerzteblatt.de

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