Vermischtes
Zahl diabetischer Ketoazidosen bei Kindern und Jugendlichen steigt
Freitag, 14. Oktober 2022
Gießen – Während der ersten zwei Jahre der Coronapandemie ist es bei Kindern und Jugendlichen in vielen Ländern zu lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisungen im Zusammenhang mit einer verspäteten Diagnose von Diabetes gekommen. Das hat ein internationales Forscherteam im Rahmen einer weltweiten Studie ermittelt.
Die im Fachjournal The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlichte Untersuchung (2022; DOI: 10.1016/S2213-8587(22)00246-7) basiert auf Daten von mehr als 100.000 Kindern und Jugendlichen, bei denen zwischen Anfang 2006 und Ende 2021 die Diagnose eines Typ-1-Diabetes neu gestellt wurde.
Der Analyse von 13 nationalen Diabetesregistern zufolge gab es zu Beginn der Pandemie deutlich mehr Fälle von diabetischer Ketoazidose. Die akut lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung, tritt bei Insulinmangel auf und gefährdet besonders Kinder mit unerkanntem Typ-1-Diabetes.
„Wir haben eine steigende Tendenz bei der Häufigkeit der diabetischen Ketoazidose bei der Diagnose von Typ-1-Diabetes bei Kindern festgestellt, die bereits vor dem Auftreten von COVID-19 zunahm und dann während der Pandemie weiter anstieg,“ sagte Clemens Kamrath, Kinder- und Jugendmediziner an der Justus-Liebig-Universität Gießen, der gemeinsam mit einem dänischen Kollegen Erstautor der Studie war.
Demnach war die Häufigkeit einer diabetischen Ketoazidose zum Zeitpunkt der Diagnose von Typ-1-Diabetes bei Kindern bereits vor der Pandemie zwischen 2006 und 2019 stetig angestiegen, in Deutschland sogar mehr als doppelt so stark wie im Durchschnitt der 13 der Studie zugrundeliegenden Diabetesregister.
Anhand des Trends wurde für Kinder mit der neuen Diagnose eines Typ-1-Diabetes für die Jahre 2020 und 2021 eine Häufigkeit von diabetischen Ketoazidosen von 32,5 Prozent bzw. 33 Prozent erwartet. Tatsächlich hatten aber im Jahr 2020 39,4 Prozent und im Jahr 2021 38,9 Prozent aller Kinder mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes eine Stoffwechselentgleisung.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie ideale Bedingungen für die Verschärfung bereits bestehender Probleme bei der rechtzeitigen Diagnose und Versorgung von Kindern mit neu aufgetretenem Typ-1-Diabetes geschaffen hat“, so Kamrath.
Die Autoren der Studie fordern deshalb, die breite Öffentlichkeit besser über die klassischen Symptome des Typ-1-Diabetes im Kindesalter aufzuklären und das entsprechende Bewusstsein bei in der Kinderbetreuung oder Tagespflege tätigen Personen sowie niedergelassenen Haus- und Kinderärzten zu schärfen. © hil/sb/aerzteblatt.de

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