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Ärzteschaft

Marburger Bund: Lauterbach für Überwindung der Fallpauschalen

Freitag, 4. November 2022

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der 75-Jahr-Feier des Marburger Bundes /Mark Bollhorst

Berlin – Das aktuell geltende System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) in Krankenhäusern bietet mittlerweile mehr Nachteile als Vorteile und stößt zunehmend an seine Grenzen. Das hat Bundesgesund­heits­minister Karl Lauterbach (SPD) heute bei der 140. Hauptversammlung des Marburger Bundes (MB) betont. Der MB feiert dieses Jahr zudem sein 75-jähriges Bestehen.

Lauterbach zufolge sei das Fallpauschalensystem kaputt und müsse überwunden werden. Gleichzeitig räumte er eine, dass er damals maßgeblich an der Einführung des Systems beteiligt gewesen ist.

Jetzt hoffe er auf die der­zeitige Erarbeitung einer großen Krankenhausreform. Dieser Prozess sei ein „Reißver­schluss mit vier Zähnen“, bestehend aus der Krankenhauskommission der Bundesregierung, den Verbänden, den Bundesländern und eben dem Bundesgesundheitsministerium.

Erste Bestandteile der Reform, die Bereiche der Pädiatrie und Geburtshilfe betreffend, seien bereits in der Dis­kussion und sollen kommende Woche im Gesundheitsausschuss des Bundestags beraten werden, kündigte Lauterbach an.

Aber auch die Tagesbehandlungen, die in die vollstationäre Versorgung integriert werden sollen, würden ebenfalls kommende Woche auf der Agenda im Gesundheitsausschuss stehen.

Vor allem für ältere Personen biete ein vollstationärer Aufenthalt ein höheres Risiko einer kognitiven Ein­schränkung und könne die Pflegebedürftigkeit beschleunigen, betonte Lauterbach. Deshalb sei es sinnvoll, dass künftig mehr Patientinnen und Patienten über Nacht zuhause schlafen könnten.

Lauterbach betonte zudem, dass Vorhaltekosten im künftigen Krankenhaussystem eine stärkere Bedeutung bekommen sollen, um ökonomische Aspekte stärker von der medizinischen Versorgung zu entkoppeln.

Zudem sollen auch die Versorgungsstufen der Kliniken stärker berücksichtigt werden, diese müssten mit einer künftigen Vergütung Hand in Hand gehen. „Wir brauchen ein neues System“, so Lauterbach. Wenn dies funktio­niere, wäre das die „größte Krankenhausreform der letzten 20 Jahre“, betonte der Minister.

Der Gesundheitsminister bedankte sich zudem bei allen Ärztinnen und Ärzten in Deutschland für ihre Bereit­schaft und ihren Einsatz in der Pandemie. „Sie sind persönlich ins Risiko gegangen und auf Sie konnte man sich trotzdem immer verlassen“, sagte er vor 235 Delegierten.

Deutschland habe eine etwas bessere Bilanz bezüglich der COVID-19-Sterblichkeit vorzuweisen und sei bis­lang vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. Dies sei auch den Ärztinnen und Ärzten zuzuschrei­ben. Er bedankte sich zudem auch insbesondere bei den Medizinerinnen und Mediziner des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD).

Finanzielle Hilfe für Krankenhäuser soll nächste Woche auf den Weg gebracht werden

Der Minister versprach außerdem zum wiederholten Male, dass kein einziges Krankenhaus auf Grundlage der Energiekrise und der energiebedingten Inflation schließen müsse. Das ließe er nicht zu, so Lauterbach.

Dafür hatte sich die Bundesregierung erst vorgestern auf einen Härtefallfonds von etwa acht Milliarden Euro geeinigt. Dieses Hilfspaket werde die Regierung nächste Woche auf den gesetzlichen Weg bringen, so Lauter­bach.

Was Lauterbach weiter am Herzen liege, aber keinen Platz im Ampelkoalitionsvertrag gefunden hatte, sei, die Zahl der Medizinstudierenden in Deutschland zu erhöhen. „Wir haben einfach viel zu wenige Medizinstudie­rende hier in Deutschland“, sagte Lauterbach.

Insbesondere weil die sogenannte Babyboomer-Generation bald in Rente gehe, würden bald viele Ärztinnen und Ärzte fehlen. „Wir bräuchten 5.000 zusätzliche Studierende pro Jahr“, betonte Lauterbach. Allerdings seien die Bundesländer nicht bereit, die Kosten für zusätzliche Studienplätze zu bezahlen. Er hofft deshalb auch auf Medizinstudierende, die im Ausland studiert haben und in Deutschland ihre Arbeit beginnen.

MB-Vorsitzende Johna für mehr Studienplätze

Die erste Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, begrüßte die Ankündigungen von Lauterbach, das DRG-System überwinden zu wollen und an einer großen Krankenhausreform zu arbeiten. Bereits bei einer gestrigen Pressekonferenz betonte Johna, dass das künftige Krankenhaussystem stärker auf Vorhaltekosten aufgebaut sein müsste. Auch einige Delegierte des MB sprachen sich für die Abschaffung des DRG-Systems aus.

Dass Lauterbach sich für die Notwendigkeit zusätzlicher Medizinstudienplätze ausgesprochen hatte, fand Zu­stimmung unter den Delegierten des Marburger Bundes. Johna erklärte dazu, dass der Marburger Bund bereits seit mehr als zehn Jahren für zusätzliche Studienplätze kämpfe. Der Versorgungsbedarf steige künftig und gleichzeitig nehme der Fachkräftemangel zu. „Wir werden uns in zehn Jahren nach der heutigen Besetzung noch zurücksehnen“, prognostizierte sie.

Es sei insbesondere wichtig, mehr Studienplätze an staatlichen Universitäten zu schaffen. Dass immer mehr private Medical Schools aus dem Boden sprießen würden, beobachtet die Internistin mit Sorge. „Die sind nicht immer alle gleich gut und auch nicht immer chancengleich, da sich diese Ausbildung nicht jeder leisten kann.“ Sie kündigte an, dass sich der MB mit der Entwicklung der privaten Medical Schools beschäftigen werde.

Johna zeigte sich zudem besorgt über die weiter sinkende Zahl von Ärzte, die im ÖGD arbeiten. Jungen Kolle­ginnen und Kollegen sei dieses wichtige Fach derzeit kaum zu vermitteln, aber die Belegschaft dort werde auch immer älter und weniger, so Johna. Einige Delegierten kritisierten ebenfalls, dass die ärztlichen Tätig­keiten im ÖGD immer weiter ausgehöhlt werden. Zudem würde die Leitung der Gesundheitsämter zunehmend von Nicht-Ärzten besetzt. © cmk/aerzteblatt.de

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