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Politik

Erster Gesetzentwurf für stationäre Tagesbehandlungen liegt vor

Montag, 7. November 2022

/upixa, stock.adobe.com

Berlin – Wenn es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht, dann sollten bereits ab Januar 2023 sogenannte tagesstationäre Behandlungen in den Krankenhäusern möglich sein. Sie entsprechen einem vollstationären Aufenthalt, aber die Patienten könnten nachts nach Hause gehen. Das soll kurzfristig Geld ein­sparen und Personal entlasten.

Die Regierungskommission, die derzeit Konzepte zur Reformierung des Krankenhaussystems erarbeitet, hatte Ende September Empfehlungen zur Einführung der Tagesbehandlungen in den Kliniken vorgelegt.

Schätzungsweise ein Viertel aller vollstationären Behandlungen könnten künftig als tagesstationäre Leistung erbracht werden, lautete die Prognose der Kommission. Der Vorschlag stößt allerdings auf viel Kritik.

Um dieses Vorhaben nun in einen Gesetzestext zu gießen, gibt es nun einen aktuellen Ände­rungs­antrag der Bundestagsfraktionen SPD, Grüne und FDP zur Anpassung des Krankenhaus­pflegeentlas­tungs­gesetzes, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Am kommenden Mittwoch findet eine entsprechende öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages statt.

Für die rechtliche Verankerung der tagesstationären Behandlungen soll Paragraf 39 Absatz 1 des Sozialge­setz­buchs (SGB) V angepasst werden. Der Änderungsantrag sieht vor, dass neben den bisherigen vollstatio­nären, teilstationären oder stationsäquivalenten Krankenhausbehandlungen künftig eben auch tagesstatio­näre Behandlungen möglich sein sollen. Versicherte sollen demnach genau wie auf vollstationäre auch An­spruch auf tagesstationäre Behandlungen haben.

Im SGB V soll damit gesetzlich geregelt werden, dass die tagesstationäre Behandlung eine tägliche mindes­tens sechsstündige ärztliche oder pflegerische Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus umfasst. Diese Mindestangabe von sechs Stunden war bereits in einem Eckpunktepapier des Bundesgesundheits­minis­teriums (BMG) Ende Oktober angekündigt worden.

Für die konkreten Details soll zudem ein neuer Paragraf, der Paragraf 115e im SGB V, geschaffen werden.

„Zugelassene Krankenhäuser können in medizinisch geeigneten Fällen, wenn eine Indikation für eine statio­näre somatische Behandlung vorliegt, mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten anstelle einer voll­stationären Behandlung eine tagesstationäre Behandlung mit einer täglich mindestens sechsstündigen ärzt­lichen oder pflegerischen Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus erbringen“, heißt es darin.

Krankenhäuser müssen trotzdem Personal und Betten nachts bereithalten

Krankenhausträger müssen laut Gesetzentwurf sicherstellen, die „notwendigen Leistungen“ der Tagesbehand­lungen bei Bedarf jederzeit zur Verfügung stellen können. Damit ist laut Begründung des Gesetzentwurfs ge­meint, dass bei Komplikationen erforderliche Ärztinnen und Ärzte aber auch nichtärztliches Gesundheitsper­sonal sowie Bettenkapazitäten auch nachts zur Verfügung stehen.

Ambulante Leistungen, wie etwa Behandlungen nach dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen (AOP-Katalog), eintägige Behandlungen ohne Einweisung und Behandlungen in der Notaufnahme einer Klinik aber auch belegärztliche Leistungen können nicht als tagesstationäre Behandlungen erbracht werden.

Weiter fallen ambulante Leistungen, die etwa in Hochschulambulanzen, geriatrischen Institutsambulanzen oder sozialpädiatrische Zentren erbracht werden, aus den Tagesbehandlungen heraus.

Auch für Patienten, die häusliche Krankenpflege erhalten, können die neuen Tagesbehandlungen nicht abge­rechnet werden. Allerdings bestehe laut Begründung des Entwurfs nach wie vor der Vorrang ambulanter Be­handlungen in allen Fällen, in den der EBM (Einheitliche Bewertungsmaßstab) Abrechnungsmöglichkeiten für die Behandlung von mehr als sechs Stunden vorsieht.

Vorgesehen ist mit dem Gesetz auch, ab Januar 2023 eine spezielle sektorengleiche Vergütung einzuführen. Diese soll für die Leistungen des Katalogs gelten, die bislang überwiegend stationär er­bracht und abgerech­net wordn sind. Das Bundesministerium für Gesundheit soll die Details selbst via Rechtsverordnung ohne Zu­stimmung des Bundesrates regeln. GKV-Spitzenverband, DKG und KBV berichten bis April 2024 über Ausmaß und Auswirkungen der speziellen sektorengleichen Vergütung.

Ab dem Zeitpunkt der ersten Aufnahme besteht den Plänen zufolge zudem kein Anspruch auf Fahrkosten, außer es handele sich um eine Rettungsfahrt, heißt es weiter. Das Krankenhaus ist verpflichtet, Patienten entsprechend zu informie­ren.

Geplantes Abrechnungssystem folgt Expertenempfehlungen

Die Abrechnung der Tagesbehandlungen soll auf Grundlage des Krankenhausentgeltgesetzes abgerechnet werden mit abrechenbaren Entgelten, die für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu kalkulieren sind. Wer tagesstationär behandelt wird, aber über Nacht nach Hause geht, für den werden pro Nacht nicht anfall­ende Übernachtungskosten von den für den Aufenthalt berechneten Entgelten abgezogen.

Für die nicht anfallenden Übernachtungskosten soll das Relativgewicht (Bewertungsrelation) der DRG pau­schal um 0,04 pro entfallender Nacht gemindert werden. Der Abzug darf einen Anteil von 30 Prozent der Kosten für den gesamten Aufenthalt aber nicht überschreiten.

Dieses Abrechnungssystem hatte die Regierungskommission Krankenhaus exakt so empfohlen. Deren Vor­sit­zender Tom Bschor erklärte Ende September, dass diese Minderung pro Nacht durchschnittlich 140 bis 150 Euro entsprechen werde.

Um zu vermeiden, dass aus wirtschaftlichen Gründen Übernachtungen im Krankenhaus infrage gestellt wer­den, darf der medizinische Dienst die Notwendigkeit von Übernachtungen im Krankenhaus laut Gesetzestext nicht überprüfen.

Auch soziale Faktoren spielen wichtige Rolle bei Entscheidung

In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es weiter, dass die Entscheidung, ob im Einzelfall eine tages­stationäre Behandlung infrage kommt, insbesondere aufgrund medizinischer Gesichtspunkte getroffen wer­den soll. Für große, komplexe oder risikoreiche Behandlungen werde eine tagesstationäre Behandlung von vorneherein regelhaft nicht in Betracht kommen.

Allerdings müsse das Krankenhaus bei der Entscheidung auch die soziale, insbesondere häusliche Versor­gungssituation der Patienten berücksichtigen. „Patientinnen oder Patienten, bei denen die erforderliche häus­liche Versorgung über Nacht nicht sichergestellt ist, werden daher nicht tagesstationär behandelt werden können.“

Entscheide sich das Krankenhaus in medizinisch nicht geeigneten Fällen für die Erbringung von tagessta­tionä­ren Behandlungen, hafte es für entsprechend entstandener Schäden der Patienten in gleicher Weise, wie wenn es die Behandlung ambulant oder teilstationär erbringe, obwohl eine vollstationäre Behandlung erforderlich gewesen wäre.

Der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und die Deutsche Kranken­hausgesellschaft (DKG) sollen laut Gesetzentwurf bis 30 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes die Anforde­rungen an die Dokumentation festlegen. Dokumentiert werden müsse die Diagnose, die Krankenhausbe­handlungsbedürf­tig­keit, die tägliche Behandlungsdauer sowie die Inhalte der Behandlung.

Das geplante Gesetz soll zudem innerhalb eines gewissen Zeitraums evaluiert werden. Die PKV, der GKV-SV und die DKG sollen hierfür verpflichtet werden, bis ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes dem BMG einen Bericht über „das Ausmaß und die Auswirkungen der tagesstationären Behandlung auf die Versorgung der Patien­tinnen und Patienten einschließlich der finanziellen Auswirkungen“ vorzulegen. © cmk/aerzteblatt.de

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