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Politik

Experten plädieren für Änderungen am Krankenhauspflege­entlastungsgesetz

Mittwoch, 9. November 2022

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Berlin – Bei einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages haben Fachleute heute Ände­rungen am Entwurf des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes gefordert.

Ursprünglich sollte in dem Gesetz mit der Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) ein Instrument zur Messung des Pflegebedarfs im Krankenhaus eingeführt werden.

Nun ist vorgesehen, über Änderungsanträge zudem die Vorschläge der Regierungskommission zur Vorberei­tung einer Krankenhausreform umzusetzen, die eine bes­sere finanzielle Ausstattung von Pädiatrie und Ge­burtshilfe vorsehen sowie die Einführung sogenannter Tagesbehandlungen im Krankenhaus.

„Wir sind natürlich froh, dass in der Politik erkannt wurde, dass Kinderkliniken in den letzten Jahren nicht ad­äquat finanziert wurden“, erklärte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugend­medizin (DGKJ), Burkhard Rodeck, vor dem Ausschuss.

Mit dem Gesetz sollen die Erlösvolumen für pädiatrische Fälle in den Jahren 2023 und 2024 um jeweils 270 Millionen Euro angehoben werden. Rodeck kritisierte, dass die Pädiatrie bei diesem Modell im System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) verbleibe, das sich an den Fallzahlen in der Pädiatrie orientiere. Das System sei jedoch nicht dazu geeignet, um die hohen Vorhaltekosten in der Pädiatrie zu finanzieren.

Zudem kritisierte Rodeck, dass die Gelder nicht explizit den Kinderkliniken zur Verfügung gestellt werden sollen, sondern allen Krankenhäuser, die Kinder behandeln. Die Kosten, die in den Kinderkliniken anfallen, würden dabei nicht adäquat berücksichtigt.

GKV-Spitzenverband: Bund soll Förderung der Geburtshilfe bezahlen

Die Geburtshilfe soll in den Jahren 2023 und 2024 mit jeweils 108 Millionen Euro unterstützt werden. Die zu fördernden Standorte sowie die Höhe der Förderung sollen die Bundesländer auf der Grundlage noch festzu­legender Kriterien bestimmen.

Die Beträge sollen nach dem Königsteiner Schlüssel an die Länder verteilt werden. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, begrüßte dieses Vorhaben als für einen Über­gangs­zeitraum grundsätzlich gangbaren Weg.

Er schlug allerdings vor, die Förderbeträge statt über den Königsteiner Schlüssel über die Zahl der Geburten in den einzelnen Ländern zu verteilen. Positiv bewertete er, dass Leitplanken für die Auszahlung der Beträge definiert werden sollen, damit das Geld nicht nach Belieben verteilt werde.

Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand des GKV-Spitzenverbands, verwies darauf, dass es sich bei den Zahlungen um eine Zwischenlösung handle, eine bessere Finanzierung von Pädiatrie und Geburtshilfe jedoch auch nach 2024 notwendig sei. Insofern bedürfe es nachhaltiger Lösungen.

Derzeit ist vorgesehen, die Mittel aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zu nehmen. Stoff-Ahnis kritisierte, dass dadurch Versichertengelder für die Finanzierung der Daseinsvorsorge verwendet würden, die aber Sache von Bund und Ländern sei. Insofern forderte sie einen Bundeszuschuss zum Ausgleich.

G-BA: Vorgaben zu Tagesbehandlungen sind zu unbestimmt

In das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz soll auch der Vorschlag der Regierungskommission aufgenom­men werden, tagesstationäre Behandlungen in das SGB V aufzunehmen.

„Zugelassene Krankenhäuser können in medizinisch geeigneten Fällen, wenn eine Indikation für eine stationäre somatische Behandlung vorliegt, mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten anstelle einer voll-stationären Behandlung eine tagesstationäre Behandlung mit einer täglich mindestens sechsstündigen ärztlichen oder pflegerischen Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus erbringen“, heißt es dazu in einem Änderungsantrag.

Ziel dieser Regelung ist es, sowohl die Pflegenden zu entlasten, da die betroffenen Patienten zu Hause über­nachten, als auch Geld einzusparen, da tagesstationäre Leistungen geringer vergütet werden als vollstatio­näre.

Die unparteiischen Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kritisierten in ihrer Stellung­nah­me die Ausgestaltung dieses Vorhabens. „Die Voraussetzungen für eine Tagesbehandlung sind so unbestimmt, dass mit einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten über deren Vorliegen im Einzelfall zu rechnen ist“, heißt es darin.

Das maßgebliche Kriterium „mindestens sechsstündige ärztliche oder pflegerische Behandlung“ erscheine zwar gut handhabbar, werde aber in Praxis und Rechtsprechung zu Unsicherheiten und Verwerfungen führen. Angesichts dieser Unsicherheiten würden Krankenhäuser womöglich den pflegerischen Aufwand erhöhen – was der gesetzlichen Intention widerspreche.

In Fehlbelegungsprüfungen werde vom Krankenhaus zu begründen und im Zweifelsfalle zu belegen sein, warum überhaupt eine Indikation für eine „stationäre somatische Behandlung“ vorgelegen habe und warum andere vollstationäre Fälle nicht ebenfalls in tagesstationäre Behandlungen umgewandelt wurden. „Zur Ver­meidung dieser Unsicherheiten braucht es weitere Konkretisierungen von Kriterien und Verfahren“, fordern die unparteiischen Mitglieder des G-BA.

Hohe haftungsrechtliche Risiken

„Auch die Entscheidung des Krankenhauses, die Patientin oder den Patienten nicht über Nacht zu versorgen, dürfte regelmäßig mit so hohen haftungsrechtlichen Risiken verbunden sein, dass die gesetzlichen Entlas­tungszwecke nicht oder nur kaum erreicht werden“, heißt es weiter in der Stellungnahme.

„Zu Recht weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass bei Patientinnen oder Patienten, bei denen die erforderliche häusliche Versorgung über Nacht nicht sichergestellt ist, keine tagesstationäre Behandlung erfolgen kann.“

Daraus folge aber auch die Notwendigkeit, dass das Krankenhaus sich ein Bild über die häusliche Versor­gungs­lage verschaffen müsse, was in der Praxis nur durch die Angaben der Patienten erfolgen könne. In der Stellungnahme wird vorgeschlagen, durch Ergänzung im Gesetz oder durch eine Rechtsverordnung eine Konkretisierung der Voraussetzungen und des Verfahrens zur Einschätzung der Krankenhaustagesbehandlung vorzusehen.

DKG: Festgestellter Pflegepersonalbedarf muss refinanziert werden

Mit der Pflegepersonalregelung 2.0 soll der Pflegebedarf im Krankenhaus zunächst gemessen werden, bevor die Krankenhäuser dazu verpflichtet werden sollen, das fehlende Personal aufzubauen. Gelingt dies nicht bis zum Jahr 2025, sollen sie finanziell sanktioniert werden.

Kritik an der Einführung der PPR 2.0 entzündete sich daran, dass das Bundesgesundheitsministerium hin­sicht­lich des Konzepts zur Erprobung zunächst ein Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium herstellen muss.

„Das ist für uns ein überraschender Passus“, sagte Gaß vor dem Gesundheitsausschuss. „Er lässt bei uns die Sorgen aufkommen, dass ein einmal festgestellter Pflegepersonalbedarf möglicherweise nicht vollständig refinanziert wird. Das wäre hochproblematisch, da sich alle darauf verlassen, dass ein objektiv gemessener Bedarf dann auch bezahlt wird.“

Kritik an Sanktionen

Bernhard Krautz von der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) kritisierte, dass Krankenhäuser sank­tioniert werden sollen, die bedarfsnotwendige Stellen nicht besetzen können. „Warum sollten Krankenhäuser offene Pflegestellen nicht besetzen, die über das Pflegebudget refinanziert werden?“, fragte er.

Die Ursache, Stellen nicht zu besetzen, sei der Pflegemangel, den die Krankenhäuser nicht alleine zu verant­worten hätten. Es wäre also unsachgemäß, ein Krankenhaus zu bestrafen, dass Stellen nicht besetzen kann.

Gleiches gelte für Sanktionen infolge von Meldefehlern. „Jedem, der weiß, wie komplex die Meldeverfahren sind, ist klar, dass dabei Fehler passieren können“, sagte Krautz. „Ich würde keinem Krankenhaus unterstellen, absichtlich Fehler bei der Meldung zu machen. Also ist es auch unangemessen, sie dafür zu bestrafen.“

Pflegerat: PPR 2.0 schneller einführen

Sandra Mehmecke vom Deutschen Pflegerat (DPR) forderte, dass die Einführung der PPR 2.0 deutlich schnell­er erfolgen solle, als im Gesetzentwurf vorgesehen. Bislang soll eine Erprobungsphase in ausgewählten Kran­kenhäusern zum 1. Januar 2023 starten. Das bundesweite Roll-out ist für 2024 vorgesehen und die Sanktio­nierung für 2025.

„Die PPR 2.0 kann aus unserer Sicht sofort eingesetzt werden“, sagte Mehmecke. „Denn sie wurde bereits erprobt.“ Die Regierung habe Ende 2021 eine kurzfristige Einführung versprochen, um die Pflege zu entlasten. Die Pflegenden in Deutschland warteten darauf. © fos/aerzteblatt.de

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