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Politik

Selbstverwaltung sieht geplante Krankenhausreform kritisch

Donnerstag, 10. November 2022

/picture alliance, Waltraud Grubitzsch

Berlin – Die geplante Krankenhausreform darf nicht von den anderen Sektoren separiert gedacht werden. Das hat Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbands, gestern Abend bei einer Veranstaltung der Innungskrankenkassen betont.

Es sei zudem wichtig, bei der Reform nicht nur auf die Angebotsseite zu schauen, sondern auch die Nachfrage zu klären. Nur so könne eine bedarfsgerechte Versorgung sichergestellt werden, sagte sie.

Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), bekräftigte, dass die wirt­schaftliche Lage der Krankenhäuser „noch nie so problematisch und brisant“ gewesen sei wie zurzeit.

Viele Faktoren wie etwa die Energiekrise, Inflation aber auch der Rückgang von COVID-19-Fallzahlen und damit auch der Rückgang von Einnahmen sowie der Fachkräftemangel schränke die Krankenhäuser derzeit in ihrer Leistungsfähigkeit ein.

Großer Frust gegenüber der Politik

„Die Stimmung ist absolut am Boden. Der Frust gegenüber der Politik ist riesengroß“, sagte Gaß. Nach Um­fragen, die die DKG regelmäßig durchführe, hätten zurzeit Null Prozent der Krankenhäuser Vertrauen in die Politik, dass die anstehenden Probleme gelöst werden.

Gaß kritisierte außerdem die fehlende Mitsprache der Selbstverwaltung und der Gesundheits­akteure bei der Krankenhausreform. Die Expertenkommission Krankenhaus setze sich hinter verschlossenen Türen zusammen und rede mit niemandem, kritisierte er. Auf Basis dieser Arbeit könne eine künftige Reform die bestehenden Probleme nicht lösen.

Auch Stoff-Ahnis kritisierte die Vorgehensweise der Bundesregierung. Die Expertenkommission sei eher mit Universitätsklinikern, aber nicht mit den richtigen Partnern besetzt, so Stoff-Ahnis. Dass die Selbst­verwaltung und der GKV-Spitzenverband hier ausgeschlossen werde, könne sie nicht nachvollziehen.

Zudem plädierte sie dafür, das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) nicht zu überwinden, so wie Lauterbach es angekündigt habe, sondern weiterzuentwickeln und mit einer Vorhaltefinanzierung ent­spre­chend zu ergänzen.

Der Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg brachte zudem den Vorschlag an, dass die Finanzierung der DRG auch geografische Charakteristika stärker berücksichtigen könnte, wie etwa in England. Dies würde für eine höhere Fairness für Krankenhäuser etwa in urbanen Regionen sorgen.

Mehr regionale Gesundheitszentren notwendig

Aber auch die Anpassung der DRG an Versorgungsstufen, also eine höhere Vergütung für Maximalversorger oder Universitätskliniken, könnte für mehr Fairness sorgen. Dies werde in Österreich so gehandhabt. Zudem müssten Vergütungspauschalen für sektorengleiche Leistungen stärker bedacht werden, um Personal effekti­ver einzusetzen.

Wichtig sei Schreyögg zufolge, dass hinsichtlich einer Reform deutlich über die stationäre Versorgung hinaus­gedacht werden müsse. Neben der Spezialisierung der Krankenhäuser müssten künftig auch mehr regionale Gesundheitszentren in der Fläche aufgebaut werden.

Hier sollte es jeweils ein ambulantes OP-Zentrum, Kurzliegestationen für Beobachtungsfälle und die Möglich­keit der Kurzzeitpflege nach größeren Eingriffen geben. „Die gesetzliche Grundlage hierfür muss geschaffen werden“, so Schreyögg.

Schmerzbehandlungen und multi-modale Therapien kommen für Tagesbehandlungen infrage

Auch das Thema der geplanten Tagesbehandlungen in den Krankenhäusern wurde umstritten diskutiert. Der Bundestagsabgeordnete Armin Grau (Grüne) erklärte, dass die Reformdiskussion mit dem Vorschlag der ge­planten tagesstationären Behandlungen ein gutes Stück vorangekommen sei.

Es gebe viele Patienten, die das Krankenhaus und ihre Leistungen brauchten, aber nicht unbedingt das Bett. Für diese seien die tagesstationären Behandlungen sinnvoll. Wichtig sei aber auch, die Bedürfnisse der Be­schäftigten zu berücksichtigen und bei der anstehenden Krankenhausreform unbedingt auch die Arbeitsbe­dingungen zu verbessern, so Grau.

Laut Stoff-Ahnis könnten viele Hybrid-DRG, die bislang rein als stationäre Leistungen erbracht werden, künf­tig auch für die tagesstationären Behandlungen infrage kommen. Multi-modale Komplextherapien, in denen bestimmte Strukturen wie etwa in einem Krankenhaus und damit verschiedene Geräte und Diagnostiken benötigt würden, aber Patienten nicht zwingend im Krankenhaus übernachten müssten, könnten etwa künftig tagesstationär erbracht werden. Aber auch in der Schmerztherapie oder gerade auch bei Untersuchungen für Kinder gebe es viele Fälle, die hierfür infrage kämen.

Bei den Ländern stoßen die geplanten Tagesbehandlungen auf wenig Begeisterung. Manja Rügen, Leiterin des Referats „Krankenhauswesen“ im sächsischen Sozialministerium, bezweifelte im Rahmen der Veranstaltung, ob die tagesstationären Behandlungen einen Beitrag zur Ambulantisierung darstellen sollen. In Ihren Augen sei das kein Beitrag, sondern die Neuschaffung einer Versorgungsform, die der geplanten Ambulantisierung tendenziell eher im Weg stehen würde. © cmk/aerzteblatt.de

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