Vermischtes
Menschen wollen intensivere Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Sterben
Dienstag, 22. November 2022
Berlin – Obwohl die Palliativmedizin in den vergangenen zehn Jahren eine beeindruckende Entwicklung genommen hat und die Themen Tod und Sterben längst nicht mehr so tabuisiert werden, wünscht sich die Mehrheit der Menschen in Deutschland eine intensivere Auseinandersetzung damit.
Dies zeigte die repräsentative Bevölkerungsbefragung „Sterben in Deutschland – Wissen und Einstellungen zum Sterben“, die der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) nach 2012 und 2017 zum dritten Mal in Auftrag gegeben hatte und deren Ergebnisse heute in Berlin präsentierte.
Trotz der laufenden Debatte um eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe in Deutschland sind 60 Prozent der etwa 1.000 durch die Forschungsgruppe Wahlen befragten Erwachsenen der Meinung, dass sich unsere Gesellschaft zu wenig mit Sterben und Tod befasst.
Ein Indiz für den anhaltenden Wunsch nach einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesen existentiellen Themen sei die unverändert hohe Zahl der Menschen, die nach eigenen Angaben eine Patientenverfügung haben (2022: 45 Prozent; 2017: 43 Prozent; 2012 26 Prozent), sagte Matthias Jung, Geschäftsführer der Forschungsgruppe Wahlen.
Bei vielen Fragen und Antworten der Umfrage könne man im Laufe der Jahre eine relative Konstanz feststellen, sagte Jung. Auffällig sei jedoch, dass sich mittlerweile fast jeder dritte Mensch in Deutschland (29 Prozent) darum sorge, am Ende des Lebens anderen zur Last zu fallen. Vor fünf Jahren waren dies nur 22 Prozent. Das müsse der Gesellschaft zu denken geben, vor allem vor dem Hintergrund der anhaltenden gesellschaftlichen und politischen Diskussionen um die gesetzliche Neuregelung der Suizidbeihilfe, meint der DHPV.
Leicht rückläufig sind hingegen beim Gedanken an das eigene Sterben die Angst vor Schmerzen und die Angst, der Apparatemedizin hilflos ausgeliefert zu sein (jeweils 32 Prozent der Befragten). Der DHPV sieht dies im Zusammenhang mit der steigenden Zahl derer, die mittlerweile wissen, was Begriffe wie Hospiz und Palliativ bedeuten. Während vor zehn Jahren nur 66 Prozent der Befragten die richtige Bedeutung von „Hospiz“ kannten, sind es jetzt 75 Prozent.
Zudem wird der Befragung zufolge das Sterben in einer Einrichtung der Sterbebegleitung als würdevoll empfunden, 21 Prozent der befragten Menschen möchten in einer solchen Einrichtung sterben. Jeder zweite gab an, zu Hause sterben zu wollen, kaum jemand nannte bei der Befragung in diesem Jahr das Krankenhaus (drei Prozent) oder das Pflegeheim (ein Prozent) als bevorzugten Sterbeort. „In der Realität sieht das ganz anders aus, da stirbt weit mehr als die Hälfte der Menschen in einer dieser beiden Institutionen“, erläuterte allerdings Benno Bolze, Geschäftsführer des DHPV.
Die zentrale Rolle bei allen Fragen rund um Hospiz- und Palliativangebote nimmt nach wie vor die Hausärztin oder der Hausarzt ein. So würden sich 25 Prozent der Befragten bei der Suche nach einem Platz in einer Hospizeinrichtung an ihren Hausarzt wenden. Damit machen die Hausärztinnen und Hausärzte die bei weitem größte Gruppe der möglichen Berater aus.
Viele Menschen suchen aber auch zunehmend im Internet nach solchen Angeboten: während dies vor zehn Jahren nur 13 Prozent angeben, waren es in diesem Jahr 22 Prozent. An „Pfarrer/Kirche“ würde sich dagegen jetzt nur noch jeder zwanzigste (fünf Prozent) wenden. Die Zahl hat sich damit seit der ersten Befragung vor zehn Jahren mehr als halbiert. Noch stärker ist in der Umfrage nur der Rückgang der Information über den Sozialdienst von 13 auf 4 Prozent.
Dass es eine Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland gibt, finden unverändert 96 Prozent aller Befragten wichtig oder sehr wichtig. Mit Blick auf die am kommenden Montag stattfindende Anhörung zur Sterbehilfe im Bundestag wies der DHPV deshalb heute nochmals eindringlich auf die Bedeutung der Suizidprävention und den weiteren Ausbau von Hospizarbeit und Palliativversorgung hin. © ER/aerzteblatt.de

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