Politik
Qualitätssicherung: G-BA will Dokumentationsaufwand reduzieren
Donnerstag, 24. November 2022
Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ermutigt, den bereits eingeschlagenen Weg der Reduzierung des Dokumentationsaufwands bei der Qualitätssicherung weiter zu beschreiten.
Der Dokumentationsaufwand bei der derzeitigen Qualitätssicherung sei vielfach Anlass zu Kritik, sagte der Minister heute auf der 13. Qualitätssicherungskonferenz des G-BA in Berlin. „Wir müssen uns fragen, wie wir diesen Aufwand reduzieren können.“
Als Optionen nannte Lauterbach Stichprobenprüfungen statt einer Vollerhebung oder die Nutzung von bereits vorliegenden Daten. Denn „Qualitätssicherung ist kein Selbstzweck“, betonte der Minister. „Mir ist bewusst, dass sich der G-BA hier auf den Weg gemacht hat. Ich möchte Sie bestärken, diesen Weg weiterzugehen.“
Auch die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) sprach sich dafür aus, den Dokumentationsaufwand bei der Qualitätssicherung zu reduzieren. Sie habe von Fällen gehört, bei denen Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte 50 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Dokumentation aufbringen müssten. „Stellen Sie sich das einmal in anderen Berufen vor“, sagte Behrens. „Das ist verrückt.“
Qualitätssicherung führe sich selbst ad absurdum, wenn ihretwegen im Krankenhaus nicht mehr ausreichend Zeit für die Patientenversorgung zur Verfügung stehe. Die Ministerin kündigte ein Modellprojekt in Niedersachsen an, bei dem sich das Landesgesundheitsministerium, die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassen des Landes Anfang des kommenden Jahres zusammensetzen wollen, um zu definieren, „welche Dokumentationen wir noch brauchen und welche wir nicht mehr brauchen“. Nur so könne auch die Fachkräfteproblematik gelöst werden.
Konzept wird bis Juli 2023 erarbeitet
Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA, betonte, dass der G-BA seine Aufgaben im Hinblick auf die Qualitätssicherung hinterfrage. Deshalb habe der Ausschuss im Mai dieses Jahres das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) damit beauftragt, in drei datengestützten Qualitätssicherungsverfahren zu prüfen, inwieweit sich der Dokumentationsaufwand reduzieren lasse.
Bei diesen Verfahren handelt es sich um die Perkutane Koronarintervention und Koronarangiographie, die Knieendoprothesenversorgung und die Versorgung mit Herzschrittmachern und implantierbaren Defibrillatoren.
Das IQTIG werde anhand von Musterverfahren ein wissenschaftliches Konzept dazu erstellen, wie der Dokumentationsaufwand reduziert werden könne, erklärte Maag. Dabei solle auch die Frage geklärt werden, inwieweit Stichproben zum Einsatz kommen oder Sozialdaten genutzt werden könnten.
„Unser Ziel ist es, den Aufwand für die Leistungserbringer zu reduzieren, ohne den Nutzen für die Patienten aus dem Blick zu verlieren“, sagte der Leiter des IQTIG, Claus-Dieter Heidecke, im Mai. „Wir können dies insbesondere dadurch erreichen, indem wir die händischen Dokumentationsaufwände für Kliniken und Ärzteschaft deutlich reduzieren und da, wo es möglich ist, auf bereits verfügbare Routinedaten zur Messung der Qualität zurückgreifen.“ Das IQTIG will dem G-BA seine Empfehlungen bis zum 19. Juli 2023 vorlegen.
Neu ist zudem, dass die Patientenperspektive in die Qualitätssicherung integriert werden soll, wie Maag erklärte. Seit August dieses Jahres werden im Auftrag des G-BA Fragebögen an Patientinnen und Patienten verschickt, die vor kurzem einen Herzkathetereingriff in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis erhalten haben.
Darin werden diese gebeten, über ihre Erfahrungen zu berichten. Diese Angaben fließen anonymisiert in das bereits bestehende Qualitätssicherungsverfahren des G-BA zu diagnostischen und therapeutischen Herzkathetereingriffen ein.
Maag berichtete, dass die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen zu berichten, von den Patientinnen und Patienten „ganz gut“ angenommen werde. Sie erklärte, dass Patientenbefragungen in fünf weiteren Qualitätssicherungsverfahren in Auftrag gegeben werden sollen.
Lauterbach befürwortete diese Entwicklung. „Der Start der ersten Patientenbefragung ist sehr erfreulich“, sagte er. In diese Richtung müsse sich die Qualitätssicherung weiterentwickeln. © fos/aerzteblatt.de

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