Ärzteschaft
Digitoxin-Lieferengpässe: Fachgesellschaft gibt Empfehlungen zu alternativen Behandlungskonzepten
Montag, 5. Dezember 2022
Düsseldorf – Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung (DGK) hat eine Handlungsempfehlung zu dem Umgang mit Digitoxin-Lieferengpässen herausgegeben. Das Digitalis-Glykosid wird zur Behandlung verschiedener Herzprobleme wie Vorhofflimmern und chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt.
„Nach neuestem Kenntnisstand gibt es fortdauernde Nachschubprobleme; die Firma Merck hat mitgeteilt, die Produktion von Digimerck komplett einzustellen“, informiert die Fachgesellschaft. Inwieweit Präparate anderer Hersteller verfügbar sein werden, sei aktuell nicht sicher zu beurteilen. Die neue Stellungnahme soll Ärztinnen und Ärzten daher eine konkrete Handlungsanweisung zum Beenden oder Ersetzen der Digitoxin-Medikation an die Hand geben. Sie ist in der Zeitschrift „Der Kardiologe“ erschienen und als Open Access verfügbar.
Zunächst sollten Ärztinnen und Ärzte die Indikation zur Digitalis-Therapie im Einzelfall überprüfen. Diese sei nur gegeben, wenn Digitoxin aufgrund von tachykardem Vorhofflimmern trotz Betablockern beziehungsweise bradykardisierenden Calciumantagonisten oder aufgrund von fortgeschrittener Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Funktion (NYHA II–IV) begonnen worden war. „Eine Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Funktion ohne tachykardes Vorhofflimmern stellt keine Indikation für Digitalis dar; Digitoxin kann und sollte hier ersatzlos abgesetzt werden“, heißt es in der Stellungnahme.
Als Alternative zu Digitoxin bei bestehender Indikation stehe Digoxin zur Verfügung. Bei der Umstellung sei aber zu beachten, dass die Halbwertszeit von Digitoxin mit rund sieben Tagen sehr lang sei, sodass zunächst eine Therapiepause von zwei bis drei Wochen erfolgen sollte, gegebenenfalls mit anschließender Spiegelbestimmung.
Digoxin werde deutlich mehr über die Niere eliminiert als Digitoxin, daher sei eher mit einer Überdosierung zu rechnen, insbesondere bei Verschlechterung der Nierenfunktion. „Es sollten häufigere Spiegelkontrollen erfolgen und bei Niereninsuffizienz niedrigere Dosierungen eingesetzt werden“, hieß es aus der Fachgesellschaft.
„Wir zeigen eine Vielzahl von Anwendungsfällen auf und geben umfassende Empfehlungen für den Einsatz verschiedener Medikamente“, sagte Johann Bauersachs, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Er gehört zur Expertenkommission der Fachgesellschaft, die den Leitfaden erarbeitet hat.
Das Dokument thematisiert auch, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Maße Betablocker beziehungsweise bradykardisierende Calciumantagonisten, ACE-Hemmer/ARNI, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten und SGLT2-Inhibitoren verwendet werden können. © hil/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

