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Medizin

Multiples Myelom: Weiterer bispezifischer Antikörper erzielt häufiger Remissionen

Dienstag, 13. Dezember 2022

/LASZLO, stock.adobe.com

New York – Der bispezifische Antikörper Talquetamab, der einen Kontakt zwischen den T-Zellen der Immun­abwehr und den malignen Plasmazellen des multiplen Myeloms herstellt, hat in einer Phase 1/2-Studie bei zwei Dritteln der mehrfach vorbehandelten Patienten eine Remission erzielt. Ergebnisse wurden auf der Jah­res­tagung der American Society of Hematology in New Orleans vorgestellt (Abstract 157) und im New Eng­land Journal of Medicine (2022; DOI: 10.1056/NEJMoa2204591) publiziert.

Im Gegensatz zu den natürlichen Antikörpern, die nur ein Antigen erkennen können, verfügen bispezifische Antikörper über 2 unterschiedliche Bindungsstellen. Dadurch können sie zu einer Brücke zwischen 2 Zellen werden. Wenn sie Abwehrzellen und Krebszellen zusammenbringen, kann dies die Immunabwehr verstärken.

Bispezifische Antikörper werden derzeit vor allem zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt. Zur Behandlung des multiplen Myeloms wurde mit Teclistamab (Tecvayli) kürzlich der erste bispezifische Anti­körper zugelassen. Mit Cevostamab, Elranatamab und Talquetamab sind 3 weitere in der klinischen Entwick­lung.

Bei Talquetamab bindet ein „Arm“ des Antikörpers am CD3-Rezeptor der T-Zellen, der andere „Arm“ bindet an GPRC5D („G protein-coupled receptor, family C, group 5, member D). GPRC5D ist ein Oberflächenprotein von Plasmazellen. Talquetamab eignet sich deshalb zur Behandlung des multiplen Myeloms, einem Krebs der Plasmazellen.

In 2 Phase-1- und Phase-2-Studien wurden 288 Patienten behandelt. Die ersten Patienten erhielten Talque­ta­mab wöchentlich oder alle 2 Wochen als Infusion in verschiedenen Dosierungen. Spätere Patienten wurden auch subkutan in verschiedenen Dosierungen von Talquetamab behandelt. Die Intervalle betrugen 1 oder 2 Wochen oder 1 Monat.

Das primäre Ziel der Phase-1-Studie war die Prüfung der Verträglichkeit und die Ermittlung einer Dosis für die Phase-2-Studie, in der die Patienten nur noch subkutane Injektionen erhalten. In den beiden schließlich für die Phase-2-Studie empfohlenen subkutanen Dosierungen (wöchentlich 405 µg/kg Körpergewicht oder 800 µg/kg Körpergewicht alle 2 Wochen), war ein Zytokin-Freisetzungs-Syndrom (CRS) mit einer Häufigkeit von 77 % und 80 % die häufigste Nebenwirkung.

Das CRS ist eine bekannte Komplikation von Krebsimmuntherapien. Es ist die Folge der Freisetzung von Zyto­kinen aus den T-Zellen und anderen Leukozyten, die an der Krebsabwehr beteiligt sind. Ein CRS lässt sich heute in den meisten Fällen durch Kortikosteroide oder durch den Antikörper Tocilizumab gut behandeln.

Beide Medikamente kamen bei den Teilnehmern der Studie zum Einsatz. Ein CRS vom Grad 3 oder 4 trat nach den Angaben von Ajai Chari vom Tisch Cancer Institute in New York nur bei 1 der 74 Patienten auf, die die präferierte Dosierung erhielten (nach der intravenösen Gabe waren es noch 5 von 102 Patienten gewesen).

Die zweithäufigste Nebenwirkung betraf die Haut. Dies war erwartet worden, weil GPRC5D auch von den Kera­tinozyten gebildet wird. Nach der Behandlung mit Talquetamab kam es vor allem zu Störungen an den Finger- und Fußnägeln. Dazu gehörten Nagelbettstörungen, Verfärbungen, Dystrophien, Hypertrophie, Fur­chenbildungen, Onycholysen und Onychomadesis (Nagelablösungen). Sie sind für die Patienten unangenehm, aber nicht lebensbedrohlich.

Nur bei 1 der 74 subkutan behandelten Patienten wurden sie als Grad 3 eingestuft. Weitere Hautverän­derun­gen wie Dermatitis, erythematöser Hautausschlag, generalisierte exfoliative Dermatitis, makulopapulöser Haut­ausschlag und allgemeiner Hautausschlag traten auf. Sie wurden bei 7 von 74 als Grad 3/4 eingestuft, aber laut Chari musste nur ein Patient die Behandlung deshalb abbrechen.

Die für die Patienten am meisten bedrohliche Nebenwirkung war eine Neutropenie, die bei 32 von 74 Patien­ten als Grad 3/4 eingestuft wurden. Eine mögliche Folge von Neutropenien sind Infektionen, die in der Studie aber meist milde verliefen. Bei 2 Patienten kam es nach subkutaner Gabe zu opportunistischen Infektionen, einige Patienten erkrankten an COVID-19, Todesfälle gab es der Publikation zufolge aber nicht.

Alle Patienten waren vorbehandelt mit 2 bis 20 früheren Therapien: 79 % waren triple-refraktär: Sie hatten mindestens ein Proteasom-Inhibitor, mindestens 1 immunmodulatorisches Medikament und mindestens 1 Anti-CD38-Antikörper erhalten. Insgesamt 30 % waren penta-refraktär: Bei ihnen war es nach mindestens 2 Pro­te­asom-Inhibitoren, mindestens 2 immunmodulatorischen Medikamenten und mindestens 1 Anti-CD38-Anti­körper zu einen Rückfall gekommen oder sie hatten nicht auf die Behandlung angesprochen.

Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse beachtlich: Von Patienten, die Talquetamab in einer Dosis von 405 µg erhalten hatten, sprachen 70 % (95-%-Konfidenzintervall 51 % bis 85 %) auf die Behandlung an inklu­sive einiger Vollremissionen.

Bei den Patienten mit einer 800-µg-Dosierung betrug die Ansprechrate 64 % (48-78 %). Die mediane Dauer der Remissionen betrug 10,2 Monate beziehungsweise 7,8 Monate. Unter den Patienten, die die empfohlene Dosierung erhielten, waren übrigens auch 15 Patienten, bei denen zuvor eine CAR-T-Zelltherapie gescheitert war. Von diesen sprach jeder 2. auf die Behandlung mit Talquetamab an. © rme/aerzteblatt.de

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