Medizin
Tuberkulose: Auch eine Antibiotikaresilienz kann die Therapie erschweren
Mittwoch, 14. Dezember 2022
Boston – Die Antibiotikaresistenz ist nicht der einzige Grund für ein Versagen einer Tuberkulosebehandlung. US-Forscher beschreiben in Science (2022; DOI: 10.1126/science.abq2787) Mutationen in einem Gen, die die Erholung der Bakterien fördern, die einen Antibiotikaeinsatz zwischen den Einnahmen der Medikamente überlebt haben. Sie bezeichnen das Phänomen als Antibiotikaresilienz.
Antibiotika töten Bakterien ab, indem sie biologische Prozesse hemmen, die für das Überleben der Erreger unerlässlich sind. Die Bakterien wehren sich, indem sie die Antibiotika ausstossen, ihre Zellhülle abdichten, das Antibiotikum durch Enzyme abbauen oder indem sie die Zielstrukturen der Antibiotika verändern. Dies wird als Resistenz bezeichnet. Im Labor wird diese Fähigkeit durch die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MIC) bestimmt.
Die meisten Bakterien lassen sich, selbst wenn sie empfindlich für das Antibiotikum sind, nicht durch eine Einmalgabe abtöten. Bei der Tuberkulose sind in der Regel mehrere Monate bis zur Ausheilung notwendig. In dieser Zeit müssen die Patienten täglich mehrere Medikamente einnehmen. Für das Versagen der Therapie sind nicht nur Resistenzen verantwortlich, die den Wechsel der Tuberkulostatika erforderlich machen. In einigen Fällen scheinen die Erreger mit der Zeit eine gewisse Toleranz gegen die Antibiotika zu entwickeln, die als Resilienz bezeichnet wird.
Ein Team um Sarah Fortune von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston hat nun eine mögliche Ursache für die Resilienz entdeckt. Die Forscher haben die Genome von Mycobacterium tuberculosis aus 51.229 Isolaten mit den Behandlungsergebnissen in Beziehung gesetzt. Dabei stießen sie auf Mutanten im Gen RV1830, die eine schlechte Prognose begünstigen. Sie bezeichnen RV1830 deshalb als resR.
Dass es sich nicht um ein Resistenzgen handelt, zeigte sich darin, dass die Mutanten von resR die MIC der Bakterien nicht beeinflussten. Mit den gängigen MIC-Tests würde die Resilienz nicht erkannt. Die bakteriologischen Tests zeigten jedoch, dass die resR-Mutanten das Wachstum der Bakterien beschleunigten, wenn die Kulturen mit Antibiotika unterhalb der MIC inkubiert wurden. Normalerweise kommt es hier noch zu einer gewissen Hemmung des Bakterienwachstums. Dieser postantibiotische Effekt ist bei resilienten Bakterien verkürzt. In den Nährmedien bilden sich schnell größere Kolonien.
Das resR-Gen enthält die Information für einen Transkriptionsfaktor, der die Aktivität anderer Gene steuert. Die Forscher können zeigen, dass die Mutationen in resR die Aktivität von 3 Genen steigern, die an der Teilung und beim Aufbau neuer Bakterien beteiligt sind. In einem Experiment wurden die mit einem Fluoreszenzfarbstoff markierten Baustoffe für die Zellwand häufiger verwendet.
Die klinische Relevanz zeigte sich in einer Analyse der REMoxTB-Studie, die vor einigen Jahren untersucht hat, ob eine hochdosierte Moxifloxacin-basierte Therapie die Therapiezeit verkürzen kann. Bei 8 von 36 Patienten (22,2 %) mit einem Therapieversagen konnten die Forscher jetzt eine Mutation in resR oder einem der nachgeschalteten Gene nachweisen. Die Frequenz lag deutlich über der Hintergrundfrequenz in den Ländern (Südafrika 3,6 % und Thailand 5,4 %), in denen die Studie durchgeführt wurde.
Die Studie zeigt laut Fortune, dass bei der Tuberkulose neben der Resistenz auch die Resilienz der Bakterien am Therapieversagen beteiligt sein könnte. Eine Möglichkeit, die Resilienz zu vermeiden, könnte nach Ansicht der Forscherin in einer häufigeren Einnahme der Wirkstoffe bestehen. Dadurch würde die Zeit verkürzt, in der sich die Bakterien von der Einwirkung der Antibiotika erholen. Auch eine konsequente Einnahme der Tabletten könnte vermutlich helfen. Die Adhärenz ist aufgrund der langen Therapiezeiten bei der Tuberkulose häufig gering. © rme/aerzteblatt.de
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