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Ärzteschaft

Verbände fordern gesündere Speisen in Krankenhäusern

Freitag, 16. Dezember 2022

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Berlin – Vertreter von Ärzte- und Wissenschaft haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) in einem Offenen Brief aufgefordert, sich für eine gesündere Ernährung der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus einzusetzen.

„Die aktuelle deutsche Krankenhausernährung ist in der Regel nicht gesundheitsfördernd und nachteilig für Menschen, Tiere und Umwelt“, heißt es in dem Brief. Sie stehe damit im Widerspruch zum Präventions- und Heilungsauftrag der Krankenhäuser.

„Aufgrund ihres Genesungs- und Präventionsauftrags sollte jedes Krankenhaus in Deutschland den Anspruch haben, eine Vorbildfunktion im Bereich gesundheitsförderlicher Ernährung einzunehmen“, heißt es weiter. „Parallel hierzu ist es laut § 1 der ärztlichen Berufsordnung die Aufgabe der deutschen Ärzteschaft, ‚an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken‘.“ Eine gesunde und ökologisch nachhaltige Ernährung spiele in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle.

Die aktuelle Verpflegung in den deutschen Krankenhäusern stehe in einem deutlichen Widerspruch zu diesen gesellschaftlichen und gesetzlichen Aufträgen. „Ein Großteil des in Kliniken ausgegebenen Essens ist sowohl nachteilig für die individuelle Gesundheit von Patientinnen, Patienten und Personal als auch für die planetare Gesundheit“, schreiben die Verfasserinnen und Verfasser des Briefes.

„Aus unserer Sicht ist dieses Thema von nationaler Tragweite und damit auch Aufgabe der Bundesregierung. Gesunde und nachhaltige Ernährung in Krankenhäusern in Deutschland muss deutlich an Stellenwert gewinnen, um sichtbare Beiträge zur medizinischen Behandlung und zu Klima- und Umweltschutz zu leisten.“

Die Verfasserinnen und Verfasser des Briefes fordern, dass verpflichtende Standards für eine vollwertige, pflanzenbetonte und nachhaltige Ernährung in Krankenhäusern etabliert werden. Gesundheitsförderliche Ernährung in Krankenhäusern müsse zudem ein wichtiges Thema der neuen nationalen Ernährungsstrategie sein. Und die Finanzierung der Ernährung im Krankenhaus im DRG-System bedürfe einer grundsätzlichen inhaltlichen und budgetären Verbesserung.

Krankenhausessen ist zu schlecht vergütet

Die aktuellen durchschnittlichen Ausgaben für die Krankenhausverpflegung lägen dem Deutschen Krankenhausinstitut zufolge bei 5,14 Euro pro Patient und Tag. Mit diesem Betrag müssten drei Hauptmahlzeiten – Frühstück, Mittag- und Abendessen – sowie Zwischenmahlzeiten finanziert werden.

„Dieser viel zu niedrige Betrag lässt keinerlei finanziellen Spielraum für die notwendige Erhöhung der Qualität von Speisen“, heißt es in dem Brief. Der Hauptgrund für diesen Notstand sei die Eingliederung der Ernährung in Krankenhäusern in das DRG-System. Ernährung falle dabei unter die sogenannten „Nicht-medizinischen Leistungen“ und stehe daher in Konkurrenz mit zwölf weiteren so klassifizierten Leistungen, unter anderem der Aus- und Fortbildung, der Wäscheversorgung und dem Controlling.

„Diese Eingliederung in das Abrechnungssystem ist auch aus wissenschaftlich-medizinischer und humanitärer Sicht falsch“, betonen die Verfasser des Briefes. „Durch die steigenden Personal- und Lebensmittelkosten sinkt der Wert des verfügbaren Betrags für die Ernährung kontinuierlich, sodass vor allem die Qualität der Ernährung in Krankenhäusern leidet.

Das Angebot einer gesundheitsförderlichen Ernährung ist keine nicht-medizinische Leistung, sondern im Gegenteil essenzieller Teil einer evidenzbasierten medizinischen Behandlung.“ Hier bestehe dringender Handlungsbedarf: Es müsse ein adäquates Budget für eine vollwertige pflanzenbetonte und klimafreundliche Ernährung ermittelt und implementiert werden. Hierfür sei im DRG-System eine entsprechend sichtbare und adäquate Vergütung zu etablieren.

Die Verfasserinnen und Verfasser des Offenen Briefs weisen darauf hin, dass viele Erkrankungen in fortgeschrittenen Krankheitsstadien häufig zu einer Mangelernährung führten. Von rund 20 Millionen Menschen, die jährlich in ein deutsches Krankenhaus eingeliefert werden, sei mindestens jeder Vierte bei der Aufnahme davon betroffen.

Bei onkologischen und geriatrischen Patientinnen und Patienten lägen diese Zahlen noch weitaus höher. „Dadurch haben diese Patientinnen und Patienten eine schlechtere Prognose als normal ernährte Patienten“, heißt es in dem Brief. „Dies führt wiederum zu längeren durchschnittlichen Krankenhausaufenthalten und deutlich höheren Kosten.“

Die Mangelernährung sei eine weitere ernährungsmedizinische und hochprävalente Erkrankung, der im deutschen Gesundheitswesen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde. „Vor diesem Hintergrund sollten in jedem Krankenhaus professionell ausgebildete Ernährungsteams etabliert werden und verpflichtende Screenings auf Mangelernährung bereits bei Aufnahme erfolgen“, fordern die Verfasserinnen und Verfasser des Briefes.

Gesunde Lebensmittel sind klimafreundlicher

Zudem weisen sie darauf hin, dass die Verpflegung für circa 17 Prozent der Klimawirkung eines Krankenhauses verantwortlich sei. Da bei der Produktion gesunder Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukten weniger Treibhausgase freiwerden als bei ungesunden Lebensmitteln wie Fleisch aus Massentierhaltung, sei eine Transformation der Speisenversorgung im Krankenhaus auch essenziell, um die Klimaziele des Gesundheitssektors einzuhalten – die vor kurzem von wichtigen Akteuren des Gesundheitswesens erstmals im Rahmen des Klimapakts Gesundheit formuliert wurden.

Die Verbände, die den Brief veröffentlicht haben, sind die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), die Physicians Association for Nutrition (PAN), die Universitätsmedizin Essen, die Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM), die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und die Stiftung Gesunde Erde Gesunde Menschen (GEGM). © fos/aerzteblatt.de

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