Medizin
Forscher finden die temperaturregulierenden Neurone im Gehirn
Mittwoch, 28. Dezember 2022
Nagoya – Japanische Forscher haben die Zellen identifiziert, die in der Area praeoptica der Gehirns die Körpertemperatur bei Säugetieren und damit vermutlich auch beim Menschen regulieren. Einzelheiten wurden jetzt in Science Advances (2022; DOI: 10.1126/sciadv.add5463) vorgestellt.
Die Area praeoptica befindet sich im vorderen Teil des Hypothalamus. Dass sie für die Thermoregulation zuständig ist, steht seit längerem fest. Auch die Regelmechanismen sind erforscht. Die Area praeoptica hemmt bei Hitzereizen die Wärmeproduktion im braunen Fettgewebe und erhöht die Wärmeabgabe durch eine Vasodilatation in den Hautgefäßen. Bei Kältereizen wird die Wärmeproduktion im Fettgewebe gesteigert und die Hautgefäße eng gestellt. Die gleiche Wirkung erzielt das bei Entzündungsreaktionen freigesetzte Prostaglandin E2. Das Ergebnis der gesteigerten Wärmeproduktion ist dann ein Anstieg der Körpertemperatur, auch als Fieber bekannt.
Welche Neuronen in der Area praeoptica für die Steuerung der Körpertemperatur zuständig sind, war bisher unbekannt. Nicht zuletzt wegen der Fieberreaktion auf Prostaglandin E2 galten Neuronen, die auf ihrer Oberfläche Rezeptoren für dem EP3-Subtyp von Prostaglandin haben, als mögliche Kandidaten. Die Experimente, die ein Team um Kazuhiro Nakamura von der Universität Nagoya an Ratten durchgeführt hat, bestätigen jetzt diese Vermutung.
Eine angenehme Umgebungstemperatur für Ratten liegt bei etwa 28 °C. Die Forscher setzten die Tiere über 2 Stunden einer kalten (4°C), normalen (24°C) und einer heißen (36 °C) Umgebung aus. Bei einer Temperatur von 36 °C wurde die Aktivität der EP3-Neuronen gesteigert, bei Temperaturen von 4 °C und 24 °C blieben sie weitgehend inaktiv.
Die EP3-Neuronen sind einmal mit dem dorsomedialen Hypothalamus (DMH) verbunden. Bei einer vermehrten Aktivität (sprich Hitze) setzen sie dort Gamma-Aminobuttersäure (GABA) frei, die zu den inhibitorischen Neurotransmittern im Gehirn gehört. GABA hemmt im DMH die Weiterleitung von Nervensignalen an das braune Fettgewebe. Dort wird daraufhin die Wärmeproduktion gedrosselt.
Eine zweite Gruppe von EP3-Neuronen ist mit den rostralen Raphe-Kernen in der Medulla oblongata verbunden. Hier werden durch Freisetzung von GABA präganglionäre sympathische Neurone gehemmt. Das Ergebnis ist eine Vasodilatation der Blutgefäße in der Haut. Die Wärmeabgabe ist dann gesteigert.
Bei einer Hemmung der EP3-Neuronen kam es zur entgegengesetzten Reaktion. Die Wärmeproduktion im Fettgewebe wurde gesteigert und die Wärmeabgabe in der Haut gedrosselt.
Die genaue Kenntnis der Thermoregulation könnte laut Nakamura zur Entwicklung neuer Therapien führen, die die Körpertemperatur künstlich verändern. Zu den möglichen Einsatzgebieten zählt eine milde therapeutische Hypothermie, die zur Behandlung der neonatalen Enzephalopathie eingesetzt wird. Eine künstliche Steigerung der Fettverbrennung könnte adipösen Menschen bei ihre Diät unterstützen. Noch ist allerdings unklar, wie ein solcher therapeutischer Eingriff in die Thermoregulation aussehen könnte. © rme/aerzteblatt.de
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