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Medizin

Kognition profitiert von intensiver körperlicher Aktivität

Dienstag, 7. Februar 2023

/smile, stock.adobe.com

London – Die jeden Tag mit körperlicher Aktivität im moderaten bis intensiven Bereich (MVPA) verbrachte Zeit ist bei Menschen mittleren Alters mit der kognitiven Leistungsfähigkeit verbunden. Das zeigt eine im Journal of Epidemiology & Community Health veröffentlichte Studie (2023; DOI: 10.1136/jech-2022-219829).

Dieser Aktivitätslevel scheint für das Arbeitsgedächtnis und kognitive Prozesse wie Planung und Organisation am besten zu sein. Die Forschenden rechnen vor: Nimmt man nur 6-7 Minuten MVPA am Tag weg und ersetzt sie durch leichte körperliche Aktivität oder Sitzen, geht dies bereits mit einer schlechteren kognitiven Leistung einher.

„Einige Studien haben MVPA bereits mit der Gesundheit in Zusammenhang gebracht, aber nur wenige von ihnen berücksichtigten dabei auch die mit Schlafen verbrachte Zeit, die einen beträchtlichen Teil eines jeden 24-Stunden Tages ausmacht“, schreiben Erstautor John J. Mitchell von der Abteilung Primary Care and Population Health am University College London, London, Vereinigtes Königreich, und seine Kollegen.

Seit der Geburt im Jahr 1970 nachbeobachtet

In ihre Studie schlossen sie Teilnehmer der 1970 British Cohort Study ein, die Menschen aus England, Schottland und Wales seit ihrer Geburt im Jahr 1970 nachbeobachtet. In den Jahren 2016-2018 hatten 8.581 Teilnehmende das Alter von 46-47 erreicht und wurden gebeten detaillierte Fragebögen zu Gesundheit, Hintergrund und Lebensstil auszufüllen. Außerdem trugen sie für bis zu 7 Tage über mindestens 10 Stunden am Tag einen Aktivitätstracker.

Darüber hinaus nahmen sie an verschiedenen Kognitionstests teil, die unter anderem das verbale Gedächtnis und die exekutive Funktion analysierten. Aus den bei den einzelnen Tests erreichten Scores ermittelten die Forschenden einen Gesamtscore für Gedächtnis und exekutive Funktion.

Wenig MVPA, viel Sitzen und Schlafen

Viele Personen mussten ausgeschlossen werden, da sie den Aktivitätstracker nicht ausreichend lange trugen oder die Fragebögen nicht vollständig ausfüllten. Letztlich konnten 4.481 Studienteilnehmende ausgewertet werden, davon etwas mehr als die Hälfte Frauen. Zwei Drittel von ihnen waren verheiratet und 43 % waren bis zum Alter von 18 Jahren zur Schule gegangen. Mehr als zwei Drittel tranken nur gelegentlich Alkohol und die Hälfte hatte nie geraucht.

Die Auswertung der Aktivitätsmesser zeigte, dass die Teilnehmenden im Schnitt auf 51 Minuten MVPA am Tag kamen. Leichte körperliche Aktivität machte 5 Stunden und 42 Minuten aus und die im Sitzen verbrachte Zeit belief sich auf 9 Stunden und 16 Minuten. Die mit Schlafen verbrachte Zeit machte im Schnitt 8 Stunden und 11 Minuten aus.

Positive Assoziation zwischen kognitiver Leistung und MVPA – aber auch Sitzen

Die mit MVPA verbrachte Zeit war im Vergleich zu anderen Aktivitätsarten positiv mit der kognitiven Leistung assoziiert – auch nach Berücksichtigung von Bildungsstand und körperlicher Aktivität am Arbeitsplatz. Wurden allerdings weitere Adjustierungen um gesundheitliche Probleme vorgenommen, schwächte dies die Assoziation.

Die im Sitzen verbrachte Zeit war im Vergleich zu Schlafen und leichter körperlicher Aktivität ebenfalls positiv mit der kognitiven Leistung assoziiert. Die Forschenden gehen davon aus, dass dieser Trend wahrscheinlich eher die Beschäftigung mit kognitiv stimulierenden Aktivitäten wie Lesen oder Arbeiten widerspiegelt als einen tatsächlichen Nutzen von passivem sitzendem Verhalten wie Fernsehen.

Speziell die exekutive Funktion scheint beeinflussbar zu sein

Für die exekutive Funktion seien die Assoziationen stärker ausgeprägt gewesen als für das Gedächtnis, er­gänzen Mitchell und seine Koautoren. Im Vergleich zum Durchschnitt aller Teilnehmenden verbrachten die­jenigen in der oberen Hälfte des kognitiven Gesamtscores mehr Zeit mit MVPA sowie Sitzen und weniger Zeit mit Schlafen. Die untersten 25 % auf dem kognitiven Gesamtscore verbrachten dagegen die meiste Zeit mit leichter körperlicher Aktivität.

Um die Assoziation zwischen Bewegung und Kognition besser verstehen zu können, stellten die Forschenden einige theoretische Berechnungen an. Dafür verteilten sie die Zeit neu auf die verschiedenen Aktivitätsarten – Minute für Minute –, um abzuschätzen, welchen Effekt dies auf die kognitive Leistung haben würde.

Wenige Minuten intensive Bewegung statt Sitzen haben bereits einen Effekt auf die Kognition

Es zeigte sich, dass der kognitive Gesamtscore anstieg, wenn MVPA andere Aktivitäten verdrängte. So führte es zum Beispiel bereits zu einer Verbesserung der kognitiven Leistung um 1,31 %, wenn 9 Minuten Sitzen durch MVPA ersetzt wurden – ein positiver Trend, der immer substanzieller wurde, je mehr die Forschenden die Zeit im Sitzen reduzierten.

In gleicher Weise kam es zu einer Verbesserung der kognitiven Leistung um 1,27 %, wenn leichte körperliche Aktivität durch MVPA ersetzt wurde. Auch sitzendes Verhalten sei günstig für den kognitiven Gesamtscore gewesen, so die Forschungsgruppe – aber erst wenn dadurch 37 Minuten leichte körperliche Aktivität oder 56 Minuten Schlaf ersetzt worden seien.

Wurden dagegen 8 Minuten MVPA durch Sitzen ersetzt, reduzierte sich der kognitive Gesamtscore um 1-2 %, der Effekt verstärkte sich mit abnehmendem MVPA zusehends. Auch MVPA durch 6 Minuten leichte körperli­che Aktivität oder 7 Minuten Schlaf zu ersetzen, war mit einem Abfall im kognitiven Ranking um 1-2 % ver­bunden – und auch hier nahm die Verschlechterung mit einem größeren Verlust an MVPA zu.

„MVPA macht den kleinesten Teil des Tages aus und ist die am schwersten zu erreichende Intensitätsstufe. Vielleicht liegt es teils daran, dass der Verlust jeglicher MVPA-Zeit einen schädlichen Effekt hat, selbst in dieser relativ aktiven Kohorte“, schreiben Mitchell und seine Kollegen.

Für den Erhalt der kognitiven Leistung sollte man häufiger ins Schwitzen kommen

Natürlich ist die Studie beobachtend und kann demzufolge keine Kausalität zeigen. Und die Forschungs­gruppe weist auf einige Limitationen hin: Aktivitätstracker liefern keinen Kontext für verschiedene Aktivitäts­arten. Und trotz einer großen Teilnehmerzahl waren People of Colour unterrepräsentiert, was die Verallge­meinerbarkeit der Ergebnisse eingeschränkt.

Sie schlussfolgern aber dennoch: „Diese robuste Methode untermauert, dass MVPA eine entscheidende Rolle für den Kognitionserhalt spielt und Anstrengungen unternommen werden sollten, diese Komponente der täglichen Aktivität zu stärken“. © nec/aerzteblatt.de

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