Politik
Klinische Studien: Bund lässt Fristverlängerung für fehlerhaftes EU-Portal prüfen
Dienstag, 24. Januar 2023
Berlin – Das EU-Portals „Clinical Trials Information System“ (CTIS) steht weiter wegen technischer Probleme in der Kritik. Die Bundesregierung hat deshalb die EU-Kommission gebeten, vorsorglich eine mögliche Verlängerung der Übergabefrist zu prüfen, wie aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag hervorgeht.
Am 31. Januar ist Stichtag: Ab dann müssen alle Anträge auf die Durchführung klinischer Arzneimittelstudien über das CTIS eingereicht werden. Doch das bereitet Experten Kopfzerbrechen, denn das Portal, das künftig die zentrale Anlaufstelle für alle klinischen Studien in der EU sowie die Drehscheibe der gesamten Kommunikation zwischen Antragstellern, Behörden und Ethik-Kommissionen sein soll, hat mehr als nur Startschwierigkeiten.
Ende November hatte sich eine Gruppe, der der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland (AKEK), die Verbände der Antragsteller von Arzneimittelprüfungen aus der universitären Forschung und der pharmazeutischen Industrie, der Medizinische Fakultätentag, der Verband Universitätsklinika sowie die Bundesärztekammer (BÄK) angehört, deshalb mit einer gemeinsamen Warnung an die Öffentlichkeit gewagt.
Die Beteiligten stellten darin „übereinstimmend fest, dass das CTIS-Portal auch nach zehn Monaten Praxis an gravierenden Mängeln leidet und für alle Beteiligten zu weiten Teilen nicht handhabbar ist“, wie es in dem Schreiben hieß. „Diese Mängel sind in den vergangenen Monaten nicht beseitigt worden, sondern haben zugenommen.“
Die Antragstellung für klinische Prüfungen und deren Bearbeitung durch die Ethik-Kommissionen sei damit massiv beeinträchtigt und nicht zu bewältigen. „Es besteht die greifbare Gefahr, dass die Dysfunktionalität des CTIS-Portals zu einer womöglich dauerhaften Abwanderung von Medikamentenerprobungen in andere Weltregionen führt“, erklärten die Verbände.
Der Bundesregierung seien diese Probleme bekannt, antwortete sie nun auf Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Grundsätzlich sei die Funktionsfähigkeit von CTIS allerdings gegeben – wenn auch mit Einschränkungen. Das System sei „derzeit noch verbesserungsbedürftig“.
Und es gebe in dem Fall derzeit Bewegung: Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seien in den vergangenen Wochen einige Fehler weitgehend behoben worden. Dadurch habe sich auch die Stabilität von CTIS deutlich verbessert.
So sei es aufgrund eines Systemfehlers in der Vergangenheit bei einigen Anträgen notwendig gewesen, Fristen zu verkürzen, um implizite Entscheidungen, die aufgrund des Fehlers aufgetreten wären, zu verhindern. Dieser Fehler sei nach Angaben der Europäische Arzneimittelagentur (EMA) grundsätzlich behoben worden.
Ein weiteres Problem, das insbesondere in Deutschland relevant sei, bestehe darin, dass Prüfstellen einer klinischen Studie, die – wie es typischerweise bei Einzelpraxen niedergelassener Ärzte der Fall ist – nicht im Handelsregister eingetragen sind, nicht bei „Organisation Management Service“ (OMS) eingetragen werden und daher auch nicht als Prüfstellen genehmigt werden können.
Dadurch entstehe ein Versorgungsnachteil für Patienten im ambulanten Sektor, so die Union. Allerdings, wendet die Bundesregierung ein, sei dieser Fehler nach EMA-Angaben bereits Anfang Dezember behoben worden.
Sie gehe davon aus, dass Kommission und EMA alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden, „um die volle Funktionsfähigkeit von CTIS schnellstmöglich herzustellen“, schreibt die Bundesregierung. Sie habe die Kommission deshalb gebeten, dies sicherzustellen und darüber hinaus vorsorglich die Notwendigkeit einer Verlängerung der Übergangsfrist sowie konkrete Maßnahmen dafür zu prüfen.
Die EMA sei bereits Ende Dezember tätig geworden und habe den Behördenleitungen der Mitgliedstaten (HMA) einen Risk Mitigation Plan vorgelegt, der alternative Arbeitsabläufe für verschiedene technische Probleme im Informationssystem umfasst. In den vergangenen Wochen habe sie ihre finanziellen und personellen Ressourcen in diesem Bereich „noch einmal deutlich aufgestockt“. © lau/aerzteblatt.de

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