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Politik

Pharmaindustrie sieht Lieferengpässe in Preisdruck begründet

Donnerstag, 26. Januar 2023

/PhotoSG, stock.adobe.com

Berlin – Für Reformen, um Lieferengpässe bei Arzneimitteln künftig möglichst zu vermeiden, sprachen sich gestern Vertreter der pharmazeutischen Industrie in einem Fachgespräch im Gesundheitsausschuss aus. Insbesondere die restriktiven Preisvorgaben seien ein Problem.

Mittelständische Firmen, die in Deutschland produzieren, könnten aufgrund der schwierigen Rahmenbedin­gun­gen Arzneimittel teils nicht mehr wirtschaftlich herstellen, warnte Sebastian Schütze vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Unter anderem sollte über die Aussetzung von Preismoratorien und Preisabschlägen gesprochen werden.

Schütze schlug außerdem eine für die GKV-Rabattverträge verpflichtende Mehrfachausschreibung mit mindestens drei Zuschlägen vor, um auf Dauer eine gewisse Anbietervielfalt zu gewährleisten. Ein Anbieter solle dabei über eine verpflichtende Produktion in Deutschland oder Europa verfügen.

Bork Bretthauer, Geschäftsführer bei Pro Generika, verwies ebenfalls auf den Preisdruck als Ursache für Eng­pässe. Das Aussetzen von Festbeträgen oder die Befristung von Regelungen werde nicht helfen, wenn andere Kostensenkungsmaßnahmen aufrecht erhalten würden. Die Investition in mehr Produktionskapazitäten müsse auch langfristig betriebswirtschaftlich verantwortbar sein.

Mit Blick auf die Lieferengpässe in der jüngeren Vergangenheit sprach Gabriele Overwiening von der Bundes­vereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) von einem belasteten Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitswesen. Die Apotheken täten alles, um die Menschen nach den Therapievorgaben mit Arznei­mitteln zu versorgen – das sei bei Lieferengpässen sehr mühsam. Sie forderte angesichts des zusätzlich notwendigen Zeitaufwands einen Ausgleich für Apotheken.

„Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind kein neues Phänomen. Neu ist jedoch der Umfang der schwer zu lie­fernden Wirkstoffgruppen und die Anzahl der betroffenen Patientinnen und Patienten“, erklärte heute Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).

Bezogen auf die aktuelle Lieferengpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hätten im November 2022 mehr als 1,4 Millionen Patientinnen und Patienten mindestens eine Verordnung über einen der dort aktuell gemeldeten Wirkstoffe erhalten.

Dies betraf zwar nur zwei Prozent aller Arzneimittelverordnungen, aber laut von Stillfried rund 75 Prozent aller verordnenden Praxen. Insbesondere Haus- und Kinderärztärzte seien mit der eingeschränkten Verfüg­barkeit konfrontiert: Von ihnen stammen 87 Prozent der Verordnungen für Lieferengpasswirkstoffe.

Die Ursachen für die Lieferengpässe seien vielfältig, so die Bewertung des Zi. Neben Produktionsproblemen habe auch die aktuelle Infektionswelle zu Engpässen geführt – die zum Teil enorm gestiegene Nachfrage habe mit den vorhandenen Produktionskapazitäten nicht kompensiert werden können.

„Neben Ängsten, Irritationen und eventuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den betroffenen Patientinnen und Patienten steigt auch der Arbeitsaufwand in Praxen und Apotheken“, betonte der Zi-Chef. Der notwendige Beratungsaufwand führe bei ohnehin schon knappen zeitlichen Ressourcen zu einer weiter steigenden Arbeitsverdichtung.

Um Lieferengpässe zu reduzieren oder gar zu verhindern, müsse die Politik an den tatsächlichen Ursachen ansetzen und unter anderem Abhängigkeiten von Lohnherstellern in Asien reduzieren, verbliebene Standorte in Europa stärken sowie Lieferengpässe konsequenter monitorieren. © hib/aha/aerzteblatt.de

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