Medizin
USA: Signifikant mehr Influenzaansteckungen im Haushalt in der Coronapandemie
Freitag, 27. Januar 2023
Atlanta – In der Grippesaison 2021-2022 haben sich in den USA signifikant mehr Menschen im eigenen Haushalt mit Influenza angesteckt als in den Grippesaisons der Jahre vor der COVID-19-Pandemie. Das zeigt eine Untersuchung von 84 Haushalten aus 4 US-Bundesstaaten, deren Ergebnisse nun in JAMA veröffentlicht wurden (2023; DOI: 10.1001/jama.2023.0064).
„Weltweit gingen die Influenzainfektionen während der COVID-19-Pandemie zurück. Der Verlust der natürlichen Immunität durch geringere Influenzaraten und Veränderungen der Antigene bei den zirkulierenden Viren könnten zu einer erhöhten Empfänglichkeit für das Influenzavirus in der Grippesaison 2021/2022 geführt haben“, schreiben Erstautorin Melissa A. Rolfes von der Influenza Division der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta und ihre Kollegen.
Sie verglichen das Risiko für eine Influenzainfektion unter Haushaltskontakten von Patienten mit Influenza in der Grippesaison 2021-2022 mit dem entsprechenden Risiko in den beiden Grippesaisons vor der COVID-19-Pandemie (2017-2020) in den USA.
Vergleich von Haushalten aus mehreren US-Bundesstaaten
In die prospektive Studie wurden vor der Pandemie Haushalte aus 2 US-Bundesstaaten eingeschlossen. In den beiden präpandemischen Grippesaisons erkrankten in diesen Haushalten 152 Personen an Influenza. Sie waren im Schnitt 13 Jahre alt und infizierten insgesamt 353 ihrer Haushaltskontakte, die im Schnitt 33 Jahre alt waren.
In der Grippesaison 2021-2022 konnten 84 primäre Infizierte aus Haushalten in 4 US-Bundesstaaten analysiert werden. Sie waren im Schnitt 10 Jahre alt und übertrugen das Influenzavirus auf 186 Haushaltskontakte, die im Schnitt 28,5 Jahre alt waren.
Drastischer Anstieg des Infektionsrisikos in der Pandemie
Rolfes und ihre Kollegen berichten, dass sich in den beiden präpandemischen Grippesaisons 20,1 % (71 von 353) der Haushaltskontakte mit Influenza A (H3N2) infizierten. In der Grippesaison 2021-2022 seien es dagegen 50 % (93 von 186) der Haushaltskontakte gewesen. Das adjustierte relative Risiko für eine Infektion mit Influenza A (H3N2) in der Grippesaison 2021-2022 lag demzufolge bei 2,31 (95-%-KI 1,86-2,86) – im Vergleich zu den präpandemischen Grippesaisons.
Die Forschungsgruppe führte mehrere Subgruppenanalysen durch, die die Ergebnisse bestätigten. Sowohl vor der COVID-19-Pandemie als auch in der Grippesaison 2021-2022 war das Risiko, sich mit Influenza anzustecken, bei Haushaltskontakten unter 5 Jahren am höchsten und bei Haushaltskontakten von 18-64 Jahren am niedrigsten.
Bei Geimpften war das Risiko niedriger, aber immer noch erhöht
Bei den gegen Influenza geimpften Haushaltskontakten war die relative Zunahme des Infektionsrisikos in 2021-2022 signifikant abgeschwächt. Es war aber auch bei den Geimpften immer noch um 40 % höher als in den präpandemischen Grippesaisons. Auch wieviel Zeit ein Haushaltskontakt im gleichen Raum wie der primär Infizierte verbrachte, spielte eine signifikante Rolle:
Das in der Grippesaison 2021-2022 beobachtete höhere Infektionsrisiko kam vorwiegend bei den Haushaltskontakten zum Tragen, die am Tag vor Studieneinschluss eine Stunde oder länger im gleichen Raum wie der primär Infizierte verbracht hatten.
In unserer Studie infizierten sich in der Grippesaison 2021-2022 insgesamt 50 % der Haushaltskontakte von Influenzapatienten – verglichen mit 20 % in den Jahren vor der COVID-19-Pandemie. Dieser signifikante Risikoanstieg war auch höher als Schätzungen aus anderen Studien zur Übertragung von Influenza im Haushalt“, schreiben Rolfes und ihre Kollegen.
Ursache für die vermehrten Haushaltsübertragung bleibt unklar
Sie weisen darauf hin, dass Haushalte nicht die Kontaktmuster in der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz widerspiegeln, das müsse bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden. Und die Studie sei auch nicht in der Lage festzustellen, weshalb es in der Grippesaison 2021-2022 zu einem signifikanten Anstieg der Haushaltsübertragungen gekommen sei.
Mehrere Gründe könnten dafür verantwortlich sein, schreiben sie. Einer davon: „In der Grippesaison 2021-2022 war es 3 Jahre her, dass die US-Bevölkerung das letzte Mal großflächig gegenüber A (H3N2 exponiert war. Die durch Infektion oder Impfung aufgebauten Antikörper könnten in dieser Zeit abgenommen oder ganz verschwunden sein.“ Die tatsächlichen Ursachen könnten aber nur weitere Studien zeigen, ergänzen sie abschließend. © nec/aerzteblatt.de

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