Medizin
Versorgungsqualität Schwerverletzter in Deutschland während der COVID-19-Pandemie unverändert gut
Montag, 30. Januar 2023
Köln – Die Versorgungsqualität Schwerverletzter in Deutschland blieb scheinbar unbeeinflusst von der COVID-19-Pandemie. Zu diesem Ergebnis kommt das Autorenteam um Sinan Bakir in ihrer Analyse der Daten des Deutschen Traumaregisters (Dtsch Arztebl Int 2023 online first; DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0013).
Die Autorinnen und Autoren untersuchten, inwieweit sich durch gesteigerte Hygienemaßnahmen bei unklarem COVID-Infektionsstatus die absolute Behandlungszeit verändert hat. Untersuchte Zeiträume waren zum Beispiel, präklinisch oder vom Schockraumbeginn bis zur Durchführung einer Computertomografie (CT) oder des Beginns einer Operation.
Als Einschlusskriterien wurden ausschließlich Daten der primären Aufnahmen aus Kliniken in Deutschland betrachtet, in denen in der COVID-19-Phase (ab 10. Kalenderwoche 2020) Traumapatientinnen und -patienten dokumentiert wurden. Dies entsprach n = 617 Kliniken. Als Kontrollgruppe wurden dieselben Kliniken in den Jahren 2015–2019 sowie in der 1.–9.
Kalenderwochen 2020 herangezogen
Obwohl sich in der COVID-Phase sowohl die Versorgungszeiten als auch die Verweildauer im Schockraum verlängerte, hatten dies keinerlei negative Auswirkung auf das Behandlungsergebnis.
Die Zeit bis zur Diagnostik (Abdomen-Sonografie/Ganzkörper-CT) war unverändert. Bei gleichbleibender Gesamtverletzungsschwere, Verletzungsmuster, Liegedauer auf der Intensivmedizin und Beatmungsdauer war die Verweildauer im Krankenhaus um einen Tag verkürzt. Die Intubationsquote war in der COVID-Phase ebenfalls verringert. Die Gesamtfallzahlen unterschieden sich kaum zwischen 2019 und 2020.
Das Autorenteam kommt zu dem Ergebnis, dass die Versorgungszeiten insgesamt um 3–12 % verlängert waren, es sich im Detail jedoch nur um kleinere, absolute Unterschiede handelte. Sie vermuten, dass die verlängerten präklinischen Versorgungszeiten am ehesten auf die COVID-bedingten, ausgedehnteren Hygienemaßnahmen zurückzuführen sind.
Gleiches scheint für die Verweildauer im Schockraum zu gelten, wobei hier auch noch das Abwarten endgültiger Testergebnisse vor innerklinischer Weiterverlegung eine Rolle gespielt haben könnte.
Bakir et al resümieren, dass die verringerte Quote der Intubationen – präklinisch und im Schockraum Ausdruck einer strengeren Indikationsstellung aufgrund von (drohendem) Mangel an Beatmungskapazität sein könnte. Eine weitere Vermutung ist, dass bei vergleichbarem ISS/Verletzungsmuster versucht wurde, Kapazitäten für COVID-19-Fälle freizuhalten.
Dies könnte die Liegedauer verkürzt haben. Eine strengere Indikationsstellung zur ITS-Aufnahme könnte deren Reduktion veranlasst haben, um diese kritische Ressource zu schonen. Auch eine optimierte Organisation im Vorfeld, wie beispielsweise durch verbesserte Patientensteuerung anhand der Erfassung von Behandlungskapazitäten in der Intensivüberwachung, könnte die Notwendigkeit einer frühen Weiterverlegung vermindert haben. © et/aerzteblatt.de

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