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Medizin

Cochrane-Metaanalyse zum Maskentragen wenig aussagekräftig

Freitag, 3. Februar 2023

/picture alliance, NurPhoto, Jakub Porzycki

Berlin – Auf die Frage, ob ein Mund-Nasen-Schutz vor akuten Atemwegsinfektionen sicher schützen kann, gibt es offenbar keine klare Antwort: Die Ergebnisse einer aktuellen Cochrane-Metaanalyse weisen zwar darauf hin, dass das Tragen von Masken vermutlich nicht oder nur wenig effektiv sein könnte. Doch bestehen dem Autorenteam zufolge eine Reihe von Unsicherheiten.

„Das hohe Risiko von systematischen Fehlern, die Unterschiede bei der Messung der Ergebnisse und das rela­tiv geringe Befolgen der Maßnahmen während der Untersuchungszeiträume machen es schwer, eindeutige Schlüsse zu ziehen“, bewerten die Forschenden die Ergebnisse ihrer Analyse, die in Cochrane Database of Systematic Reviews (2023, DOI: 10.1002/14651858.CD006207.pub5) erschienen ist.

Die gerade viel disku­tierte Schlussfolgerung, dass das Tragen von Masken nicht sinnvoll ist, lässt sich damit so eindeutig nicht ziehen.

Bei der vor kurzem veröffentlichten Untersuchung handelt es sich um eine Aktualisierung eines Cochrane-Reviews von 2020. Sie basiert auf Daten aus 78 randomisierten kontrollierten Studien (RCT) und Cluster-RCT, darunter 11 neu aufgenommene Studien mit mehr als 610.000 Teilnehmenden. Während der COVID-19-Pan­demie wurden 6 Untersuchungen durchgeführt. Der Großteil der Studien erfolgte während typischer Saisons für Influenza beziehungsweise Atemwegserkrankungen bis ins Jahr 2016.

Heterogenes Umfeld, geringe Adhärenz

Das Umfeld der Studien war sehr heterogen. Es reichte von Vorortschulen bis hin zu Krankenhausstationen in Ländern mit hohem Einkommen, bevölkerungsreichen Innenstädten in Ländern mit niedrigem Einkommen oder Vierteln mit einem hohen Anteil von Immigranten in Ländern mit hohem Einkommen. Oft fiel die Ad­härenz gering aus und es wurde sich nur wenig an die untersuchten Maßnahmen gehalten.

Ziel der Metaanalyse war es, herauszufinden, ob nicht-pharmakologische Maßnahmen, wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Handhygiene, Einreisekontrollen, Abstand halten oder ähnliches vor Ansteckung mit respiratorischen Viren schützt. Allerdings ließen sich nur Studien identifizieren, die sich mit der Wirksamkeit von Masken oder Handhygiene beschäftigten.

In 12 Studien wurde untersucht, inwieweit das Tragen von chirurgischen/medizinischen sowie FFP2-Masken verglichen mit keinen Masken das Auftreten von Infektionen verhinderte. Demnach waren Masken in einem allgemeinen Umfeld nicht oder nur wenig hilfreich. Das galt sowohl zum Schutz vor Influenza-ähnlichen (ILI) oder COVID-19-ähnlichen Erkrankungen (Risikorate [RR] 0,95; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,81–1,09) als auch vor bestätigter Influenza oder COVID-19 (RR 1,01; 95-%-KI 0,72–1,42).

Die Auswirkungen von Maßnahmen zur Handhygiene versus Kontrollen waren Gegenstand in 19 Studien, die in Schulen, Einrichtungen zur Kinderbetreuung und im häuslichen Umfeld stattfanden. Ein Fokus der Analyse lag auf dem zusammengesetzten Endpunkt virusbedingte Atemwegsinfektionen, ILI und bestätigte Influenza.

Demnach zeigte sich ein möglicher Vorteil für die Hygieneinterventionen mit einer Risikoreduktion um 11 % für das Auftreten von Atemwegserkrankungen (RR 0,89; 95-%-KI 0,83–0,94). Das würde bedeuten, dass 178 statt 200 Infektionen jeweils unter 1.000 Personen auftreten.

Geringe bis mäßige Evidenz lässt keine eindeutige Schlussfolgerung zu

Insgesamt schätzen die Autorinnen und Autoren die Evidenz als gering bis mäßig ein, sodass sie dem ermit­tel­ten Effekt der Maßnahmen nur begrenzt vertrauen. Sie betonen, „dass der wahre Effekt von der beobach­teten Effektschätzung abweichen kann.“

Wie gut Masken tatsächlich vor dem Coronavirus schützen, müsse dringend weiter untersucht werden. Es gibt „Forschungslücken“, so die Autoren. „Es besteht ein Bedarf an großen, gut konzipierten RCTs, die sich mit der Wirksamkeit vieler dieser Maßnahmen in verschiedenen Umfeldern und Bevölkerungsgruppen befassen.“ Außerdem sei es notwendig zu untersuchen, wie sich die Adhärenz auf die Wirksamkeit der Interventionen auswirkt.

„Die Cochrane-Studie ist wenig aussagekräftig“, erklärte auch Eberhard Bodenschatz, Professor für Physik und Direktor am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Ein großes Problem der Stu­die sei, dass sie verschiedene Atemwegserkrankungen wie etwa Corona und normale Grippe zusammen­führe.

„Unsere Studien haben eindeutig gezeigt, dass Masken physikalisch ein wunderbarer Schutz sind“, sagte er. Sie verbesserten den Infektionsschutz mindestens um den Faktor 10 bis 100. Die verschiedenen Einzelstudien seien nicht vergleichbar. Bodenschatz äußert auch Kritik an den Autoren: „In einem Satz schreiben sie, Masken wirken nicht, und einen Absatz später räumen sie ein, dass sie es eigentlich nicht sagen können.“ Diese Art der Kommunikation sei unglücklich. © aks/dpa/aerzteblatt.de

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