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Medizin

Niederlande: Polioinfektion bei Mitarbeiter eines Impfstoffherstellers

Dienstag, 7. Februar 2023

/nobeastsofierce, stock.adobe.com

Utrecht – In den Niederlanden musste ein Mitarbeiter eines Impfstoffherstellers 4 Wochen in Quarantäne verbringen, weil er asymptomatisch mit Polioviren infiziert war und diese über den Stuhl ausschied. Laut einem Bericht in Eurosurveillance (2023; 10.2807/1560-7917.ES.2023.28.5.2300049) wurden keine weiteren Menschen infiziert.

In den Niederlanden werden die Polioimpfungen wie auch in Deutschland mit einem inaktivierten Polio­impf­stoff (IPV) durchgeführt, der intramuskulär oder subkutan injiziert wird. Er schützt vor einer Erkrankung, aber anders als der orale Impfstoff nicht vor einer asymptomatischen Infektion des Darms.

In Ländern mit einer hohen Impfquote wie den Niederlanden besteht deshalb die Gefahr, dass Polioviren län­gere Zeit in der Bevölkerung kursieren, bis es zu ersten Erkrankungen einer Poliomyelitis in der Minderheit der nicht geimpften Personen kommt. In den meisten Ländern werden deshalb in großen Klärwerken regel­mäßig Abwasserproben auf Polioviren oder dessen Gene untersucht.

In den Niederlanden werden seit 2020 gesondert auch die Abwässer aller Labore untersucht, die mit infek­tiösen Viren hantieren. Dazu gehört der Impfstoffhersteller Bilthoven Biologicals, der in einem Vorort von Utrecht Polioviren für die Impfstoffe inaktiviert. Am 21. November 2022 fiel eine Abwasserprobe (vom 15. November) positiv aus. Sie enthielt den Wildtyp 3 des Poliovirus (WPV3).

Das ebenfalls in Bilthoven ansässige „Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu“ (RIVM) begann eine Untersuchung. Die Sequenzierung ergab, dass die Viren in 2 oder 3 Mutationen von dem vom Hersteller ver­wen­deten Stamm der WPV3 abwichen. Dies bedeutet, dass sie sich schon einige Zeit außerhalb der Container bei Infizierten repliziert haben mussten. Deshalb wurden alle 51 Angestellten der Firma, die Zugang zu WPV3 hatten, überprüft.

Wie Erwin Duizer vom RIVM und Mitarbeiter berichten, fielen die Antikörpertests bei einem Angestellten positiv aus. Die Viren wurden daraufhin auch in den Stuhlproben nachgewiesen. Bei den anderen 50 Per­sonen waren alle Tests negativ.

Das RIVM konnte nicht klären, wie sich der Mitarbeiter infiziert hatte und wie lange er die Viren schon aus­schied. Vermutlich war dies noch nicht so lange der Fall, da die Abwässer alle 3 Wochen untersucht werden. Der Mitarbeiter erklärte sich zu einer freiwilligen Isolierung bereit. Da er in einer Region der Niederlande mit einer Impfquote von unter 90 % lebt, musste er seine Wohnung verlassen und vorübergehend in eine Region mit einer höheren Impfquote umziehen.

Während der Quarantäne durfte er in der Wohnung keinen Besuch empfangen, konnte sich aber mit anderen Menschen im Freien treffen, solange sie sich nicht berührten. Die Exkremente aus der Wohnung wurden ge­sammelt und gesondert entsorgt.

Da es keine Virustatika gegen Polioviren gibt, musste er abwarten, bis die Infektion spontan abgeklungen war. Dies ist in der Regel nach wenigen Wochen der Fall. Bei dem Mitarbeiter dauerte es allerdings noch weitere 4 Wochen, bis mehrere Stuhlproben negativ waren. Duizer und Mitarbeiter konnten keinen Grund für die ungewöhnlich lange Infektionsdauer finden.

Die Antikörperantwort auf die Infektion war robust und ein IgA-Mangel konnte ausgeschlossen werden. Für Duizer macht der Fall deutlich, dass die Überwachung von Abwässern ein wesentliches Instrument ist, um asymptomatische Infektionen rechtzeitig zu entdecken, bevor es zu Erkrankungen bei ungeimpften Personen kommt. © rme/aerzteblatt.de

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