Politik
Paus weist Vorbehalte Lindners gegen Kindergrundsicherung zurück
Montag, 27. Februar 2023
Berlin – Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat erneut Vorbehalte von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gegen die geplante Kindergrundsicherung zurückgewiesen. „Es geht darum, die strukturell verfestigte Kinderarmut in Deutschland endlich wirksam zu bekämpfen“, sagte Paus dem Spiegel. Die Kindergrundsicherung sei das wichtigste sozialpolitische Projekt dieser Bundesregierung.
„Ein solches prioritäres Vorhaben muss natürlich auch im Haushalt Priorität haben“, sagte Paus weiter. „Auf jeden Fall Priorität vor Ausgabenwünschen, die nicht im Koalitionsvertrag stehen.“ Die Ministerin verwies auf Steuererleichterungen für Spitzenverdiener wie die von Lindner geforderte komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die allein mit rund elf Milliarden Euro zu Buche schlage.
Die Kindergrundsicherung war im Koalitionsvertrag der Ampelparteien vereinbart worden. Allerdings hatte Lindner vor einigen Tagen das Vorhaben generell infrage gestellt. Es sei nicht unbedingt sinnvoll, „mehr Geld zu überweisen“, sagte der Bundesfinanzminister. Bei dem Projekt gehe es aus seiner Sicht vor allem um Digitalisierung und Vereinfachung der Förderung.
Paus sagte dazu: „Kinder aus der Armut zu holen, gibt es nicht zum Nulltarif.“ Den Plänen zufolge soll es mit der geplanten Kindergrundsicherung einen Garantiebetrag für alle Familien geben und einen Zusatzbetrag. Über dessen Höhe entscheide das Einkommen der Eltern.
Verschiedenen Hilfen, die finanzschwache Eltern bisher zusätzlich für ihre Kinder beantragen können, sollen demnach gebündelt und in einer Summe ausgezahlt werden. „Das Entscheidende ist, dass wir den Paradigmenwechsel schaffen“, betonte Paus. „Familien müssen den Zusatzbetrag nicht mehr einfordern, der Staat steht dann in der Servicepflicht.“
Durch die Digitalisierung sollten alle erreicht werden, denen Leistungen zustünden. Heute seien es nur rund 30 Prozent der Anspruchsberechtigten, die den Kinderzuschlag für arme Familien tatsächlich erhielten. „Ich bleibe dabei“, betonte die Ministerin: „Die Kindergrundsicherung soll 2025 ausgezahlt werden.“ Dafür müssten alle Beteiligten ihrer Verantwortung schnell nachkommen. Es sei unerträglich, dass in Deutschland jedes fünfte Kind arm sei.
Der Deutsche Städtetag forderte von der Ampelkoalition eine rasche Einigung. Die Kindergrundsicherung sollte ein Meilenstein gegen Kinderarmut werden, nun müsse die Ampel den Knoten durchschlagen, damit das neue System bis 2025 kommen könne, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte es richtig, dass der Städtetag eine schnelle Umsetzung „dieses wichtigen Vorhabens der Ampel“ anmahnt. „Dafür braucht es zusätzliche Finanzmittel im Haushalt und eine effektivere Verwaltung“, sagte sie.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass in einem reichen Land wie unserem jedes fünfte Kind in Armut lebt.“ Bei der Kindergrundsicherung gehe es natürlich auch um Armutsprävention. Das kindliche Existenzminimum müsse so ausgestaltet werden, dass alle Kinder gleiche Chancen auf soziale und kulturelle Teilhabe bekommen.
Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte der Bild am Sonntag: „Die Kindergrundsicherung muss kommen, und sie wird kommen. Also muss sie auch finanziert werden.“
Die SPD dringt darauf, in der Debatte über die Haushaltspolitik nicht Verteidigungs- und Sozialpolitik in Konkurrenz zueinander zu stellen. „Wir dürfen äußere Sicherheit und inneren sozialen Frieden nicht gegeneinander ausspielen“, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil der ARD.
Heil bekannte sich sowohl zu höheren Verteidigungsausgaben als auch zu der vor allem von den Grünen geforderten Kindergrundsicherung. „Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Bundeswehr besser ausrüsten“, sagte Heil. Er unterstütze aber auch, „dass wir die Kindergrundsicherung wie verabredet in dieser Legislaturperiode hinbekommen miteinander“, hob der Arbeitsminister weiter hervor. „Daran arbeiten wir.“
Auch SPD-Chefin Saskia Esken betonte, die Kindergrundsicherung gehöre zum „Kernprogramm der Ampel“ und habe gerade für die SPD „besonderes Gewicht“. „Wir werden uns gemeinsam daran begeben, sie umzusetzen", stellte Esken nach Beratungen der SPD-Gremien in Berlin klar. © afp/aerzteblatt.de

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