Politik
Krankenhäuser rufen kaum Finanzhilfen aus Härtefallfonds ab
Montag, 27. Februar 2023
Berlin – Der Bund wollte den Krankenhäusern in der Energiekrise mit einem Härtefallfonds unter die Arme greifen. Doch nun zeigt sich: Die Gelder werden von den Kliniken kaum abgerufen. Das zeigt eine Analyse der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Auswertung, die den Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 betrachtet, liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Demnach hätte den Einrichtungen in den drei Monaten eine Summe von etwa 710,526 Millionen Euro zur Verfügung gestanden. Tatsächlich abgerufen wurden rund 34,22 Millionen Euro. Keine Angaben zu gestellten Anträgen wurden allerdings von Niedersachsen, Sachsen und Thüringen gemacht.
Zur Erinnerung: Der Bund hatte den Krankenhäuser in Ergänzung zu den allgemeinen Energiepreisbremsen einen Härtefallfonds zugesprochen. Neben 1,5 Milliarden Euro als pauschalen Ausgleich stehen 4,5 Milliarden Euro für den Zeitraum Oktober 2022 bis April 2024 zur Verfügung.
Die 4,5 Milliarden Euro können krankenhausindividuell ausgeschüttet werden. Gelder gibt es als Ausgleich für gestiegene Bezugskosten von Erdgas, Fernwärme und Strom. Das Geld wurde anteilig an die Bundesländer verteilt, um ausgeschüttet werden zu können.
Die Daten der DKG zeigen, dass insgesamt nur ein geringer Prozentsatz in den Ländern von den Kliniken abgerufen worden ist. Die Zahlen variieren erheblich, bewegen sich aber alle im niedrigen Bereich. Mit 14,5 Prozent (11,2 Millionen Euro) tatsächlich beantragter Mittel von möglichen rund 77,42 Millionen Euro liegen die Häuser in Baden-Württemberg weit vorne.
Es folgen Rheinland-Pfalz (8,5 Prozent), wo 4,7 Millionen Euro von 108,96 Millionen beantragt worden sind. In Hessen sind es 6,1 Prozent (3,1 Millionen von möglichen 51,24 Millionen). Genaue Gründe für die geringen Abrufquoten sind den Zahlen nicht zu entnehmen.
Die DKG beklagt angesichts der Zahlen einen Webfehler im Gesetz. „Die Zahlen verdeutlichen, dass die versprochenen sechs Milliarden Euro Hilfen für die Kliniken zu reinen Schaufenstermilliarden werden“, sagte DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß.
Die Kliniken hätten keine Chance, die versprochenen Hilfen zu bekommen. Der Grund ist für die DKG nicht, dass die Kostensteigerungen geringer wären als erwartet. Vielmehr sei der Härtefallfonds so konstruiert, dass die meisten Fälle nicht berücksichtig würden.
Als Gründe führt die DKG unter anderem die Begrenzung der finanziellen Hilfen auf Fernwärme, Gas und Strom, wobei Energiequellen wie Öl oder Pellets ausgeschlossen sind, sowie den gewählten Referenzzeitraum an.
„Die Hilfen nur auf Kostensteigerungen bei Gas und Fernwärme zu beschränken, war ein grober Fehler“, betonte Gaß. Kostenexplosionen bei andern Energieträgern würden nicht berücksichtigt, und den März 2022 als Referenztermin zu nehmen, sei falsch gewesen.
„Damals hatte der Markt bereits auf den Krieg reagiert, die Preise waren im Vergleich zu 2021 schon stark gestiegen. Alle anderen inflationsbedingten Kostensteigerungen bleiben außen vor. Genau vor diesen Konstruktionsfehlern hatten wir frühzeitig gewarnt“, erklärte er weiter. Der DKG zufolge stehen die Kliniken vor großen Problemen. Insolvenzen drohten.
Die Krankenhäuser erwarten, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nachsteuert und sein Versprechen einlöst, dass keine Klinik wegen gestiegener Energiepreise und der Inflation in Gefahr geraten wird. „Wir erwarten deshalb einen Eingriff der Politik, um sicherzustellen, dass die ursprünglich vorgesehenen sechs Milliarden Euro auch wirklich an die Krankenhäuser ausgezahlt werden“, so Gaß.
Unterstützung kommt von der SPD im Bundestag. Krankenhäuser seien eine „tragende Säule“ der Daseinsvorsorge, sagte der stellvertretende gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Christos Pantazis. Man müsse alles dafür tun, damit die Finanzhilfen aus dem Härtefallfonds auch bei den Krankenhäusern ankämen.
Er betonte, beim Referenzmonat müsse nachgebessert werden. Der März 2022 als Vergleichsdatum mache es vielen Krankenhäusern unmöglich, die enorm gestiegenen Energiekosten geltend zu machen, da die Strom- und Energiepreise bereits vor März 2022 angestiegen waren.
„Somit ist die primäre Wirkung der vorhandenen Hilfen sehr gedämpft. Dieser Umstand muss im Sinne der Krankenhäuser angepasst werden“, betonte der Gesundheitspolitiker und Mediziner. Es bedürfe nun einer dringlichen Anpassung dieser Regelung, um den tatsächlichen Bedarfen gerecht zu werden. © may/aerzteblatt.de

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