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Medizin

Impfung nach COVID-19 könnte Long COVID lindern

Mittwoch, 1. März 2023

/Beton Studio, stock.adobe.com

Paris/Gold Coast – Patienten, die nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 an Long COVID leiden, können ihre Symptome möglicherweise durch eine nachträgliche Impfung lindern. Die Verträglichkeit der Impfung könnte jedoch herabgesetzt sein.

Dies kam in einer „Target trial“-Emulierung in BMJ Medicine (2023; DOI: 10.1136/bmjmed-2022-000229) heraus, deren Ergebnisse durch eine Metaanalyse im selben Journal (2023; DOI: 10.1136/bmjmed-2022-000385) bestätigt werden.

Auch Menschen, die bereits an COVID-19 erkrankt waren, können sich impfen lassen. Die Impfdosis wirkt dann wie ein Booster, der die Antikörpertiter steigen lässt und damit die Gefahr einer erneuten COVID-19-Erkrankung senkt.

Dies dürfte auch für Menschen mit Long COVID gelten. Es ist allerdings bisher nicht in einer randomisierten Studie untersucht worden, wie sich die Impfung auf die Long-COVID-Symptome auswirkt und ob die Impfung für Long-COVID-Patienten verträglich ist.

Viet-Thi Tran vom „Hôpital Hôtel-Dieu“ in Paris und Mitarbeiter haben jetzt in einer „Target-trial“-Emulierung versucht, die Bedingungen einer randomisierten Studie nachzustellen. Sie griffen dazu auf die Daten der „Com­PaRe“-Kohorte zurück. Sie umfasst 1.296 Patienten, die vor dem 1. Mai 2021 an Long COVID erkrankt waren und regelmäßig über das Internet zu ihren Beschwerden befragt wurden.

Die Forscher stellten dabei 455 Patienten, die sich trotz Long COVID impfen ließen, 455 Long-COVID-Pa­tienten gegenüber, die nicht geimpft wurden. Bei der Auswahl der ungeimpften Kontrollen wurde darauf geachtet, dass sie den geimpftem Personen in möglichst allen Punkten glichen. Um die Aussagekraft zu stärken wurden gleich 3 „Target-trial“-Emulierungen durchgeführt. Sie unterschieden sich in der Dauer der Long-COVID-Symptome vor der Impfung.

Der primäre Endpunkt der Studie war die Entwicklung der Long-COVID-Symptome. Sie wurde in einem ein­fachen Score bestimmt, der die Anzahl der Symptome zählte und von 0 (Remission) bis 53 Punkte reichte. Wie die Epidemiologen berichten, hatten die geimpften Patienten nach 120 Tagen mit durchschnittlich 13,0 Punkten etwas weniger Symptome als die ungeimpften Personen mit 14,8 Punkten. Die Differenz von 1,8 Punkten war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,5 bis 3,0 Punkten signifikant.

Deutlicher waren die Unterschiede im Anteil der Patienten, die sich nach 120 Tagen vollständig von Long COVID erholt hatten. Diesen sekundären Endpunkt hatten 16,6 % der geimpften, aber nur 7,5 % der unge­impften Patienten erreicht. Die Differenz von 9,1 %-Punkten war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 5,0 bis 13,2 %-Punkten signifikant.

Vorteile wurden auch in einem Score gefunden, der die Auswirkungen auf das Alltagsleben bewertete. Der Score betrug bei den geimpftem Patienten 24,3 Punkte und bei den ungeimpften Patienten 27,6 Punkte. Deutlich zurückgegangen war hier der Anteil der Patienten, die über inakzeptable Long-COVID-Symptome klagten. Dies waren 38,9 % der geimpften und 46,4 % der ungeimpften Patienten.

Nach den Ergebnissen der Studie könnte sich eine einzelne Impfdosis durchaus günstig auf den Verlauf von Long COVID auswirken, wobei es keinen Unterschied machte, ob die Impfung mit einer mRNA-Vakzine (von Biontech oder Moderna) oder mit einem Vektor-Impfstoff (von Astrazeneca oder Johnson & Johnson) erfolgte.

Die Verträglichkeit der Impfung könnte bei Long-COVID-Patienten herabgesetzt sein (soweit sich das ohne Kontrollgruppe von Personen ohne Long COVID beurteilen lässt). Insgesamt berichteten 26 von 455 Patienten (5,7 %) über Nebenwirkungen. Darunter waren 13 Personen, die nach der Impfung über eine Verschlechterung der Long-COVID-Symptome klagten.

Bei 4 Patienten (0,9 %) kam es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen, von denen 2 Patienten (0,4 %) im Krankenhaus behandelt werden mussten: 1 Patient erlitt eine tiefe Venenthrombose und 1 Patient eine Meningitis (wobei unklar bleibt, ob sie wirklich auf die Impfung zurückzuführen war).

Zu den Einschränkungen der Studie gehört, dass sie vor der Delta- und Omikron-Welle durchgeführt wurde. Außerdem könnte es trotz der „Target trial“-Emulierung Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gegeben haben, die nicht bei den Befragungen erkannt wurden.

Die Metaanalyse, die Oyungerel Byambasuren von der Bond University in Robina/Gold Coast in Australien und Mitarbeiter durchgeführt haben, bestätigt die Ergebnisse der „Target trial“-Emulierung. In allen 5 Studien, die Byambasuren recherchieren konnte, war eine Impfung von Long-COVID-Patienten mit einer Besserung der Symptome assoziiert. In 2 Studien war die Impfung auch mit einer häufigeren Remission oder Erholung von Long COVID verbunden. Die Qualität der Studien war allerdings bescheiden.

Etwas besser ist die Beweislage für die Auswirkungen einer Impfung, die vor einer Durchbruchinfektion erfolgte. Byambasuren und Mitarbeiter konnten hier 12 Studien zusammentragen. Dabei sank das Risiko von Long COVID mit der Zahl der Impfdosen, die die Patienten vor ihrer Durchbruchinfektion erhalten hatten. Auch hier ist die Evidenz aufgrund eines Mangels an qualitativ hochwertigen Studien begrenzt, wie Frances Edwards von der Universität Bristol in einem Editorial anmerkt. © rme/aerzteblatt.de

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