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Politik

Lauterbach: Elektronische Patientenakte ab Ende 2024 „für alle verbindlich“

Freitag, 3. März 2023

Elektronische Patientenakte, ePA /Maybaum

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in den kommenden Tagen seine Pläne für das Opt-out-Verfahren bei der elektronischen Patientenakte (ePA) vorlegen. Im kommenden Jahr werde sie den Durchbruch schaffe, erklärte er.

„Ende kommenden Jahres wird die elektronische Patientenakte für alle verbindlich“, sagte er der Frankfurter All­gemeinen Sonntagszeitung laut Vorabmeldung vom Freitag. „Jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht, ist auto­matisch mit dabei.“ Ziel sei, „dass unser Gesundheitssystem endlich im 21. Jahrhundert ankommt“.

Seit Anfang 2021 können Versicherte die ePA auf freiwilliger Basis in einer ersten Ausbaustufe nutzen, nämlich per Smartphone-App, in der beispielsweise eingescannte Arztbefunde gespeichert und in anderen Praxen zur Ansicht freigegeben werden können.

Allerdings müssen sie sich darum selbst kümmern – das sogenannte Opt-in-Verfahren. Es gilt als Ursache dafür, dass nah wie vor weniger als ein Prozent aller gesetzlich Versicherten im Besitz einer ePA sind. Demegenüber sollen beim Opt-out- oder Widerspruchsverfahren alle Versicherten eine ePA erhalten und sich umgekehrt selbst kümmern, falls sie sie nicht wollen.

Unbürokratischer Zugang zur elektronischen Patientenakte

„Das deutsche Problem mit der Digitalisierung ist: Wir machen viele Dinge zu kompliziert“, sagte Lauterbach. „Das will ich vermeiden.“ Der Zugang zur elektronischen Patientenakte müsse „total unbürokratisch“ sein. Zeitgleich mit der Akte soll laut Lauterbach auch das elektronische Rezept verbindlich werden. Details zu seinen Vorhaben im Bereich Digitalisierung will er dem Zeitungsbericht zufolge bei der für Sonntag und Montag geplanten Kabinetts­klausur auf Schloss Meseberg in Brandenburg präsentieren.

Großen Widerstand aus der Ärzteschaft gegen die ePA erwartet der Minister offenbar nicht: „Es sind nur ganz wenige Ärzte, die damit ein Problem haben“, sagte er. „Ein paar lautstarke Kritiker wird es immer geben.“

Geplant ist, dass von 2024 an alle Ärzte oder Krankenhäuser ihre Befunde zentral speichern und gegenseitig austauschen können. Auch die Patienten haben dann über eine App jederzeit Zugriff auf ihre Unterlagen. Anfangs soll dafür das Hochladen von PDF- oder Word-Dateien genügen. „Wir warten nicht, bis es für alle Befunde eine standardisierte Datenstruktur gibt“, betonte Lauterbach in dem Interview.

Über Bedenken von Datenschützern hinwegsetzen

Auch das elektronische Rezept soll nach Lauterbachs Worten zum selben Zeitpunkt verbindlich sein. Der Minister machte deutlich, dass er sich bei seinem Vorhaben auch über Bedenken von Datenschützern hinwegsetzen will. So soll statt einer Zwei-Faktor-Authentifizierung die Gesundheitskarte alleine für den Zugriff auf die Daten genügen.

Man könne die Vorteile der Digitalisierung nicht mit Systemen nutzen, „bei denen der Zugang so kompliziert ist, dass er nie begangen wird“, betonte Lauterbach. Es sei viel unsicherer, wenn Ärzte und Patienten ihre Befunde weiterhin per Mail, Fax oder Post verschickten.

Bei dem Vorhaben will sich Lauterbach auch über die Einwände von Ärztevertretern hinwegsetzen. „Es sind nur ganz wenige Ärzte, die damit ein Problem haben“, sagte er der Zeitung. „Ein paar lautstarke Kritiker wird es immer geben.“

Der Minister kritisierte, dass nach einer Stichprobe der Stiftung Warentest bislang viele Ärzte ihren Patienten den Einblick in die Akte verweigern würden. „Die Gesetzeslage ist schon jetzt eindeutig: Die Befunde gehören dem Patienten.“

Darüber hinaus will Lauterbach auch die Nutzung von Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung erleich­tern. „Wir haben schon jetzt eine Menge Daten, die aber in getrennten Silos liegen und nicht miteinander ver­knüpft werden können“, sagte er. „Der Grundgedanke ist, dass diese Daten in pseudo­nymisierter Form für For­schungszwecke kombiniert werden können.“ Ohne eine solche Möglichkeit werde Deutschland in der pharma­zeutischen Forschung bald keine Rolle mehr spielen.

Unterstützung kam am Freitag bereits vom GKV-Spitzenverband. „Wir freuen uns über den angekündigten Rücken­wind für die Digitalisierung des Gesundheitswesens“, sagte ein Verbandssprecher in Berlin. „Es ist höchste Eisen­bahn, dass es weiter vorangeht.“

Der Verband unterstütze das Vorhaben, die elektronische Patientenakte „künftig jedem Versicherten obligatorisch zur Verfügung zu stellen“, sagte Lanz. Die Akte habe „das Potenzial, zum Herzstück eines modernisierten Gesund­heitswesens zu werden“.

Das Konzept der elektronischen Akte, das zunächst unter Namen elektronische Gesundheitskarte lief, hatte Lau­terbach vor mehr als zwanzig Jahren gemeinsam mit der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ent­wickelt.

Im Koalitionsvertrag hatte die Ampelregierung Ende 2021 beschlossen, das Projekt als ein zentrales Fortschritts­projekt voranzutreiben. Die Digitalisierung ist eines von vier Themen, mit denen sich die Regierung auf ihrer Klausurtagung im brandenburgischen Schloss Meseberg am Sonntag und Montag befassen will. © afp/kna/ lau/aerzteblatt.de

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