Politik
Prognose: Treibhausgasemissionen leicht gesunken
Mittwoch, 15. März 2023
Berlin – Der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen ist in Deutschland nach vorläufigen Zahlen im vergangenen Jahr leicht um 1,9 Prozent gesunken. Es seien gut 15 Millionen Tonnen weniger Treibhausgase als 2021 freigesetzt worden, teilte das Umweltbundesamt (UBA) heute in Berlin mit. Die Zahlen sind noch vorläufig – endgültige Werte stehen erst zu Beginn des kommenden Jahres fest.
Dem Umweltbundesamt zufolge sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland damit um 40,4 Prozent gesunken. Doch im Bereich der Energie gebe es einen deutlichen Anstieg. Demnach kommt der Sektor auf 10,7 Millionen Tonnen mehr Treibhausgase als im Jahr 2021. Grund dafür seien die Einsparungen beim Erdgas – stattdessen setzte die Industrie vermehrt auf Stein- und Braunkohle.
„Trotz des insgesamt rückläufigen Energieeinsatzes vor allem in der Industrie hat sich der Anstieg der Treibhausgasemissionen aufgrund des erhöhten Einsatzes von Stein- und Braunkohlen in der Energiewirtschaft seit dem Sommer 2022 abgezeichnet“, sagte UBA-Präsident Dirk Messner. „Dem wird die Bundesregierung jetzt mit einem Klimaschutzsofortprogramm entgegenwirken müssen – die Aufgabe ist aber von der gesamten Gesellschaft zu bewältigen.“
Ziel der Bundesregierung ist es, in Deutschland bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität erreicht zu haben. Es soll dann also ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und deren Abbau herrschen. Laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bemüht sich die Bundesregierung um das Erreichen der deutschen Klimaziele.
„Aus Sicht des Bundeskanzlers arbeitet das gesamte Kabinett und alle Minister und Ministerinnen mit Hochdruck daran, diese Ziele zu erreichen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Bundesregierung habe den Ausbau der erneuerbaren Energien maßgeblich vorangetrieben und sei dabei, ein Klimaschutzsofortprogramm zu verabschieden, betonte sie.
Insbesondere um den Klimaschutz im Verkehr gibt es zwischen Grünen und FDP Verwerfungen. Auch heute forderten führende Grüne Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zum Handeln auf. Die Ampelkoalition sucht seit Monaten vergeblich nach einer Lösung, wie ein im Koalitionsvertrag angekündigtes Klimaschutzsofortprogramm auf den Weg gebracht werden kann. Darin will die Regierung festlegen, wie sie die deutschen Klimaziele erreichen will.
Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte: „Es ist ganz klar das Ziel der Bundesregierung, Klimaschutz und Mobilität in Einklang zu bringen.“ Es solle ein „regierungsübergreifendes Klimaschutzprogramm“ geben, das auch Maßnahmen für den Verkehr enthalten solle. Das Verkehrsministerium könne hier nicht allein handeln, so sei man etwa nicht für Subventionen zuständig. „Deswegen müssen wir hier mit allen Häusern zusammenkommen und schauen, wie wir eine gemeinsame Lösung finden.“
„Es geht auf gar keinen Fall darum, dass sich hier irgendwer wegdrücken kann“, so der Sprecher. „Wir arbeiten unter Hochdruck an der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen.“ Er nannte als Beispiele die Elektromobilität, den öffentlichen Nahverkehr, den Ausbau der Bahn und die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und die Wasserstraßen.
Umweltverbände sehen die vorläufigen Zahlen zu den deutschen Treibhausgasemissionen für 2022 als Beleg für eine verfehlte Klimapolitik und nehmen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für einen Kurswechsel in die Pflicht.
Die Geschäftsführerin des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Antje von Broock, sprach von einem Rechtsbruch der Koalition. Nur der Rückgang der Industrieemissionen rette die Klimaziele der Regierung. Sondereffekte wie ein milder Winter und die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine schönten die Bilanz.
Der Präsident des Naturschutzbundes (NABU), Jörg-Andreas Krüger, sieht Scholz in der Pflicht. Von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sei nicht zu erwarten, dass er in seiner Amtszeit noch ernsthafte Ambitionen zum Klimaschutz entwickele, sagte Krüger. Mit Blick auf Wissing fragte er: „Warten wir auf das Ende seiner Amtszeit oder erzwingt Bundeskanzler Scholz endlich die Wende?“
Greenpeace Klima- und Verkehrsexperte Benjamin Stephan, kritisierte, Wissing bremse eine klimafreundliche Verkehrspolitik national und europaweit. „Heute bekommt Deutschland die Quittung für zögerliche Anstrengungen bei der Verkehrswende und die Klimaschutzblockaden der FDP“, sagte Stephan.
Jetzt müsse Scholz dafür sorgen, dass das Klimaschutzgesetz Bestand habe und die gesamte Bundesregierung die rechtlichen Verpflichtungen umsetze. Auch Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz Deutschland, betonte in Richtung Scholz: „Der im Wahlkampf selbsternannte „Klimakanzler“ steht jetzt in der Pflicht, umgehend zu handeln.“
Die Deutsche Umwelthilfe sieht in den Zahlen des Umweltbundesamtes einen Beleg für einen „erneuten und anhaltenden Klimarechtsbruch der Bundesregierung im Verkehrs- und Gebäudesektor“. Die Organisation kündigte an, mit ihren teils seit 2020 anhängigen Klagen gegen die Überschreitungen in den Sektoren Verkehr und Gebäude noch in diesem Jahr den dringend notwendigen Kurswechsel juristisch durchzusetzen. © dpa/aerzteblatt.de

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