Ärzteschaft
Ausfällige Patienten werden zum Problem für Arztpraxen
Montag, 20. März 2023
Reutlingen/Karlsruhe – Beschimpfungen und rüdes Verhalten von Patienten werden zunehmend zur Belastung und mitunter auch zum handfesten Problem für Arztpraxen und ihre Mitarbeiter. Der Ton werde immer rauer, berichten unisono etwa die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, die Landesärztekammer sowie der Hausärzteverband.
Die Entwicklung sei in allen Teilen des Landes zu beobachten, betonte die Vorsitzende des Hausärzteverbandes Baden-Württemberg, Nicola Buhlinger-Göpfarth. Aus allen Teilen Deutschland berichte medizinisches Personal von vermehrter Aggressivität, sagte auch die Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe (vmf), Hannelore König. „Es zieht sich durch alle Schichten und Regionen.“
Das wirke sich inzwischen negativ auf die Attraktivität des Berufes der Medizinischen Fachangestellten (MFA) aus, die in Praxen am Empfang und am Telefon den geballten Ärger von unduldsamen Patienten zuerst abbekämen.
Das Stresslevel der gering bezahlten MFAs sei ohnehin auf einem extrem hohen Niveau. „Die zunehmende Gewaltbereitschaft erhöht diesen Druck noch weiter, so dass immer mehr gut ausgebildete und kompetente MFAs diesen Beruf verlassen“, sagte König.
Die Hintergründe sind laut Buhlinger-Göpfarth vielfältig. In Zeiten von Hausärztemangel würden die Ressourcen knapper und die Wartezeiten auf Termine länger. „Es scheint allerdings ein genereller Trend zu sein, dass Menschen ihren Frust an Helfenden auslassen.“
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) spricht von einer „gefühlten“ Zunahme von Aggressionen. „Knappe Ressourcen wie Impfstoffe während der ersten Phase der Coronapandemie führten beispielsweise zu einem regelrechten Ansturm auf die Praxen“, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl.
So mancher Patient habe keine Rücksicht genommen, dass ältere Menschen oder solche mit Vorerkrankung bei der Impfung priorisiert worden seien. „Den Ärger bekamen vor allem die Praxisteams ab.“
Offene Rücksichtslosigkeit und einen rauen Umgangston habe man bereits 2019 festgestellt, so vmf-Präsidentin König. „Schon damals gab es Patienten, die jede Hemmung verloren und im Wartezimmer oder an der Anmeldung tobten.“ 2021 habe sich auch der Ärztetag mit dem Thema beschäftigt und mit Nachdruck gefordert, Gewalt gegen medizinisches Personal zu ächten.
Zahlen oder valide Statistiken zu den Vorfällen gibt es laut König und anderen Experten nicht „Erfahrungsgemäß werden viel zu wenige solcher Taten zur Anzeige gebracht.“ Auf Anregung des Verbandes beschäftige sich inzwischen ein Forscherteam rund um Adrian Loerbroks von der Universität Düsseldorf mit diesem Thema. Ergebnisse gebe es noch nicht. © dpa/aerzteblatt.de

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